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Die
Dreifarbenphotographie
mit besonderer Berücksichtigung
des
Dreifarbendruckes und der photographischen
Pigmentbilder in natürlichen Farben.
Von
Ärthur Freiherrn von Jiübl,
k. u. k. Oberst, Vorstand der technischen Gruppe im k. u. k. militär-
geographischen Institute in Wien.
Zweite, umgearbeitete Auflage.
Mit 33 in den Text gedruckten Abbildungen und 4 Tafeln.
Ö2.0
H0 l
Halle a. S.
Druck und Verlag von Wilhelm Knapp.
1902.
CAMERA CLUB LIBRARY
Catalogued & Indexed 1930 by
Hai D. Bernstein, Librarian
The getty center
LIBRAN
Vorwort zur ersten Auflage.
Das vorliegende Heft behandelt die indirekte Farben-
photographie, jenes Verfahren, welchem die Idee zn
Grunde liegt, photographische Bilder in natürlichen Farben
durch Vereinigung von drei monochromen Kopieen zu
erzielen.
Versuche in dieser Richtung wurden schon vor etwa
30 Jahren ausgeführt, aber erst die in den letzten Jahren
gemachten Fortschritte auf photographischem Gebiete haben
die thatsächliche Durchführbarkeit dieser Ideen ermöglicht.
Eine eingehende Bearbeitung hat die Theorie der
indirekten Farbenphotographie bisher nicht erfahren, daher
auch allgemein gültige Grundsätze für die praktische
Ausübung derselben fehlen. Man trachtete zwar auf
Grund der Young-Helmholtzschen Farbenhypothese,
eine Theorie der indirekten Photochromie zu entwickeln
und suchte Relationen zwischen der Farbe der drei
monochromen Bilder und den bei ihrer Herstellung
angewendeten photographischen Prozessen auf, doch sind
die so gewonnenen Gesetze von nur beschränkter Gültig-
keit, unvollkommen und ohne gegenseitigen Zusammenhang.
Der Verfasser war bestrebt, auf Grund der vier
Heringschen Grundfarben und des Farbenmischungs-
Gesetzes eine allgemeine, sowohl für die polychrome
Projektionsmethode als auch für den Dreifarbendruck
geltende und in die Praxis übertragbare Theorie zu
entwickeln.
Die so gewonnene theoretische Basis wurde dann
für den Dreifarbendruck specialisiert und die Ausübung
dieses Verfahrens ausführlich beschrieben. Dem Drei-
farbendruck nahe verwandt sind die aus Transparentfolien
zusammengesetzten Dreifarbenphotographieen, daher auch
ihre Herstellungsweise besprochen wurde. Den Bedürf-
nissen des Praktikers wurde thunlichst Rechnung getragen;
die Formeln für die Sensibilisierung der Platten und die
zugehörigen Filter sind in gedrängter Kürze nebeneinander
gestellt, und die beigegebenen Probetafeln mit ihren Teil-
bildern bilden für den ausübenden Photographen einen
sicheren Wegweiser bei der Herstellung und Beurteilung
seiner Negative.
Wien 1897.
Der Verfasser.
Vorwort zur zweiten Auflage.
Bei der Bearbeitung der zweiten Auflage wurde der
gesamte Inhalt einer eingehenden Überprüfung unterzogen,
nicht ganz korrekt scheinende Anschauungen berichtigt
und alle neueren Arbeiten auf dem Gebiete der Drei-
farbenphotographie b er ücksichtigt.
V
Ein besonderes Augenmerk ist dem praktischen
Teile, namentlich der photographischen Farbenzerlegung,
zugewendet worden. Die diesem Zwecke dienenden
Strahlenfilter müssen bekanntlich den Eigenschaften der
photographischen Platte angepasst werden, und da die
zahlreichen, in der Praxis verwendeten Plattensorten von
verschiedener und oft auch wechselnder Beschaffenheit
sind, so ist die Angabe von Filter -Rezepten stets nur
von zweifelhaftem Werte. Die dem Buche in mehreren
Exemplaren beigegebene farbige Probetafel soll diese
Schwierigkeit beseitigen und die selbständige Ermittlung
der jeweilig erforderlichen Filter in einfacher Weise er-
möglichen.
Der Verfasser liess sich dabei von der Überzeugung
leiten, dass ein einfacher und leicht ausführbarer Vor-
gang der Praxis bessere Dienste leistet, als ein kom-
pliziertes, allerdings allen Forderungen der Theorie
Rechnung tragendes Verfahren, und diese Anschauung
war auch bei der Aufstellung aller sonstigen Vorschriften
massgebend — stets wurde thunlichste Vereinfachung
und das Auslangen mit den jederzeit zur Verfügung
stehenden Mitteln angestrebt.
Wien 1902.
Der Verfasser.
Inhaltsverzeichnis.
' Seite
Vorwort III
Einleitung Die Wiedergabe der natürlichen Farben
auf photographischem Wege I — 8
I. Abschnitt.
Licht und Farbe.
A. Die Vibrationstheorie des Lichtes 9— 14
B. Farbiges Licht. Einfaches Licht, das Prismen- und
Gitterspektrum, Farbenton, Helligkeit und Sättigung 14 — 34
Gemischtes Licht. Komplementärfarben, Addition
farbiger Lichter 23—28
DieTheoriederFarbenwahrnehmung.
a) Theorie Young-Helmholtz ; b) Theorie von Hering 28 — 34
C. Körperfarben und Farbstoffe. Das spektrale Verhalten
der Farbstoffe, breit- und schmalbandige Pigmente,
die mittlere Absorption der Farbstoffe 34 — 63
Das Verhalten von Farbstoffen bei ihrer
Mischung, Substanz und Strahlenmischung, ver-
schiedenes Verhalten schmal- und breitbandiger
Pigmente, Mischung von Rastertönen , der Über-
deckungsfehler, Entstehung von Grau und Schwarz,
Benennung der Farben 49 — 63
D. Die geometrische Darstellung der Farbstoffmischungen.
Begriff der Mischlinie und Mischfläche, Konstruktion
der Farbentafel, der Farbenkreis 63 — 81
Die spektrale Mischlinie 74 — 75
Abweichungen vom Gesetze der Pigment-
mischung . 75—81
II. Abschnitt.
Theorie und Praxis des Dreifarbendruckes.
A. Die theoretische Grundlage des Dreifarbendruckes 82 — 108
a) Die Wahl der Farben. Das theoretisch richtige
Grundfarbensystem, das System lichtechter Grund-
farben, die Grundfarben für das Photochromoskop 82—89
VIII
Seite
b) D er photographische Prozess. Zusammen-
hang von Plattensensibilisierung und Druck-
farben, die Sensibilisierungskurven für beide
Grundfarbensysteme 89 — 102
c) Theorie von Ives 102 — 105
d) Sensibilisierungstheorie von Dr. H. W.
Vogel 105 — 106
e) Zusammenhang zwischen Druckfarbe
und Lichtfilter 106 — 108
B. Plattensensibilisierung und Lichtfilter 109—138
a) Die Sensibilisierung photographischer
Platten für farbige Lichtstrahlen. Ab-
sorption undSensibilisierung, dieSchirm Wirkung,
Sensibilisierung für blaugrüne, grüne, gelbe und
rote Strahlen, gemischte Sensibilisatoren, Sensi-
bilisierungskurven für das Normalspektrum . 109— 125
b) DieStrahlenfilter. Flüssigkeits- und Trocken-
filter, Charakteristik der wichtigsten Filterfarb-
stoffe, Herstellung von Gelatine -Trockenfiltern 125 — 138
C. Die Praxis des Dreifarbendruckes 138—193
a) Die Herstellung der photographischen
Negative. Die Apparate, der photographische
Prozess, Kollodium- und Gelatineplatten, die
Benutzung der Probetafel und Grauskala, Vor-
schriften für die Sensibilisierung der Platten
und Herstellung der Filter 141 — 163
b) Die Herstellung und Vereinigung der
Teilbilder 163 — 193
1. Transparente Dreifarbenbilder. Die Herstellung
und Färbung von Gelatinebildern auf Celluloid
und Glimmer 163 — 174
2. Der Dreifarbendruck. Auswahl der Druckfarben,
Ausführung des Zusammendruckes, der Cliche-,
Flach- und Lichtdruck, die Farbenfolge . . 175 — 193
Schlusswort 194 — 195
Einleitung.
Jede bildliche Darstellung strebt naturgemäss eine
so weitreichende Ähnlichkeit mit dem abzubildenden
Objekte an, dass sie den unmittelbaren Naturanblick zu
ersetzen geeignet scheint.
Nur selten vermag die Konturzeichnung bereits eine
hinreichende Vorstellung von der Beschaffenheit des
Objektes zu geben, wir benutzen die Abschattierung, um
den Eindruck der Körperlichkeit hervorzurufen, und die
Farbe, um Leben und Wahrheit der Darstellung zu ver-
leihen.
Zum Yerständnis der Schönheit einer Konturen-
projektion und selbst eines monochrom abschattierten
Bildes ist eine gewisse künstlerische Veranlagung oder
ein durch lange Schulung geübtes Auge erforderlich,
während den Reiz harmonischer Farben Wirkung auch der
Laie mit Befriedigung empfindet. Das grosse Publikum
lässt sich daher stets durch die Farbe bestechen, es zieht,
wie die tägliche Erfahrung lehrt, den schlechten Farben-
druck der besten Photogravure vor, und oft müssen
Holzschnitte oder Kupferstiche, um Beifall zu finden, mit
Farben belegt werden.
Die Farbe verstärkt die Blusion fast ebenso, wie die
Plastik, und ihren belebenden Einfluss vermag besonders
der Photograph zu beurteilen, denn täglich hat er Ge-
legenheit, das farbenprächtige Bild auf der Visierscheibe
mit seinem monochromen Abklatsch zu vergleichen.
von H ü b 1 , Dreifarbenphotographie. 2. Aufl. I
CAMERA CLUB LIBRARY
Cataiogued & Indexed 1930 by
Hai D. Bernstein, Librarian
2
Gewiss ist mit dem ersten photographischen Bilde
auch der Wunsch nach Photographieen in Naturfarben
entstanden, und die Barben des Kamerabildes festzuhalten,
ist seit dieser Zeit ein Problem, an dessen Lösung rastlos
gearbeitet wird.
Die bisherigen Versuche, dieses Ziel zu erreichen,
lassen sich in zwei Gruppen teilen: Man trachtet ent-
weder, lichtempfindliche Schichten herzustellen, die beim
Auftreffen der Lichtstrahlen die Färbung derselben an-
nehmen, oder man sucht durch Übereinanderlegen
mehrerer in gewöhnlicher Weise hergestellter gefärbter
photographischer Bilder das gewünschte Resultat zu er-
zielen. Die erste Methode kann man als direktes, die
zweite als indirektes Verfahren zur Herstellung von
Photochromieen bezeichnen.
Die ältesten Versuche über direkte Farbenphotographie
stammen von Becquerel, Seebeck, Poitevin u. a.,
ihnen liegt die Eigentümlichkeit des Silbersubchlorides
zu Grunde, unter dem Einfluss farbigen Lichtes eine
diesem ähnliche Färbung anzunehmen.
Zenker suchte 1868 das Zustandekommen dieser
Farben durch stehende Lichtwellen zu erklären, aber erst
Lippmann konstatierte die Richtigkeit dieser Theorie,
und indem er bei seinen 1891 veröffentlichten Versuchen
absichtlich die Entstehung solcher Lichtwellen hervorrief,
brachte er die Lösung des Problems einen bedeutenden
Schritt näher.
Der Enthusiasmus, welcher nach Bekanntwerden der
Lippmannschen Versuche sich der ganzen gebildeten
Welt bemächtigte, legte sich aber bald, da man sah, dass
das Verfahren, teils wegen Unvollkommenheit der Resul-
tate, teils wegen Schwierigkeiten bei seiner Ausführung,
vorläufig noch jedes praktischen Wertes entbehrt.
E. Valenta, Lumiere, Krone, besonders aber
Ne uh au ss haben sich um die Ausbildung dieser Methode
Verdienste erworben, praktisch brauchbare Resultate
konnten aber bisher nicht erzielt werden.
In neuerer Zeit hat Wiener1) die in das Gebiet
der direkten Farbenphotographie schlagenden Fragen in
theoretischer Beziehung eingehend studiert, und seine
diesbezüglichen Arbeiten sind von grundlegender Be-
deutung für den weiteren Ausbau dieser Methoden.
Nach Wiener verdanken die direkten Photochromieen
ihre Färbung entweder Interferenzfarben oder wirklichen
Körperfarben. Erstere entstehen durch stehende Licht-
wellen bei den Becquerel sehen chlor ürten Silberplatten,
dann bei der Lippmannschen, auf einem Quecksilber-
spiegel ruhenden Bromsilberschicht, während bei den mit
Silberchlorür überzogenen Papieren, wie sie von Seebeck
und Poitevin benutzt wurden, Körperfarben gebildet
werden.
Die Entstehung der Körperfarben erklärt Wiener
durch die Anpassungstheorie:
Eine lichtempfindliche Substanz kann nur durch
jene Farbenstrahlen verändert werden, die sie absorbiert;
auf einen roten Körper werden daher im allgemeinen
rote Lichtstrahlen ohne Einfluss sein, und ebenso sind
gelbe oder grüne Strahlen wirkungslos auf einen gelben
oder grünen Körper. Besitzt daher eine lichtempfindliche
Substanz die Fähigkeit, bei der Einwirkung des Lichtes
verschiedene Färbungen anzunehmen, so wdrd sie sich
unter dem Einfluss des roten, gelben oder blauen Lichtes
so lange verändern, bis sie rot, gelb oder blau geworden
ist, und diese Färbung bleibt dann auch bei weiterer
Belichtung erhalten.
Da dem Silbersubchlorid — dem sogen. Photo-
chlorid — diese Eigentümlichkeit zukommt, so ist das
i) Annalen der Physik und Chemie 1895; Photographische
Mitteilungen 1896.
4
Entstehen farbiger photographischer Bilder auf mit dieser
Substanz präparierten Papieren erklärlich.
Auch Papiere, welche mit einer Mischung licht-
unechter roter, gelber und blauer Teerfarbstoffe über-
zogen werden, geben bei der Belichtung unter einem
transparenten farbigen Bilde entsprechend gefärbte Kopieen.
Mit der Wien ersehen Anpassungstheorie ist ein
neuer präzis vorgeschriebener Weg zur Erzielung von
Photochromieen gegeben, und wenn auch die bisherigen
Versuche noch keine praktisch brauchbaren Resultate
geliefert haben, so ist es doch möglich, dass sie zur
endlichen Lösung des Problems der Earbenphotographie
führt.
Die Grundidee zur zweiten Methode der Photo-
chromie ist gleichfalls über 30 Jahre alt; sie trachtet,
wie schon erwähnt, die Naturfarben des Originales durch
Übereinanderlegen mehrerer einfarbiger photographischer
Bilder zu imitieren.
Bei dieser indirekten Methode benutzt man die
üblichen Positiv- und Negativ -Verfahren und verwendet
für die Färbung der Bilder die gewöhnlichen Pigmente.
Die Zahl der zu kombinierenden Farbenbilder, die man
als „ Teilbilder a bezeichnen kann, wird in der Regel auf
drei beschränkt, weil man von der Ansicht ausgeht,
dass sich durch Kombination eines gelben, roten und
blauen Farbstoffes alle Farbenempfindungen wiedergeben
lassen.
Die Teilbilder werden auf photographischem Wege
erhalten, indem man drei Aufnahmen mit Platten von
verschiedener Farbenempfindlichkeit ausführt: Auf eine
dieser Platten ist der gelbe Farbenanteil des Originales
ohne Wirkung, sie liefert daher das Negativ für das
gelbe Teilbild; auf die zweite und dritte Platte muss
der rote, resp. blaue Anteil des Bildes wirkungslos bleiben,
und die Negative werden für die Herstellung des roten,
resp. blauen Teilbildes benutzt Vereint man die drei
Bilder, so soll ein Gesamtbild vom Aussehen des
Originales entstehen.
Dieses Prinzip der indirekten Photochromie oder
der photographischen Dreifarbenbilder lässt sich praktisch
in verschiedener Weise ausführen: Man stellt entweder
die drei Teilbilder mit Hilfe des Pigmentprozesses auf
Glas oder einem anderen durchsichtigen Materiale her
und vereint sie durch Übereinanderlegen zu einem trans-
parenten Gesamtbilde, oder man druckt die drei Bilder
auf Papier mit fetter Farbe auf der Presse übereinander,
vereint sie also zu einem Farbendruck.
Bei den ersten Versuchen über zusammengesetzte
Heliochromie wurde der Pigmentprozess benutzt, da man
damals den photomechanischen Pressendruck noch nicht
kannte und der Pigmentdruck die einzige Methode war,
um photographische Halbtonbilder in beliebigen Farben
zu erzeugen. In neuerer Zeit wurde das Verfahren viel-
fach modifiziert, und dass man auf diesem Wege tadel-
lose Resultate zu erzielen vermag, beweisen die allgemein
bekannten farbenprächtigen Projektionspositive und Stereo-
skopbilder von Furniere.
Die zweite Methode, der „photographische Drei-
farbendruck“, dessen erste Anfänge bis zum Jahre 1865
zurückreichen, wurde besonders von Dr. H. W. Vogel
und Dr. E. Albert ausgebildet und in die Praxis ein-
geführt. Er findet gegenwärtig vielfach Verwendung
und gewinnt, besonders infolge der Verbesserungen,
welche der Hai bton-Clichedruck erfährt, täglich an Aus-
dehnung.
Die Photographie ist bei der Ausführung des Drei-
farbendruckes nicht wesentlich erforderlich, und theoretisch
ist es ganz gleichgültig, ob die für den Druck des gelben,
roten und blauen Bildes erforderlichen Platten durch
Handzeichnung, oder mit Hilfe der Photographie her-
6
gestellt werden. In der Praxis stellen sich aber der
ersteren Ausführungsart ganz unüberwindliche Hinder-
nisse entgegen. Auch der erfahrene Chromolithograph
ist nicht im stände, den Mischungseffekt von drei so
differenten Farben im vorhinein zu beurteilen und daher
auch nicht in der Lage, ein nur halbwegs brauchbares
Resultat zu erzielen. Ein Dreifarbendruck mit gezeich-
neten Platten ist also theoretisch zwar möglich, praktisch
aber nicht ausführbar.
Statt die aus Körperfarben bestehenden Positive
übereinander zu legen, kann man die Teilbilder auch
auf optischem Wege zu einem Mischbilde vereinen, und
dieser Gedanke liegt den polychromen Projektionsbildern,
dann dem Photochromoskop zu Grunde. Schon Ducos
du Hauron sprach die Möglichkeit aus, farbige Projektions-
bilder in dieser Weise herzustellen, aber erst Leon
Yidal, Ives und Scott ist es gelungen, das Verfahren
praktisch brauchbar zu machen.
Die drei Negative wurden auf gewöhnlichen Chlor-
oder Bromsilberplatten kopiert, die so erhaltenen Positive
mit einem entsprechend gelben, resp. roten und blauen
Glase bedeckt und gleichzeitig auf eine weisse Wand
übereinander projiziert. Man benutzt dazu entweder
drei Projektionsapparate oder eine Triplexi aterne mit
drei Projektionsobjektiven. Sind die Farben der Gläser
richtig gewählt, so vereinigen sich die auf dem Schirm
übereinander fallenden Lichter zu Weiss. Schaltet man
die drei Positive ein, so liefert jedes ein farbiges Teil-
bild, daher am Schirm ein Projektionsbild in den Farben
des Originales erscheint.
Im Photochromoskop von Ives werden die drei
Positive gleichfalls durch farbige Gläser beleuchtet, aber
nicht auf einen weissen Schirm projiziert, sondern durch
ein Spiegelsystem direkt in das Auge des Beschauers
reflektiert.
7
Die farbigen Beleuchtungsgläser bleiben hier ebenso
wie bei der polychromen Projektion für alle Bilder un-
verändert, und durch diesen Umstand wird die richtige
Wiedergabe der Barben wesentlich erleichtert. Während
nämlich bei der früher angegebenen Methode der Drei-
farbenphotographie die Färbung der Teilbilder in jedem
einzelnen Falle gegeneinander abgestimmt werden muss,
sind beim Photochrom oskop und bei der Projektions-
methode die Färbungen der Beleuchtungsgläser nur ein-
mal in Übereinstimmung zu bringen und entsprechen
dann den Diapositiven eines beliebigen Bildes.
Nur dieser Umstand verleiht dem Photochromoskop
eine gewisse Überlegenheit gegenüber dem aus trans-
parenten Teilbildern bestehenden Dreifarbenbild. Das
beiden Methoden zu Grunde liegende Prinzip ist das
gleiche, mit beiden Methoden können gleich gute Resul-
tate erzielt werden.
Das Photochromoskop liefert aber kein materielles
Bild und besitzt aus diesem Grunde nur geringen prak-
tischen Wert.
Eine originelle Idee hat Jo ly in Dublin verfolgt,
um farbige Photographieen auf indirektem Wege zu er-
zielen. Er benutzt eine Glasplatte mit durchsichtigen,
unmittelbar aneinander schliessenden, sehr dünnen Linien
(etwa zehn pro Millimeter). Diese sind abwechselnd von
roter, grüner und blauer Färbung, und die Farben sind
so gewählt, dass die Platte, in der Durchsicht betrachtet,
hellgrau erscheint.
Presst man diese Platte gegen eine für alle farbigen
Strahlen gleichmässig empfindliche Trockenplatte und
exponiert ein farbiges Objekt, so werden die vom
Original reflektierten roten Strahlen nur von den roten
Linien darchgelassen und die unter diesen liegenden
Stellen der photographischen Platte werden bei der Ent-
wicklung geschwärzt. In analoger Weise werden die
8
grünen Stellen des Originales nur unter den grünen
Linien, die blauen Stellen nur unter den blauen Linien
abgebildet werden, während die weissen Strahlen duröh
alle Linien wirken. Stellt man nach diesem Negativ ein
Glaspositiv her und presst es auf dieselbe oder eine
ähnliche farbige Rasterplatte, so wird bei ganz richtiger
Lage beider Platten das Bild des Objektes in nahezu
natürlichen Farben erscheinen.
Dieser Vorgang ist schwierig ausführbar, kann die
Farben nur unrein wiedergeben und dürfte kaum jemals
einen praktischen Wert erlangen.
Wie aus dieser Zusammenstellung zu entnehmen ist,
haben bisher nur die indirekten Methoden der Photo-
chromie brauchbare Resultate ergeben. Insbesondere ist
es der Dreifarbendruck, dem man gegenwärtig eine hervor-
ragende praktische Bedeutung zuerkennen muss.
Die Praxis dieses Verfahrens zerfällt in zwei Teile:
In die Zerlegung der Originalfarben und in die Aus-
führung des Druckes. Das Problem der Farbenspaltung
auf photographischem Wege dürfte als gelöst zu betrachten
sein, da man durch Verwendung entsprechender Sensi-
bilisatoren und Lichtfilter die Empfindiichkeitsverhältnisse
der photographischen Platte nach Belieben zu regeln ver-
mag; dagegen lässt die Wiedervereinigung der drei Teil-
bilder durch Pressendruck noch vieles zu wünschen übrig.
Besonders die Herstellung der photomechanischen Druck-
formen ist unsicher, wenn es sich um eine peinlich
richtige Wiedergabe aller Abschattierungen des Negativs
handelt, aber auch dem Pressendruck selbst fehlt jene
exakte • Gleichmässigkeit, wie sie der Dreifarbendruck un-
bedingt fordert.
I. Abschnitt.
Lieht und Farbe.
A. Die Vibrationstheorie des Lichtes.
Zahlreiche Erscheinungen drängen zu der Annahme,
dass jene Erscheinung, die wir als Licht bezeichnen,
durch die Bewegung eines, den ganzen Weltraum er-
füllenden, unwägbaren, äusserst dünnen, elastischen
Stoffes — des Lichtäthers — zu stände kommt.
Befindet sich der Äther in Ruhe, so herrscht
Einsternis. Durch einen leuchtenden Körper, dessen
kleinste Teilchen sich in äusserst lebhafter Vibration be-
finden, wird der Äther erschüttert, er kommt in Be-
wegung, diese pflanzt sich mit grosser Geschwindigkeit
nach allen Richtungen fort und verursacht auf der Netz-
haut unseres Auges einen Reiz, den wir als Licht em-
pfinden.
Die Vibrationen des leuchtenden Körpers werden
in ähnlicher Weise durch den Äther fortgepflanzt, wie
jene des schallenden Körpers durch die Luft. Treffen
die vibrierenden Luftteilchen unser Ohr, so nehmen wir
einen Ton wahr, treffen die bewegten Ätherteilchen unser
Auge, so empfinden wir Licht.
Die Lichtbewegung des Äthers ist aber keine in der
Richtung der Lichtstrahlen fortschreitende, sondern besteht
aus örtlich feststehenden Schwingungen. Die Äther-
teilchen oszillieren nämlich senkrecht zur Fortpflanzungs-
richtung des Lichtes pendelartig hin und her, ihre
10
Bewegung überträgt sich von einem Teilchen aut das
andere, wodurch eine wellenartige Bewegung der ganzen
Äthermasse zu stände kommt.
Die Körper zeigen gegen die auftreffenden Äther-
wellen ein sehr verschiedenes Verhalten: Manche setzen
ihrer Bewegung gar kein Hindernis entgegen — sie
sind durchsichtig, andere veranlassen ein elastisches Ab-
prallen derselben — sie reflektieren das Licht, und die
meisten endlich hemmen mehr oder weniger ihr Fort-
schreiten, das Licht vermag sie also gar nicht oder nur
geschwächt zu durchdringen — sie sind undurchsichtig
oder durchscheinend — , sie absorbieren ganz oder teil-
weise das Licht.
Trifft ein in Bewegung befindlicher Körper auf einen
zweiten, so hört die Bewegung des ersteren auf, und es
entsteht Wärme, wie es das bekannte Beispiel von Hammer
und Amboss lehrt. Besitzt einer der beiden Körper nicht
genügende Festigkeit, so wird beim Aufprallen auch eine
Deformation, vielleicht ein Zerschellen desselben zu stände
kommen. Ähnlich wirken die Stösse des oszillierenden
Äthers, also das Licht. Trifft er auf einen Körper, der
seine Bewegung hemmt, so kommt er zur Ruhe, und es
entsteht Wärme, und vielleicht findet auch eine De-
formation der getroffenen Substanz statt. Diese Deforma-
tion beschränkt sich aber in der Regel auf den Bau der
Moleküle, auf eine Verschiebung der Atome, folglich auf
eine chemische Veränderung der Substanz. Solche Körper
werden also durch die Wirkung des Lichtes verändert,
und man bezeichnet sie als „lichtempfindlich“.
Bei jeder Wellenbewegung unterscheidet man zwei
für diese charakteristische Grössen: den Weg, welchen
ein bewegtes Teilchen bei einer Schwingung zurücklegt,
das ist die Grösse des Ausschlages oder die „Amplitude“
und die für die Ausführung einer Schwingung erforder-
liche Zeit — die „Schwingungsdauer“. Letztere kann
11
auch durch die Zahl der Schwingungen pro Sekunde —
durch die Schwingungszahl — ersetzt werden. Die gegen-
seitige Entfernung zweier Wellen bezeichnet man als
Wellenlänge und, wie die Theorie lehrt, ist diese umgekehrt
proportional zur Schwingungszahl; je grösser also die Zahl
der Schwingungen pro Sekunde, desto rascher folgen die
Wellen einander, desto kleiner wird die Wellenlänge.
Je weiter man zu einem Schlage mit dem Hammer
ausholt, desto bedeutender ist seine Wirkung, und je
grösser der Ausschlag der Ätherteilchen, je grösser ihre
Amplitude, desto mächtiger der Reiz auf die Netzhaut,
um so heller also die Lichtempfindung und kräftiger die
chemische Wirkung. Yon der Amplitude der Äther-
wellen hängt also die Intensität oder Stärke des Lichtes ab.
Der von geringer Höhe fallende Hammer kann zwar
ein Bleistück deformieren, wird aber einen Stahlblock nicht
beschädigen, wenn auch die Schläge noch so lange Zeit
fortwirken. Der mit kleiner Amplitude vibrierende Licht-
äther ist vielleicht im stände, das Bromsilber der Gelatine-
platte zu verändern, ist aber wirkungslos auf das Jodsilber
der nassen Platte, wenn auch seine Stösse ununterbrochen
andauern. Damit erklärt sich die bekannte Thatsache,
dass bei schlechter Beleuchtung eine wenig empfindliche
Platte nicht ausexponiert werden kann.
Yon der Schwingungszahl und somit auch von der
Wellenlänge hängt beim Schall die Tonhöhe ab, bei der
Wellenbewegung des Lichtes bedingt sie die Farbe.
Sinnreiche Experimente haben es ermöglicht, die
Schwingungszahlen für verschiedenfarbiges Licht zu be-
stimmen, und man hat gefunden, dass bei etwa 400 Billionen
Stössen pro Sekunde die Empfindung „Rot“ entsteht,
mit zunehmender Schwingungszahl dann die Empfindungen
„Gelb“, „Grün“, „Blau“ auftreten und der Empfindung
„Yiolett“ etwa 750 Billionen Schwingungen pro Sekunde
entsprechen.
12
Die Wellenlängen sind verkehrt proportional diesen
Schwingungszahlen und variieren zwischen 750 und
400 Millionstel Millimeter.
Die wichtigste, uns fast immer zur Verfügung stehende
Lichtquelle ist die Sonne, wir bezeichnen ihr Licht als
„weiss“ und jede andere quantitativ verschiedene Licht-
empfindung als „farbig“.
Lässt man das Sonnenlicht auf ein Glasprisma fallen,
so erhält man auf einer passend aufgestellten weissen
Wand ein farbiges Lichtbild, das bekannte Spektrum. Im
Spektrum sind alle Übergangsfarben von Kot über Gelb,
Grün und Blau zu Violett vertreten, daher die Frage nach
der Zahl der Spektralfarben eine miissige und die Teilung
in sechs oder sieben Farbenzonen eine willkürliche ist.
Aus diesem Versuch schliesst man, dass die Empfindung
„Weiss“ dann zu stände kommt, wenn Ätherwellen von ver-
schiedenster Schwingungszahl gleichzeitig unser Auge treffen,
und dass das w^eisse Licht aus jenen farbigen Strahlen
besteht, die wir eben im prismatischen Bilde erblicken.
Entfernt man aus dem weissen Licht einen farbigen
Anteil, so bringt der zurückbleibende, aus verschieden-
farbigen Strahlen zusammengesetzte Rest doch nur eine
einheitliche Farbenempfindung hervor. Nimmt man
z. B. dem weissen Licht die grünen Strahlen, so ver-
eint sich der zurückbleibende rote, gelbe, blaue und
violette Rest zu einer einzigen Empfindung „Rot“. Ent-
fernt man die im w7eissen Licht vorhandenen gelben
oder blauen Strahlen, so resultiert die Gesamtempfindung
„Blau“, resp. „Gelb“ u. s. w.
Das auf einen Körper fallende Licht kann, wie oben
erwähnt, entweder durchgelassen, reflektiert oder ver-
nichtet, d. h. absorbiert werden, wobei entweder nur eine
dieser Erscheinungen auftritt, meist aber alle drei gleich-
zeitig zu beobachten sind. Dabei kann es Vorkommen,
dass die Absorption sich nur auf einen farbigen Anteil
13 —
des weissen Lichtes erstreckt, dass also nur Ätherwellen
von bestimmter Schwingungszahl aufgehalten, vernichten,
absorbiert werden, während der Rest ungehindert durch-
gelassen oder reflektiert wird. Gelangen diese nicht ab-
sorbierten Strahlen in unser Auge, so vereinen sie sich
zu einer farbigen Empfindung, der betreffende Körper
erscheint dann nicht mehr weiss, sondern farbig. Hält
z. B. eine Glasplatte die grünen Strahlen zurück, so wird
der sie ungehindert passierende Rest die Empfindung „Rot“
hervorrufen. Bas Glas erscheint rot gefärbt, und wir
erhalten den Eindruck, als wenn das weisse Licht bei
dem Burchdringen des Glases rot gefärbt worden wäre,
thatsächlich erscheint es aber rot, weil es die grünen
Strahlen verloren hat. Ebenso erscheint ein mit Eosin
überzogenes Papier rot, weil in dem von seiner Ober-
fläche reflektierten Lichte diese Strahlengattung fehlt.
Wenn Lichtstrahlen absorbiert werden, also Äther-
bewegung vernichtet wird, muss Wärme entstehen, und
eventuell kann auch eine chemische Veränderung der
absorbierenden Substanz eintreten. Ein Körper, der also
die grünen Strahlen absorbiert, alle anderen aber durch-
lässt oder reflektiert, kann, falls er überhaupt lichtempfind-
lich ist, lediglich durch grünes Licht chemisch verändert
werden; jede andere Gattung farbiger Strahlen ist wirkungs-
los, sie verlässt ja unverändert die Substanz. Setzt man
Eösinpapier längere Zeit dem Lichte aus, so wird es
gebleicht, der Bau der Eosinmoleküle wird durch die
fortgesetzten Ätherstösse zerstört, es ist also lichtempfind-
lich. Biese chemische Veränderung kann lediglich durch
den grünen Anteil des weissen Lichtes zu Stande kommen,
und wir bezeichnen somit das Eosin als „grünempfind-
lich“. Bedekt man das Eosinpapier mit einer grünen,
roten und blauen Glasplatte und setzt es dem Sonnen-
lichte aus, so bleicht es thatsächlich nur unter der ersten
aus, behält aber unter den beiden anderen seine Farbe.
14
Cyanin ist orangeempfindlich, es bleicht nur unter
dem Einflüsse von orangegelben Strahlen, weil es diese
absorbiert; Chlor-, Jod- und Bromsilber sind blauempfind-
lich, denn sie halten die blauen Strahlen zurück und
erscheinen, bei genügender Verteilung in dünner Schicht
betrachtet, orange in der Durchsicht.
Ein für alle Strahlengattungen gleich empfindlicher,
also „weissempfindlicher“ Körper müsste schwarz sein;
bei den photographischen Präparaten ist jedoch die Wirkung
des weissen Lichtes stets nur einem bestimmten Farben-
anteil desselben zuzuschreiben.
Aus der Vibrationstheorie des Liches ergaben sich
daher nachstehende, für die Photographie äussert wichtige
Sätze :
1. Eine Substanz kann nur durch jene Lichtstrahlen
chemisch verändert werden, die sie absorbiert.
2. Nicht jeder farbige Körper muss durch die absor-
bierten Strahlen derartig verändert werden, denn
diese können auch Wärme bilden, ohne eine
chemische Deformation zu veranlassen.
3. Jede lichtempfindliche Substanz braucht zu ihrer
Zersetzung eine bestimmte Lichtintensität; Licht von
geringerer Intensität ist ohne Wirkung.
B. Farbiges Licht.
Wir unterscheiden einfaches oder homogenes und
gemischtes Licht, je nachdem nur Wellen von einer Lange
oder ein Gemisch verschieden langer Wellen vorhanden
ist. In gleichem Sinne spricht man von einfachen Farben
und Mischfarben. Weisses Licht ist also stets gemischt,
und auch das von den meisten Lichtquellen ausgesendete,
sowie das von farbigen Körpern reflektierte Licht ist in
der Kegel ein Lichtgemisch. Einfaches Licht erhalten
wir bei der Zerlegung des weissen Lichtes durch ein
Prisma, und wenn es sich um die Verwendung einfacher
15
Farben handelt, müssen in der Kegel Spektralfarben benutzt
werden.
Aus der Empfindung, welche ein Licht hervorbringt,
können wir auch nicht annähernd auf seine Zusammen-
setzung schliessen, und aus diesem Grunde ist das Prisma,
welches eine Zerlegung des gemischten Lichtes in seine
Komponenten, eine Analyse desselben ermöglicht, für
die Erkenntnis der Farbenerscheinungen von grösster
Wichtigkeit. Weisses Licht liefert nach dem Passieren
eines Glasprismas ein geschlossenes Farbenband, ein voll-
kommenes Spektrum, während bei der Zerlegung farbigen
Lichtes Teile dieses Bandes fehlen.
Das Spektrum des Sonnenlichtes ist zwar auch von
zahlreichen feinen Linien durchsetzt, woraus wir schliessen
müssen, dass auch in diesem Lichte Strahlen von gewisser
Wellenlänge fehlen. Das Vorhandensein solcher zarter
Linien ist aber von kaum wahrnehmbarem Einfluss auf
die Farbe des Lichtes.
Diese Fr aunhof ersehen Linien, von welchen die
kräftigsten mit bestimmten Buchstaben bezeichnet wurden,
bilden .ein ausserordentlich sicheres und bequemes Mittel,
um bestimmte Farbenzonen des Spektrums in einfacher
Weise zu bezeichnen. Man charakterisiert eine Spektral-
farbe und damit auch Licht von einer bestimmten Wellen-
länge gewöhnlich durch ihre Lage zu den nächsten Linien.
Aus Fig. 1 ist die Lage der wichtigsten Linien im
Verhältnisse zu den Farben des Spektrums ersichtlich.
Die bezifferten Teilstriche bezeichnen die den Farb-
tönen entsprechenden Wellenlängen in Milliontel Milli-
meter. Diese Grösse wird Angströmsche Einheit genannt
und durch das Zeichen |i bezeichnet.
Am roten Ende des Spektrums sind die, 20 solchen
Einheiten entsprechenden Intervalle klein, und werden
gegen Violett zu immer grösser, woraus wir schliessen
16
müssen, dass die roten Strahlen im Spektrum auf eine
kleine Fläche zusammengedrängt, die blauen und violetten
dagegen auseinander gezogen und gleichsam verdünnt
sind. Es ist jedoch bemerkenswert, dass die relative
Ausdehnung der Farben und somit auch die Form
der Wellenlängenskala vom Materiale des Prismas ab-
hängt und bei verschiedenen Glassorten etwas ver-
schieden ist.
Das Rot reicht von der äussersten Grenze des
Spektrums bis zur Linie C\ es ist ein Rot mit etwas gelb-
lichem Stich, von jener Farbe, die etwa der Zinnober
besitzt. Von C bis zur Linie D geht das Rot in Orange
über, welches knapp hinter D dem reinen Gelb weicht.
B C D E b f G h H
I
rrnnTirrm i i i n^i — i — i 1 1 r — T" t~~ 1 1-
700 50 600 80 60 ^0 20 500 90 80 70 60 50 40 30 20 10 Zf00
roth roIh oran9e:s grün 9rün grün' blau violett violett
Fig. i.
Das Orange der D- Linie entspricht etwa dem Farbenton
der Bleiglätte. Das reine Gelb bildet einen nur sehr
schmalen Streifen, geht rasch in Gelbgrün über, und
zwischen E und b liegt ein etwas gelbstichiges Grün, das
der Farbe des Schweinfurter Grüns entspricht. Hinter b
beginnt reines Grün, und bei F liegt eine schmale Zone
Blaugrün, das Holmholtz Cyanblau nannte. Dieses grün-
liche Blau entspricht der Farbe grosser Wassermassen und
kann bei Gebirgsseeen und Gletschereis beobachtet werden.
Hinter F verliert das Blau langsam den grünlichen Stich
und geht in ein rötliches Blau und endlich bei der Linie G
in Violett über. Das rötliche Blau wird allgemein als
Indigo bezeichnet, thatsächlich ist es aber dem Ultra-
marin ähnlich. Von G bis zum Ende des Spektrums
breitet sich eine Zone von blaustichigem Violett aus,
ungefähr von der Farbe des Methylvioletts.
17
Nach König und Dieterici1) sind im roten Ende
des Spektrums bis zur Linie C nur Unterschiede in der
Helligkeit wahrzunehmen, während die Färbung dieser
Strecke demselben roten Ton entspricht; ebenso ist die
violette Endstrecke, von der Linie O angefangen, von
gleicher Färbung, nur die Helligkeit nimmt successive ab.
Wenn es sich also nur um die im Spektrum vor-
handenen Farbentöne handelt, so kommt nur der Teil
von der Linie C bis G in Betracht.
Hie Verteilung der Farben im Spektrum ist eine
sehr ungleichmässige; dem Rot- Orange, Grün- und Blau-
Violett kommen sehr breite Zonen zu, während das Gelb
und Blaugrün auf einen sehr schmalen Übergangsstreifen
zusammengedrängt ist.
Rotviolett, sogen. Purpur, welcher unter den Farb-
stoffen durch die Glieder der Eosin gruppe repräsentiert
wird, fehlt im Spektrum, kann aber durch Übereinander-
legen des roten und violetten Endes gebildet werden.
Durch Einschalten von Purpur bilden dann die Spektral-
farben eine in sich zurückkehrende geschlossene Farbenreihe.
Es giebt noch eine zweite Methode zur Erzeugung
des Spektrums, die also gleichfalls die Möglichkeit bietet,
gemischtes Licht in seine Bestandteile zu zerlegen.
Sie beruht auf Verwendung einer Glasplatte, die mit
einem dichten Netz äusserst zarter, eingeritzter Linien
überzogen ist. Fällt ein schmaler Lichtstrahl durch ein
solches Liniennetz, das mail als Gitter bezeichnet, so ent-
steht ein Spektrum, das zwar die gleiche Farbenfolge wie
das Prismenspektrum zeigt, sich aber von diesem durch
die Ausdehnung und Intensität der einzelnen Farbenzonen
wesentlich unterscheidet. Die Wellenlängenskala zeichnet
sich, wie Fig. 2 zeigt, durch eine sehr einfache Gestalt
i) Helmholt z, Physik. Optik, S. 320.
von Hübl, Dreifarbenphotographie. 2. Aufl.
2
18
aus, indem gleiche Differenzen der Wellenlängen gleichen
Abständen entsprechen. Diese Eigentümlichkeit macht
das Gitterspektrum für viele Zwecke äusserst wertvoll,
und da das Material, auf dem das Gitter hergestellt ist,
kleinerlei Einfluss auf die Farbenverteilung ausübt, so
wird es bei wissenschaftlichen Untersuchungen stets als
„Normalspektrum“ benutzt.
Am ausgedehntesten ist im Gitterspektrum das Rot,
Grün nimmt etwa denselben Raum ein wie im prismatischen
Spektrum, und dem Blau violett kommt eine nur geringe
Ausbreitung zu. Gelb liegt in der Mitte und ist ebenso
wie Blaugrün auf einen nur schmalen Streifen beschränkt.
E b
“i 1 i 1 i i i r f i r r i — i — r~ i — i — r , . , ,
700 SO 80 70 60 60 40 30 20 10 600 90 80 70 60 50 40 30 20 10 500 90 80 70 60 50 40 30 20 10
Fi g- 2.
In der Praxis benutzt man aber mit Vorliebe das
Prisma, nicht nur weil das Gitter — das pro Centimeter
etwa 2000 Linien besitzen muss — kostspielig ist und
vorsichtig behandelt werden muss, sondern weil auch die
Lichtstärke des prismatischen Spektrums jene des Gitter-
spektrums bedeutend übertrifft.
Wie oben bemerkt wurde, entsprechen den im Spektrum
vorhandenen Farben Ätherwellen mit 400 bis 750 Billionen
Schwingungen pro Sekunde. Verschiedene Versuche haben
gelehrt, dass im Sonnenlichte auch Ätherwellen mit be-
deutend grösserer und kleinerer Schwingungsdauer vor-
handen sind, dass also das Spektrum über seine beiden
Enden reicht, ohne dass jedoch unser Auge im stände
wäre, diese Strahlengattungen wahrzunehmen. Diese
jenseits Rot und Violett liegenden, als ultrarot und ultra-
violett bezeichneten Strahlen werden nicht mehr als Licht
empfunden, sie vermögen aber chemische Wirkungen
19
hervorzubringen. Lässt man nämlich das Sonnenspektrum
auf eine photographische Platte von passender Beschaffen-
heit fallen, so erhält man ein weit über die Grenzen des
sichtbaren Spektrums reichendes Band, das auch im ultra-
roten und ultravioletten Teile von zahlreichen dunklen
Linien unterbrochen wird. Die ultraroten Strahlen nehmen
wir nicht wahr, weil sie von wässerigen Plüssigkeiten
absorbiert werden, also nicht bis zur Netzhaut des Auges
dringen können, während die Unsichtbarkeit der ultra-
violetten Strahlen lediglich durch den Mangel an Empfind-
lichkeit unseres Sehapparates für so rasche Äthervibrationen
erklärt wird.
Zur bequemen Beobachtung des Spektrums benutzt
man eigene Apparate, die den Namen Spektroskope führen.
Um sich vom Sonnenlichte unabhängig zu machen und
bei der Verwendung künstlicher Lichtquellen, in deren
Spektrum die zur Orientierung dienenden Fraunhofer-
schen Linien fehlen, doch eine Definition der Spektral-
farben zu ermöglichen, wird bei diesem Apparate ein
Massstab derart angebracht, dass sein Bild gleichzeitig
mit dem Farbenband des Sektrums sichtbar ist. Bestimmt
man einmal die Lage seiner Teilstriche mit Hilfe der
Fr aunhof ersehen Linien, so ist man dann stets im
stände, die einem bestimmten Skalenteil zukommende
Spektralfarbe anzugeben. Es giebt jedoch auch Instrumente,
wie das Zeisssche Vergleichs -Spektroskop, welche mit
einer in Wellenlängen geteilten Skala versehen sind.
Im Spektrum eines farbigen Lichtes fehlen gewisse
Teile, die sich als schwarze Bänder mit meist verwaschenen
Bändern markieren. Sieht man z. B. mit dem Spektro-
skop gegen eine weisse Lichtquelle, die ein vollkommenes
Spektrum giebt, und setzt dann vor das Instrument eine
mit Eosin überzogene Glasplatte, so verschwindet der
grüne Teil des Spektrums, weil der rote Farbstoff die
grünen Strahlen absorbiert hat.
2*
20
Um eine umständliche Beschreibung solcher „Absorp-
tions-Spektren“ zu umgehen, ist eine graphische Darstellung
derselben gebräuchlich, aus der sich alle Eigentümlich-
keiten der Absorption entnehmem lassen. Auf einer -
Horizontallinie, welche in Eig. 1 oder 2 durch die Fraun-
hofer sehen Linien abgeteilt ist, werden die fehlenden
Teile des Spektrums durch eine Kurve angezeigt, die um
so höher ansteigt, je intensiver der Schatten an der
betreffenden Stelle ist. Aus der Gestalt der Kurve erkennt
man dann nicht nur die Gattung der absorbierten Strahlen,
sondern auch die Intensität der Absorption. So ist aus
der Darstellung in Fig. 3 zu entnehmen, dass das Licht
B C D E b
F
G h H
7?
40 20 5 0 0 9 0 8 0 70 60 50 40 30 20 10 400
Fig. 3
nach der Absorption hauptsächlich aus grünen Strahlen
besteht, weil über den orangeroten und blauen Teil des
Spektrums zwei Kurven A und B eingezeichnet sind;
weiter sieht man, dass das durch die Kurve A charak-
terisierte Schattenband gegen das rote Ende des Spektrums
ziemlich scharf begrenzt ist, während es über Orange
allmählich verwaschen ausläuft. Die Kurve B zeigt, dass
die violetten Strahlen gleichmässig gedeckt sind und die
Absorption zwischen F und G allmählich verläuft.
Bildet man aus der gleichen Lichtquelle ein pris-
matisches und ein Gitter Spektrum, so muss die Quantität
der farbigen Bestandteile in beiden Spektren offenbar die
gleiche sein, nur sind sie auf verschiedene Bäume ver-
teilt, daher auch von verschiedener Intensität. Die Form
der Absorptionskurven wird daher in beiden Spektren
eine verschiedene sein.
21
Auf Grund der Wellenlängenskala ist es leicht, die mit
dem Prisma erhaltenen Resultate auf das Normalspektrum
zu übertragen, denn die zwischen gleichen Skalenteilen
liegenden Farben sind die gleichen, und ihre Intensität muss
verkehrt proportional dem von ihnen ausgefüllten Raume sein.
Sollen die eben besprochenen Absorptionsverhältnisse
(Fig. 3) auf ein Gitter Spektrum (Fig. 4) übertragen werden,
so hat man zu beachten, dass z. B. die Strahlen zwischen
630 und 640 jx die Ausdehnung a besitzen und durch
einen Schatten von der Intensität m überdeckt sind; im
Normal Spektrum kommt dieser Strahlengruppe eine grössere
Ausdehnung, nämlich b zu, daher wird die Intensität des
sie abschwächenden Schattens n kleiner sein. Es muss
am = bn sein, daher man n = ^-m leicht berechnen
kann.
Für zwei Spektren von gegebener Ausdehnung kann
man das Yerhältnis ^ für verschiedene Wellenlängen ein
für allemal ermitteln, und es unterliegt dann keinem
Anstande die Absorptionskurven von einem Spektrum auf
das andere zu übertragen.
In vorliegendem Fall ergeben sich z. B.
für die Wellenlängen 700, -| = 6,0,
0 —
* ' ~ ~5
b
5 ~ 5
55
55
55
650,
55
2 2
55
55
55
600,
55
1,6,
55
*5
55
550,
55
1,2,
55
55
55
500,
55
0,9,
55
55
55
450,
55
0,6,
55
55
55
400,
55 '
0,3.
22
Werden in dieser Weise die in Fig. 3 dargestellten
Absorptionsverhältnisse umgerechnet, so ergeben sich die
Kurven A und B für das Normalspektrum (Fig. 4) ; sie charak-
terisieren die Form jener Absorptionsbänder, die man bei
Benutzung eines Gitterspektrographen erhalten hätte. Wie
man sieht, fehlt hier der steile Abfall der Kurve A gegen
das rote Ende, er ist im prismatischen Spektrum durch
die mit wachsender Wellenlänge zunehmende Konzen-
tration der Strahlen bedingt, und die Kurve B steigt fast
stetig von F gegen Violett an. Weiter zeigt sich eine
sehr bedeutende Differenz in der Intensität der Schatten-
bänder A und B , während das Prismenspektrum gleich
intensive Absorption in Blau und Rot zeigt
Bei der Wahrnehmung einer Farbe machen sich
gewisse Eigentümlichkeiten bemerkbar, die sich in zwei
Empfindungsreihen ordnen lassen. Wir unterscheiden den
Farbenton, d. i. die eigentliche, von Schwarz und Weiss
qualitativ verschiedene Farbenempfindung, und die Rein-
heit, welche durch Abwesenheit einer gleichzeitigen
Schwarz- und Weissempfindung bedingt wird. Alle
Übergänge von der reinen Farbe zu ihren Mischungen mit
Schwarz, Grau oder Weiss bezeichnet man als Nuancen.
Vom physikalischen Standpunkte sind dagegen drei
Variable bei einer Farbenempfindung zu unterscheiden:
1. der Farbenton, welcher durch die verschiedene
Wellenlänge des Lichtes bedingt wird, 2. die Helligkeit
oder Intensität, die von der Amplitude der Lichtwellen
ab hängt, und 3. die Sättigung, welche von dem ver-
schiedenen Grad der Einheitlichkeit der Lichtwellen be-
stimmt wird. Sind nur Wellen einer Länge vorhanden, so
-erhalten wir die Empfindung der vollsten Sättigung, sind aber
gleichzeitig verschiedene Wellen beigemischt, die sich zu
der Empfindung „Weiss“ summieren, so wird die Sättigung
mehr oder weniger beeinträchtigt. Die fehlende Sättigung
kann auch als „Weisslichkeit“ bezeichnet werden.
28
Bezüglich der „Helligkeit“ ist zu bemerken, dass die
verschiedenen Farben an und für sich einen verschieden
hellen Eindruck hervorbringen; gelbes Licht wirkt be-
kanntlich ungleich heller als blaues. Diese „spezifische“
Helligkeit der Farben darf mit dem oben präzisierten Be-
griff nicht verwechselt werden. Die im Sprachgebrauch e
übliche Bezeichnung Helligkeit bezieht sich auch oft auf
die Weisslichkeit, denn man bezeichnet als Hellblau ein
durch Weiss nuanciertes Blau u. s. w.
Gemischtes Licht.
Yon grosser Wichtigkeit für das Verständnis der
gesamten Farbenlehre ist das Verhalten farbiger Lichter
bei ihrer Mischung. Fällt nicht nur Licht von einer
Wellenlänge in unser Auge, sondern ein Gemisch ver-
schiedenfarbiger Strahlen, so nehmen wir die einzelnen
Komponenten nicht gleichzeitig wahr, es entsteht vielmehr
nur eine einheitliche Empfindung.
Der Versuch lehrt, dass durch Mischung von zwei
einfachen, also dem Spektrum entnommenen Lichtarten
nicht nur eine farbige Empfindung, sondern auch jene
des reinen Weiss entstehen kann.
Weiss bildet sich also nicht nur bei Vereinigung
aller Spektralfarben, sondern bei passender Wahl genügen
schon zwei derselben, um diese Empfindung hervor-
zubringen.
Zwei Farben, die in einem bestimmten Verhältnisse
gemischt Weiss geben, nennt man komplementäre Farben,
und aus dem Spektrum lassen sich eine unendliche Zahl
solcher Farbenpaare auswählen.
Komplementär sind:
Rot und Blaugrün,
. Orange und Cyanblau,
Gelb und Rötlichblau,
Grünlichgelb und Violett.
24
Überdies ist jeder Übergangsfarbe von Rot bis
Grünlichgelb eine zwischen Blangrün und Violett liegende
Farbe komplementär. Zu dem spektralen Grün ist keine
einfache Komplementärfarbe vorhanden, es ergänzt sich
aber mit Purpur, also einem Gemisch von Rot und
Violett, zu Weiss.
Auf Grund dieser Versuchsergebnisse lässt sich der
allgemeine Satz aufstellen: Zu jeder Farbe giebt es eine
zweite, welche mit ihr vermischt farbloses Licht liefert.
Man hat auch die Wellenlängen der sich zu Weiss
ergänzenden Lichtstrahlen bestimmt und nachstehende
Strahlengattungen komplementär gefunden :
Rot von der Wellenlänge 640 ist komplementär zu
Grün von der Wellenlänge 500,
Orange von der Wellenlänge 590 ist komplementär zu
Blau von der Wellenlänge 487,
Goldgelb von der Wellenlänge 573 ist komplementär
zu Blau von der Wellenlänge 475 u. s. w.
Derartige Bestimmungen sind aber stets von der
individuellen Beschaffenheit des Auges abhängig, daher
auch die Resultate verschiedener Beobachter, namentlich
bei den Endfarben des Spektrums, Differenzen bis zu
zehn Angströmschen Einheiten aufweisen.
Mischt man zwei Farben, welche im Spektrum näher
aneinander liegen als die Komplementärfarben, so resultiert
eine zwischenliegende Spektralfarbe und gleichzeitig etwas
Weiss. Die Menge des letzteren ist um so grösser, die
Mischfarbe ist also um so weniger gesättigt, je weiter die
beiden Farben voneinander abstehen. Liegen die beiden
Farben weiter auseinander als Komplementärfarben, so
vereinen sie sich bei der Mischung zu einer ausserhalb
der beiden Farben gelegenen nicht gesättigten Spektral-
farbe. Mischt man die beiden Enden des Spektrums, so
entsteht Purpur, welchem aber gleichfalls die volle
Sättigung der Spektralfarben fehlt.
25
Die nachfolgende , der physiologischen Optik von
Helmholtz entnommene Tabelle zeigt das Ergebnis
der Mischung von je zwei Spektralfarben in übersicht-
licher Form.
An der Spitze der horizontalen und vertikalen
Kolumnen stehen die einfachen Farben, wo sich die
beiden Kolumnen schneiden, ist die Mischfarbe angegeben.
Violett
Indigo
Cyanblau
Blaugrün
Grün
Grüngelb
Gelb
Rot
Purpur
d.-Rosa
w.-Rosa
Weiss
w.- Gelb
Goldgelb
Orange
Orange
d.-Rosa
w.-Rosa
Weiss
w.-Gelb
Gelb
Gelb
Gelb
w.-Rosa
Weiss
w.- Grün
w.- Grün
Grüngelb
Grüngelb
Weiss
w.- Grün
w.- Grün
Grün
Grün
w.-Blau
Wasser-
blau
Blaugrün
Blaugrün
Wasser-
blau
Wasser-
blau
Cyanblau
Indigo
d. = dunkel ; w. = weisslich.
Aus dieser Tabelle ist zu entnehmen, in wie diffe-
renter Weise die gleiche Mischfarbe erhalten werden
kann; so giebt z. E. Gelb und Violett ebenso wie Rot
und Cyanblau dieselbe Mischfarbe, nämlich weisslichen
Purpur, sogen. Rosa.
Da mit den Farben des Spektrums und Purpur alle
denkbaren Farbentöne erschöpft sind, so kann auch durch
Mischung von mehr als zwei Farben keine neue Farben-
empfindung hervorgerufen werden; je grösser aber die
Zahl der Komponenten in einer Mischung wird, desto
mehr tritt der neue Farbenton gegen das sich gleichzeitig
bildende Weiss zurück, desto geringer wird' die Sättigung
der Mischfarbe sein. Gelangen daher die Strahlen eines
beliebigen, dem Spektrum entnommenen Ausschnittes in
unser Auge, so kann wieder nur die Empfindung einer
Spektralfarbe (oder Purpur) entstehen. Die resultierende
Mischfarbe, welche um so weniger gesättigt sein wird, je
breiter der Ausschnitt gewählt wurde, muss zur Misch-
farbe des Spektrumrestes komplementär sein.
26
Die Mischversuche mit farbigen Lichtern haben
weiter ergeben, dass die Zusammensetzung derselben auf
das Mischresultat ganz ohne Einfluss ist, dass also gleich
aussehende Farben auch gleich aussehende Mischtöne geben.
Rot und Gelbgrün vereinen sich zu Gelb, und dieses
verhält sich in Mischungen genau so, wie homogenes
Spektralgelb oder ein Gelb, das durch Addition der
Strahlen einer ganzen Spektralzone entstanden ist.
Gestützt auf diesen Satz, lassen sich die Mischungs-
gesetze für die Spektralfarben auf die zusammengesetzten
Lichter, wie sie von transparenten farbigen Medien ge-
liefert werden, übertragen.
Fällt weisses Licht durch ein farbiges Glas, eine Farb-
stofflösung u. s. w., so gehen gewisse, meist einer ganzen
Spektralzone angehörende Strahlengattungen durch Ab-
sorption verloren, daher der durchgegangene Strahlenrest
farbig erscheint. Das farbige Glas u.s.w. wirkt also ähnlich
einem Filter, dieses sondert ungelöste Teilchen aus einer
Flüssigkeit, jenes hält gewisse Strahlengattungen zurück.
Die durchgelassenen Strahlen gehören einem Aus-
schnitte des Spektrums an, entsprechen also in ihrer
Vereinigung einem einzigen weisslichen Farbenton und
verhalten sich bei Mischungen ebenso wie die einfachen
Spektralstrahlen. Das spektrale Orange und Grün summieren
sich zu Gelb, und dieselbe Farbe, allerdings von ge-
ringerer Sättigung, wird auch entstehen, wenn man die
durch entsprechend gefärbte Gläser erzeugten Lichter mischt.
Die Mischung oder Addition solcher Lichter kann in
verschiedener Weise vorgenommen werden, sie ist aber
streng von einer Vereinigung der farbigen Medien, die
man durch tibereinanderlegen der Glasplatten oder
Mischung der Farbstofflösungen bewirkt, zu unterscheiden,
Man kann zum Zwecke der Mischung z. B. drei Projektions-
apparate benutzen und den Objektiven derselben die ge-
färbten Glasscheiben, oder die mit Flüssigkeiten gefärbten
27
Cuvetten vorschalten. Wird dann mit einem der Apparate
rotes Licht projiziert, und wirft der zweite auf dieselbe
Stelle der weissen Wand grünes Licht, so entsteht als
Mischfarbe ein weissliches Gelb. Yariiert man die Hellig-
keit der Lichter durch Yorschalten verschieden trans-
parenter, aber farbloser Platten, so können alle Über-
gangsfarben von Rot über Gelb zu Grün erhalten werden.
Projiziert der dritte Apparat
passender Abstimmung aller
erhalten, und bei entsprechen-
der Änderung ihrer Hellig-
keiten lassen sich alle denk-
baren Farbentöne, aber stets
nur als weissliche Nuancen
erzielen. Yon dieser Ein-
richtung macht man bei der
schon eingangs erwähnten
polychromen Projektion Ge-
brauch.
Auch mit Hilfe von Spie-
geln lässt sich die Mischung
farbiger Lichter durchführen, und diese Methode findet
beim Photochromoskop Verwendung.
Das Prinzip dieser Apparate ist aus der von C. Zink1)
gewählten Anordnung am besten ersichtlich. Ein ge-
schlossenes, terrassenförmig gebautes Holzkästchen (Fig. 5)
besitzt auf den oberen Flächen i2, G und B Ausschnitte,
welche mit entsprechend gefärbten Gläsern bedeckt sind.
Im Innern sind drei, um horizontale Achsen verstellbare
Spiegel si5 s2, ss angeordnet, welche das, durch die
Glasplatten einfallende Licht gegen die Öffnung o reflek-
tieren. Die Spiegel sx und s2 bestehen aus unbelegten
i) Krone, Die Darstellung der natürlichen Farben durch
Photographie, Seite 112.
blaues Licht, so wird bei
drei Farben reines Weiss
B
Fig. 5-
28
dünnen Glasplatten, während s3 einen Silberbelag besitzt.
Das durch die rote Glasplatte einfallende und vom
Spiegel s3 reflektierte Licht passiert die beiden durchsichtigen
Spiegel s2 und s1 und gelangt in das bei o gedachte Auge
des Beobachters. Das durch die Platten G und B ein-
fallende grüne und blaue Licht wird von der Oberfläche
der Spiegelgläser sx und s2 gleichfalls nach o reflektiert,
daher das dort befindliche Auge die Mischfarbe der drei
Lichter wahrnimmt. Variiert man die Helligkeiten, so
lassen sich alle denkbaren Farbentöne, aber stets wieder
nur als weissliche Nuancen hervorbringen. Bei ent-
sprechender Wahl der gefärbten Platten entsteht die
Mischfarbe „Weiss“, und legt man auf i?, G und B die
Seite 6 erwähnten, passend hergestellten photographischen
Positive, so erblickt man bei o das farbige Bild.
Die Theorie der Farbenwahrnehmung,
Wie oben gezeigt wurde, können physikalisch sehr
verschieden zusammengesetzte Lichter die gleiche Farben-
empfindung her vorrufen. Unser Auge vermag nicht zu
entscheiden, ob die Empfindung „Weiss“ durch gleich-
zeitige Wirkung aller Spektralstrahlen hervorgerufen wird,
oder ob z. B. nur Blaugrün und Bot vorhanden sind,
und die Mischung Bot und Blau bringt genau dieselbe
Empfindung hervor, wie Violett und Gelb.
In dieser Beziehung unterscheidet sich unser Auge
wesentlich vom Gehörorgan, welches, von Tonwellen ver-
schiedener Schwingungsdauer getroffen, die einzelnen
Töne zwar zu der Gesamtempfindung eines Akkordes
vereint, aber doch jeden einzelnen darin wahrnehmen
kann. Zwei aus verschiedenen Tönen zusammengesetzte
Akkorde sind für das Ohr nie identisch, wie es verschieden
zusammengesetzte Farben für das Auge sein können.
Diese eigentümliche Erscheinung wird erklärlich,
wenn man sich die einfachen Farben aus mehreren
29
Elementar-, Grund- oder Urfarben zusammengesetzt
denkt, oder, wenn man annimmt, dass unser Auge nur
einer beschränkten Zahl von Grundempfindungen zu-
gänglich ist. Diese Annahme liegt den verschiedenen
Hypothesen des Farbensehens zu Grunde, und es sollen
hier die beiden wichtigsten erörtert werden.
Die von Th. Young (1807) aufgestellte Theorie wurde
von Helmholtz und Maxwell acceptiert und findet
als Young-Helmholtzsche Farbentheorie die fast un-
geteilte Anerkennung der Physiker. Die Theorie nimmt
nur drei Arten von lichtempfindenden Nervenfasern im
Auge an, durch welche drei verschiedene Grundempfin-
dungen vermittelt werden. Die Reizung der ersten erregt
die Empfindung des Rot, Reizung der zweiten die des
Grün, Reizung der dritten die Empfindung des Violett.
Dieser Annahme entsprechend kann man sich daher sämt-
liche Farben aus den Grundfarben: Urrot, TJrgrün und
Ur violett bestehend denken.
Werden alle drei Faserarten gleichzeitig und in
gleicher Stärke erregt, so resultiert die Empfindung Weiss,
ihr Ruhezustand entspricht der Empfindung Schwarz.
Homogenes Licht jeder Farbe erregt stets alle drei Nerven-
fasern, jedoch in verschiedenem Grade, jede Spektralfarbe
ist also aus allen drei Urfarben zusammengesetzt zu denken.
Die Erregungsintensität, welche den homogenen Farben
des Spektrums zukommt, ist aus Fig. 6 ersichtlich. Die
Ordinate der über dem Spektrum gezeichneten schema-
tischen Kurve B repräsentiert die Reizungsstärke der rot-
empfindenden Nerven durch die Spektralfarben. Wie zu
ersehen ist, werden diese Nervenfasern durch das spektrale
Rotorange am stärksten irritiert, aber auch das Gelb, Grün
und Blau verursacht eine Erregung derselben. In analoger
Weise zeigen die Kurven G und V die Reizung der
grün- und violettempfindenden Nervenfasern durch die
verschiedenen Spektralfarben.
30
Denkt man sich die homogenen Farben aus den drei
Urfarben zusammengesetzt, so repräsentieren diese Kurven
das notwendige Verhältnis, in welchem die Urfarben zu
mischen sind, um die Empfindung der Spektralfarben
h er vorzubringen.
Das spektrale Rot erregt, wie schon erwähnt, stark
die rotempfindenden und nur schwach die beiden andern
Faserarten ; wir erhalten bei einer solchen Reizung unserer
Netzhaut die Empfindung Rot.
Das spektrale Rot kann man sich also hauptsächlich
aus Urrot und einer geringen Beimischung von Urgrün
und Urviolett bestehend denken. Diese Zumischung
schwächt die Sättigung der Farbe ab, daher das spektrale
empfindenden, schwach die violettempfindenden Fasern;
das spektrale Gelb kann man sich also aus etwa gleichen
Mengen Urrot und Urgrün nebst etwas Urviolett zu-
sammengesetzt denken, es repräsentiert eine im Vergleiche
mit den Urfarben weissliche Empfindung.
In ähnlicher Weise entstehen die Wahrnehmungen:
Grün, Blau und Violett, sie sind stets weisslich zu denken
im Vergleiche mit den Empfindungen der reinen Urfarbe,
welche nur die Reizung einer einzigen Nervenart hervor-
bringen würde.
Die oben gezeichneten schematischen Kurven unter-
scheiden sich wesentlich von jenen, welche durch that-
sächliche Mischversuche gefunden wurden, und nach
Helmholtz sind die drei Urfarben in allen Spektralfarben
fast in gleicher Menge vorhanden und müssen daher im
Vergleiche mit diesen äusserst gesättigt gedacht werden.
R
G
V
Rot im Vergleiche mit
dem Urrot weisslich
zu denken ist.
Fi g. 6.
Das spektrale Gelb
erregt mässig stark
die rot- und grün-
31
Nur durch Mischung dieser enorm satten Urfarben
können nach der Young-Helm hol tz sehen Theorie die
Spektralfarben und somit auch alle durch Mischung aus
diesen hervorgehenden zusammengesetzten Farben zu
stände kommen, und es ist nicht zulässig, als Grund-
farben die drei Spektralfarben: Rot, Grün und Violett
zu betrachten. Wollte man mit Hilfe dieser Farben die
verschiedenen Farbenempfindungen nachbilden, und würde
man die Mischungsverhältnisse den von Helmholtz1)
gegebenen Kurven anpassen, so wrnrden nur sehr weiss-
liche, fast farblose Empfindungen resultieren.
Die Wahl der drei Grundfarben hat nach Helmholtz
etwas Willkürliches, es könnten beliebige drei Farben
gewählt werden, aus denen sich Weiss zusammensetzen
lässt. Young hat drei scheinbar ausgezeichnete Punkte
des Spektrums gewählt: die beiden Endfarben und die
Farbe der Mitte, man könnte aber ebenso gut zwei mittlere
Farben, etwa Gelb und Blaugrün nebst Purpur, als
Urfarben arinehmen.
Die Yo ung-Helmh oltzsche Hypothese über die
Wahrnehmung der Farben wurde wiederholt als Ausgangs-
punkt für die Theorie der Dreifarbenbilder benutzt, und
aus diesem Grunde wurde sie hier etwas ausführlicher
behandelt. Die von Young gewählten drei Grundfarben
wurden als die einzig richtigen für die Färbung der drei
Teilbilder bezeichnet und die Empfindlichkeitskurven der
drei Faserarten als die notwendigen Sensibilisierungs-
kurven für die drei photographischen Platten acceptiert.
Nun ist aber, wie oben gezeigt wurde, die Youngsche
Farbenwahl eine willkürliche, daher diese nicht der Grund
sein kann, warum sich die Farben Rot, Grün und
Violett für die photochrome Projektion und das Photo-
chromoskop am besten eignen sollten.
i) Helmholtz, Physiol. Optik, S. 358.
32
Auch sind wir nicht im stände, der Grundbedingung
dieser Theorie zu entsprechen, denn wir .-verfügen über
kein farbiges Licht, welchem die Sättigung der Spektral-
farben und noch viel weniger jene der hypothetischen
Urfarben zukommen würde.
Die Helmholtzschen Mischungskurven sind daher
als Grundlage für die Dreifarbenphotographie nicht ver-
wendbar, da man im Photochromoskop fast farblose
Bilder erhalten würde.
Eine wesentlich andere Gestalt zeigen die Kurven,
wenn man durch Mischung von drei Spektralfarben,
z. B. aus Rot, Gelb und Blau, die zwischenliegenden
Töne herzustellen sucht. Allerdings müssen dann, um
das spektrale Grün und Orange zu bilden, „negative“
Rot- und Blauwerte eingeführt werden, weil die Mischung
dieser Zwischenfarben zu weisslich ausfällt. Diesen Vor-
gang hat z. B. Maxwell eingeschlagen, und die so er-
zielten Diagramme bilden, bei Vernachlässigung der „nega-
tiven“ Komponenten, gewiss eine angenähert richtige
Basis für die Dreifarbenphotographie, vorausgesetzt, dass
die drei Grundfarben richtig gewählt wurden.
Farbentheorie von Hering. Während dieYoung-
Helmholtzsche Theorie nur einen Erregungszustand der
Netzhaut kennt, nimmt Hering zwei derartige, gleich-
wertige Prozesse an. Nach Young-Helmholtz existieren
nur die Gegensätze Thätigkeit und Ruhe, und im Zustand
der letzteren kann der Nerv längere Zeit, ohne eine Ver-
änderung zu erleiden, erhalten bleiben. Nach Hering
erfährt die Sehsubstanz bei der Erregung eine chemische
Veränderung, die als Dissimilierung bezeichnet wird, und
im Zustande der Ruhe wird die erlittene Veränderung
durch einen entgegengesetzten chemischen Prozess, den
Assimilierungsprozess, wieder beseitigt. Diese Verände-
rungen der Sehsubstanz kommen als Licht- und Earben-
empfindungen zu unserem Bewusstsein.
33
Einfache Farbenempfindungen giebt es nach Hering
vier: Rot und Grün, Gelb und Blau, sie machen auf
uns thatsächlich den Eindruck der Einfachheit und können
gleichsam ohne jeden Beigeschmack einer anderen Farbe
Vorkommen. Alle anderen Farben sind zusammengesetzt,
weil wir in ihnen zwei der Grundfarben deutlich unter-
scheiden können, z. B. im Yiolett: Rot und Blau u. s. w.
Rot und Grün ebenso wie Blau und Gelb schliessen
einander aus, denn sie sind niemals in einer Farbe
gleichzeitig bemerkbar.
Hering betrachtet weiter auch Schwarz und Weiss
als einfache Empfindungen und unterscheidet so drei
Paare von Grundempfindungen, Rot und Grün, Blau und
Gelb und Schwarz und Weiss. Diese Empfindungen
werden durch die chemische Yeränderung, den Stoff-
wechsel von drei verschiedenen Bestandteilen der Seh-
substanz hervorgebracht Die Dissimilierung der einen,
die man als schwarz-weiss empfindende bezeichnet, ver-
ursacht die Empfindung Weiss, ihre Assimilierung die
Empfindung Schwarz. Der zweite Bestandteil der Seh-
substanz ist rot -grün empfindend und der dritte blau -gelb
empfindend; die Dissimilierung dieser Substanzen bedingt
die Rot-, resp. Gelb -Empfindung, während die Assimilierung
den Empfindungen Grün und Blau entspricht. Alle
Strahlen des Spektrums wirken dissimilierend auf die
schwarz -weisse Sehsubstanz, und gemischtes Licht er-
scheint farblos, wenn es für die rot- grün oder blau -gelb
empfindende Substanz oder für beide gleichzeitig, ein
gleich starkes Assimilierungs- und Dissimilierungs-Yer-
mögen besitzt. Es tritt dann keinerlei Stoffwechsel in
diesen Substanzen auf, und die Empfindung „Weiss“ tritt
hervor. So wirkt das spektrale Gelb dissimilierend auf
die schwarz-weiss und blau -gelb empfindende Seh-
substanz, dem spektralen Blau kommt gleichfalls eine
dissimilierende Wirkung auf die ersteren, dagegen eine
von Hübl, Dreifarbenphotographie. 2. Aufl. 3
34
assimilierende auf die letztere zu. Die Mischung von Gelb
und Blau hebt sich in der Wirkung auf die blaugelb
empfindende Substanz auf, bewirkt aber die Dissimilierung
der sclrwarz- weissen, verursacht also die Empfindung : Weiss.
Zwei Strahlengattungen, die gemischt Weiss geben,
sind also nicht als „komplementäre“, sondern als „ant-
agonistische“ Lichtarten zu betrachten, und im Sinne der
Heringschen Theorie kann man nicht von „komplemen-
tären Farben“, sondern von „Gegenfarben“ sprechen.
Die eben entwickelte Theorie vermag gewisse, nicht
durch den direkten Lichtreiz hervorgebrachte, sogen,
subjektive Licht- und Farbenerscheinungen viel un-
gezwungener als die Young-Helmholtzsche Hypothese
zu erklären und wurde aus diesem Grunde von den
Physiologen allgemein acceptiert. Sie wurde hier ent-
wickelt, um einerseits zu zeigen, dass die Annahme der
Youngschen Grundfarben kein wissenschaftliches Axiom
bildet, das geeignet wäre, der Theorie der Dreifarben-
bilder als Stütze zu dienen, und um anderseits die Wahl
von vier, lediglich den Äusserungen unseres Bewusst-
seins entnommenen Grundfarben zu präzisieren, da diese
' für die später auszuführende Entwicklung der Dreifarben-
systeme zur Anwendung gelangen werden.
C. Körperfarben und Farbstoffe.
Absorbiert ein Körper das ganze auffallende weisse
Licht, so erscheint er schwarz, reflektiert er alle Strahlen,
so erscheint er weiss, absorbiert er nur einen Teil der-
selben, jedoch derart, dass im reflektierten Best nur sich
zu Weiss ergänzende Strahlengattungen vertreten sind,
so bezeichnen wir ihn als grau, und reflektiert er end-
lich Strahlen, die sich zu einer farbigen Mischung ver-
einen, so erscheint er farbig.
Zeigen farbige Körper im gelösten oder pulverigen
Zustande ein besonders hohes Absorptionsvermögen für
35
gewisse Strahlengattungen, zeichnen sie sich also auch
bei grosser Verdünnung noch durch eine charakteristische
Färbung aus, so bezeichnet man sie als Pigmente oder
Farbstoffe.
Im gewöhnlichen Leben nennt man die Farbstoffe
wohl auch „Farben“, eine Bezeichnung, die aber thunlichst
vermieden werden sollte, da „Farbe“ eine Eigenschaft
der Körper ist, unter „Farbstoff“ aber ein farbiger Körper
verstanden wird, der zum Färben anderer Körper dient.
In gleicher Weise, wie bei den farbigen Lichtern,
unterscheidet man auch bei den Körperfarben den Farben-
ton und die Nuancen. Dagegen sind die Begriffe „Rein-
heit“ und „Sättigung“ bei Pigmentfarben in etwas anderer
Weise gebräuchlich. Unter „Reinheit“ versteht man die
Abwesenheit der Empfindung „Schwarz“, die schwärz-
lichen Nuancen bezeichnet man daher als „unreine
Farben“; die „Sättigung“ einer Körperfarbe hängt von
der Menge des gleichzeitig vorhandenen Weiss ab, die
weisslichen Nuancen werden somit als „wenig gesättigt“
bezeichnet. Statt Sättigung wird auch der Ausdruck
„Intensität“ an gewendet.
Der mehr oder minder helle Eindruck, den ein
farbiger Körper her vor bringt — also seine „Helligkeit“
— wird durch die Seite 23 erwähnte spezifische Hellig-
keit und durch die Weisslichkeit seiner Farbe bedingt.
Überzieht man (Fig. 7) ein Blatt weissen PapieresPP
mit einer Farbstoff Schicht PP, z. B. mit gelöstem Eosin,
so wird ein auf das Papier fallender weisser Lichtstrahl S
beim Durchdringen der Eosinschicht den grünen Strahlen-
anteil verlieren; der Lichtstrahl trifft also „rot gefärbt“
die Papieroberfläche, einen weissen unregelmässig re-
flektierenden Körper, wodurch er nach allen Richtungen
zerstreut wird. Von diesem Punkte gehen daher farbige
Lichtstrahlen s aus, und gelangen, nachdem sie die Eosin-
schicht, erneuert durchsetzt, also an Färbung wieder ge-
3*
36
wonnen haben, in unser Auge. Ein Teil des auftreffenden
weissen Lichtes wird aber schon von der Oberfläche der
Farbstoffschicht zerstreut und nach sx reflektiert, gelangt
also ungefärbt in unser Auge und schwächt so den satten
Eindruck der gefärbten Eläche ab. Besteht die Earbstoff-
schicht aus pulverigen durchsichtigen Teilchen, so erfolgt
die Eärbung des Lichtes in ganz gleicher Weise; fehlt
aber den Teilchen die notwendige volle Transparenz, so
wird der auf treffende Lichtstrahl gar nicht bis zur weissen
Unterlage eindringen, er wird schon an den Grenzflächen
der einzelnen Earbstoffpartikeln reflektiert und gelangt
daher in wenig gefärbtem Zustande in unser Auge. Aus
diesem Grunde erscheinen
Deckfarben immer weiss-
licher als Lasurfarben.
Bekanntlich kommt
auch die charakteristische
Eärbung eines pulverigen
Pigmentes erst nach der
Mischung mit einem
s,
s /
S,
,s,
\X'js
/ // 5
E
1/ E
Fig. 7.
flüssigen
trockene
Körper zur vollen Geltung, denn in das
reine Farbstoffpulver vermag das Licht nicht
tief genug einzudringen, es wird in noch wenig ver-
ändertem Zustande reflektiert. Yereint man aber die
Earbstoffteilchen mit einem durchsichtigen farblosen
Körper, so entsteht eine fast einheitliche Masse, der
Lichtstrahl vermag tief einzudringen und wird in
intensiv gefärbtem Zustande reflektiert. In dieser
Weise wirkt das Wasser beim Anrühren eines Farb-
stoffes, das Gummi und der Firnis bei Aquarell und
Ölfarben. Je näher das Lieh tbrechungsver mögen des
transparenten Mediums jenem des Earbpulvers, desto
homogener ist in optischer Beziehung die Mischung,
und desto tiefer und satter wird die Farbe erscheinen.
Damit erklärt sich die satte Farbenpracht des Öl-
37
gemäldes im Gegensatz zum weisslichen Kolorit des
Aquarelles.
Der Earbstoff spaltet gleichsam das auffallende weisse
Licht in zwei Teile, in einen absorbierten und einen
reflektierten; seine Farbe ist daher stets komplementär
zu jener der verschluckten Strahlen. Welche Zusammen-
setzung aber den beiden Teilen zukommt, kann das
Auge nicht entscheiden, darüber vermag nur die Analyse
mit dem Prisma aufzuklären. Eür derartige Unter-
suchungen sind die kompendiösen, lichtstarken Taschen-
spektroskope, die nach Angabe von Dr. II. W. Vogel von
der Firma Schmidt & Haensch hergestellt werden,
vorzüglich geeignet. Man hält die gefärbte, auf die Zu-
sammensetzung des reflektierten Lichtes zu untersuchende
Fläche in der Nähe des Fensters derart, dass sie durch
das Himmelslicht voll beleuchtet wird, und sieht durch
das vertikal gehaltene Spektroskop gegen dieselbe. Man
erblickt dann nur jenen Teil des Farbenbandes, der den
reflektierten Strahlen entspricht, während die absorbierte
Spektralzone durch ein Schattenband — das Absorptions-
band — geschwächt erscheint.
Ungleich sicherer lassen sich aber die Absorptionen
beobachten, wenn man das Teilspektrum mit einem voll-
ständigen vergleicht, weil dann jede, noch so geringe
Schwächung einzelner Zonen sehr deutlich zu erkennen ist.
Diese Möglichkeit bietet das Vergleichsspektroskop
von C. Zeiss in Jena.
Man erblickt in diesem Instrument zwei Spektren
knapp nebeneinander, und durch Vorschalten des zu
prüfenden Objektes in den Strahlengang des einen lässt
sich der Verlauf des Absorptionsbandes ungemein deutlich
beobachten.
Gefärbte Papiere u. s. w. beobachtet man im re-
flektierten Lichte, wobei man zum Vergleich die vom
weissen Papier reflektierten Strahlen benutzt. Für die
38
Untersuchung der Absorptionsspektren von Flüssigkeiten
sind dem Instrument eigene Gefässe beigegeben, welche
die Möglichkeit bieten, während der Beobachtung die
Dicke der wirksamen Schicht innerhalb weiter Grenzen
zu verändern.
Das Z eis s sehe Yergleichsspektroskop ist mit einer
Welleniängen-Skala ausgerüstet, daher die Lage und Breite
der Absorptionsbänder direkt in Wellenlängen abgelesen
werden kann.
In dieser Weise durchgeführte Yersuche lehren uns,
dass die von einem Farbstoff absorbierten Strahlen nie-
mals nur einer Wellenlänge angehören, sondern stets eine
mehr oder minder breite Zone des Spektrums umfassen.
Die Lage dieses Absorptionsbandes ist für den Farbenton
3 ! z ^ r des Pigmentes charakte-
I |. | ristisch, und die Gestalt,
r 0. äfr bL v. besonders aber die Breite
Fig 8 des Bandes, bedingen
die. Nuancen der Farbe.
Wenn man von der spezifischen Helligkeit der
Farben absieht, und gleiche Intensität des auffallenden
weissen Lichtes voraussetzt, so wird ein Pigment um so
dunkler erscheinen, je breiter das ihm zukommende
Absorptionsband ist. Ein Farbstoff, der nur die schmale
Zone der gelben Strahlen reflektiert, dessen Absorptions-
band also von beiden Enden des Spektrums bis 1 und 2
(Fig. 8) reicht, erscheint gelbbraun, weil ein lichtschwaches,
dunkles Gelb diese Empfindung hervorbringt. Wird der
reflektierte Teil des Spektrums breiter, reicht er etwa
bis 3 und 4, so wird die Farbe reiner, da das gleich-
zeitig reflektierte Orange und Gelbgrün sich zu Gelb
vereinen und die Wirkung des einfachen Gelb verstärken.
Wird auch das gesamte Bot und Grün reflektiert,
besteht also nur mehr das einseitige bis 5 reichende
Absorptionsband, so ergiebt sich ein weiterer Zuwachs
39
an Gelb; alle Strahlengattungen, welche bei gegenseitiger
Mischung Gelb hervorbringen können, sind jetzt an der
Farbenbildung beteiligt.
Wird die reflektierte Spektralzone noch breiter, wird
also auch Blaugrün reflektiert, so vereint sich dieses mit
dem Rot zu Weiss, und die Helligkeit der Farbe nimmt
nur mehr infolge der eintretenden Weisslichkeit zu.
Aus diesen Erwägungen lässt sich folgern:
1. Die relativ reinste Farbe kommt einem Pigment zu,
wenn die reflektierte Spektralzone etwas kleiner als
die Entfernung zweier Komplementärfarben ist, und
2. ist die reflektierte Zone kleiner, so treten schwärz-
liche Nuancen auf, ist sie breiter, so kommen dem
Farbstoff weissliche Nuancen zu.
Die einseitige Absorption der Farbstoffe wird ge-
wöhnlich durch ein mehr oder minder breites Band
hervorgerufen, das im sichtbaren Spektrum beginnt und
im Ultrarot oder Ultraviolett endet. So beginnt das
Absorptionsband der gelben Pigmente im Grün oder
Blau, reicht über das Violett, absorbiert aber nicht das
gesamte Ultraviolett, sondern endet hinter der Linie H.
Je weiter gegen Rot zu die Absorption beginnt, desto
früher endet sie auch. Rote Farbstoffe reflektieren daher
meist das sichtbare Violett, bei orange Pigmenten reicht
die Absorption nur knapp bis zur Linie H , während bei
gelben Farbstoffen mit grünlichem Stich, z. B. Pikrinsäure,
die Absorption erst im Blau beginnt und weit in das
Ultraviolett reicht.
Diese durch photographische Aufnahmen des Spek-
trums leicht nachweisbare Thatsache erklärt das eigen-
tümliche Verhalten roter und gelber Farbstoffe gegen
die gewöhnliche photographische Platte. Erstere, sowie
auch orange Pigmente erscheinen in der Photographie
ziemlich hell, dagegen sind gelbe Farbstoffe ebenso
wirkungslos wie Schwarz.
40
Aber auch dem vom Absorptionsband nicht ge-
deckten Teil des Spektrums kommt in der Regel eine
nur beschränkte Ausdehnung zu. Bei gelben Pigmenten
reicht diese Zone bis zum Blau, sie umfasst aber nicht
das ganze spektrale Rot, sondern ein Teil desselben wird
durch ein im Ultrarot liegendes, im sichtbaren Rot
endendes zweites Absorptionsband gedeckt. Geht dann
der Farbenton des Pigmentes über Grün in Blau über,
so verschiebt sich die Zone der reflektierten Strahlen
von Rot gegen Violett. Grüne Farbstoffe absorbieren
daher das sichtbare Violett und blaue das Ultraviolett.
So kommen fast jedem Farbstoff zwei oder auch
mehrere Absorptionsbänder zu, die aber zum Teil im
nicht sichtbaren Spektrum liegen.
Vergleicht man verschiedene Farbstoffe in solcher
Konzentration, dass sie gleich gesättigt ausseh en, so wird
man finden, dass die Breite des Absorptionsbandes
wesentlich durch die Natur des Farbstoffes bedingt ist.
Man unterscheidet in dieser Beziehung Farbstoffe mit
schmalen und dabei sehr dichten Absorptionsbändern, sie
sind fast ausschliesslich organischer Natur, und Farbstoffe
mit breiten, wenig intensiven Bändern, die man meist
bei den Mineral- und Erdfarben beobachtet.
In die Gruppe der organischen Farbstoffe gehören
die Tier- und Pflanzenfarbstoffe, dann der grösste Teil
der aus dem Steinkoklenteer gewonnenen sogen. Teer-
oder Anilinfarbstoffe. Während das Absorptionsspektrum
dieser Pigmente auch bei hoher und übermässiger Kon-
zentration einzelne Teile des Spektralbandes schattenlos
zeigt, deckt bei den gesättigt erscheinenden Erdfarben
ein Schattenband das ganze Spektrum.
Biese Eigentümlichkeit erklärt das helle, feurige, an
die Spektralfarben mahnende Aussehen der schm alb andigen
Pigmente im Gegensatz zu dem matten, schwärzlich nuan-
cierten Eindruck, den die Mineralfarbstoffe hervorbringen.
41
Aus Fig. 9 ist das Absorptionsspektrum von zwei
roten Farbstoffen ersichtlich, I gehört einer auf Papier
aufgetragenen und dann eingetrockneten Eosinlösung an,
II entspricht einer Schicht von Krapplack. Der Farben-
ton beider Flächen ist derselbe, ihre Reinheit ist aber
so verschieden, dass der Krapplack neben der leuchtenden
Anilinfarbe fast nicht rot, sondern braun erscheint.
Eine scharfe Grenze zwischen beiden Farbstoff-
gruppen existiert jedoch nicht, und ebenso, wie es zahl-
reiche Teerfarbstoffe mit breiten Schattenbändern und
daher schwärzlichem Aussehen giebt, lassen einzelne
I
n
Fig. 9.
Mineralfarben, z. B. Chromgelb, an Reinheit der Färbung
nichts zu wünschen übrig.
Die Teerfarbstoffe widerstehen grösstenteils nur sehr
schlecht der Einwirkung des Lichtes, sie bleichen rasch
aus, man bezeichnet sie als nicht lichtecht. Die Ursache
dieser Eigentümlichkeit, die ihre praktische Brauchbarkeit
sehr einschränkt, mag zwar zum Teil in ihrem kompli-
zierten chemischen Bau gelegen sein, dürfte sich aber
hauptsächlich aus den intensiven schmalen Absorptions-
bändern erklären. Die Erfahrung bestätigt diese An-
schauung, denn Teerfarbstoffe mit breiten Absorptions-
bändern, welchen aber auch das feurige Aussehen fehlt,
sind grösstenteils lichtecht, und je schmäler das Ab-
sorptionsband, desto brillanter die Farbe, desto unechter
der Farbstoff. Das Licht setzt gleichsam an einer einzigen
Stelle mit voller Gewalt ein, während bei den breit-
42
bändigen Pigmenten zwar sehr verschiedene Strahlen-
gattungen, aber keine allzu heftig einwirken. Die Schläge
eines keilförmig gestalteten Hammers wirken zerstörender
als solche, die mit einem Hammer von breiter Bahn ge-
führt werden.
Das Absorptionsband fällt im Prismenspektrum gegen
das rote Ende ungleich steiler ab, als gegen das blaue,
und mit zunehmender Konzentration der Farbstoffschicht
breitet sich das Band vornehmlich gegen Blau und nur
wenig gegen Rot aus. Das äusserste Rot des Spektrums
scheint überhaupt von keinem dieser Farbstoffe absorbiert
zu werden, und aus diesem Grunde erscheinen die über-
mässig konzentrierten Lösungen dieser Farbstoffe fast
immer rot. Dagegen wird das rote Ende des Spektrums
von vielen anorganischen Substanzen vollkommen ab-
sorbiert; so deckt z. B. das Absorptionsband einer selbst
verdünnten Kupfervitriol -Lösung das ganze spektrale Rot.
Die diesem lichtschwachen Teil des Spektrums angehörigen
Strahlen üben aber keinen wahrnehmbaren Einfluss auf
das Aussehen eines Pigmentes, solange die lichtstarken
Strahlengattungen der Absorption entgehen. Eine Lösung
von Säuregrün z. B. lässt das ganze Rot bis nahe zur
Linie C passieren; fügt man eine verdünnte Lösung von
Kupfervitriol zu, so ist eine Änderung des Farbentones
nicht zu bemerken, obwohl sich das Absorptionsspektrum
wesentlich geändert hat.
Auch das spektrale Yiolett spielt, offenbar aus dem-
selben Grunde, keine Rolle in der Welt der Pigment-
farben. Nach Yogel1) verdankt das Methylviolett seine
Farbe nur dem spektralen Rot und Blau, denn durch
eine mit Kupferoxydammoniak -Lösung gefüllte Cuvette
betrachtet, die das ganze Rot verschluckt, erscheint
es blau.
i) Vogels Handbuch der Photographie, II, S. 249.
43
Für das Aussehen der Farbstoffe kommen somit die
den Endstrecken des Spektrums entsprechenden Strahlen
nur ausnahmsweise in Betracht.
Auf den Farbenton einer Farbstofflösung übt die
Dispersion und Dichte des Lösungsmittels einen sehr be-
deutenden Einfluss aus. So ist die Lösung von Eosin
in Wasser blaustichiger als jene in Alkohol, und die
Lösung in Chinolin ist von ausgesprochen violetter Farbe.
Lasst man die Lösung eines Farbstoffes auf Papier
eintrocknen, oder mischt man sie mit Gelatine oder
Kollodium (je nach der Natur des für den Farbstoff be-
nutzten Lösungsmittels), so erscheint das Absorptionsband
der trockenen Schicht im Vergleich mit jenem der Lösung
in der Regel gegen Rot verschoben; die Farbe blauer
und violetter Farbstoffe wird also blaustichiger, während
blaugrüne und grüne Farbstoffe grün, resp. gelbstichig
werden. Dabei wird das Absorptionsband meist breiter,
weniger deckend, an den Grenzen verwaschen, und ändert
oft auch seine sonstige Gestalt.
Auch in diesem Falle übt das Lichtbrechungsver-
mögen des farblosen Körpers einen gewissen Einfluss auf
die Verschiebung des Bandes und daher auch auf den
Farbenton der Schicht aus, doch sind die Unterschiede,
welche gefärbte Kollodium- und Gelatineschichten zeigen,
nur gering. Machen sich in dieser Beziehung auffallende
Unterschiede bemerkbar, so hat man diese sekundären
Erscheinungen zuzuschreiben. Das Kollodium reagiert
z. B. meist sauer, daher säureempfindliche Farbstoffe, wie
Methylviolett, ihre Farbe beim Eintrocknen der Schicht
ändern. Bei Farbstoffen, die in Wasser oder Alkohol
ganz unlöslich sind, treten aber oft grelle Unterschiede
zwischen der Färbung von Kollodium- und Gelatineschichten
auf. Cyanin z. B. liefert rein blaue Kollodi um schichten 7
setzt man aber die Cyaninlösung der wässerigen Gelatine
zu, so scheidet sich der Farbstoff beim Eintrocknen in
44
äusserst fein verteilter fester Form aus, und man erhält
rötlich gefärbte Folien. Dieselbe Erscheinung wird be-
obachtet, wenn man trockene Gelatineschichten einmal in
mit Alkohol verdünnter, das andere Mal in mit Wasser
verdünnter Cyaninlösung badet.
Analog den Gelatine- und Kollo diumschichten werden
auch solche Körper gefärbt, welche den Farbstoff aus
seiner Lösung an sich reissen und unter Bildung mole-
kularer, also physikalischer Verbindungen, festhalten.
Tierische Fasern, also auch Papier, dann Kaolin, Brom-
silber, flockige Niederschläge, letztere besonders im
Entstehungszustande, zeigen diese Eigentümlichkeit, die
man als substantive Färbung bezeichnet. Versetzt man
die rote, wässerige, verdünnte Bhodaminlösung mit
Kaolin, so nimmt dieses jene intensiv violette Färbung
an, welche trockene Rhodaminschichten zeigen; der Farb-
stoff ist eben durch das Kaolin in fester Form aus-
geschieden worden.
Führt man den Farbstoff in eine neue chemische
Verbindung über, so kann der Farbenton eine wesentliche
Änderung erfahren. So wird eine, durch Eosin gefärbte
Gelatineschicht bei der Behandlung mit Silbernitrat bläu-
lich, weil Eosinsilber gebildet wird, und aus dem gleichen
Grunde nimmt Bromsilber in einer Eosinlösung diese
Färbung an und zeigt ein wesentlich anderes Absorptions-
spektrum als z. B. mit Eosin gefärbtes Kaolin.
Die mittlere Absorption der Farbstoffe. Da
bei jeder farbigen Empfindung der Farbenton und die
Reinheit zu unterscheiden sind, so kann die Färbung
irgend eines Körpers stets aus einer Spektralfarbe (oder
Purpur) unter Zuhilfenahme von Weiss und Schwarz
nachgebildet werden. Die Spektralfarbe ist bestimmend
für den Farbenton, die Menge Weiss und Schwarz, die
man sich zu Grau vereint denken kann, für die Nuance.
Der Farbenton kann auch durch ein schmales Absorptions-
band im Spektrum, über der zur Körperfarbe komplemen-
tären Strahlengattung liegend, charakterisiert werden.
Handelt es sich also lediglich um den Farbenton
eines Pigmentes, so kann sein Absorptionsband durch
einen schmalen, nur eine Strahlengattung eliminierenden
Absorptionsstreifen ersetzt werden, und nur für die
Charakterisierung des reinen Grün und Gelbgrün ist die
Annahme zweier solcher Streifen notwendig. Man kann
sich diesen Streifen durch Zusammenschieben des dem
Farbstoff zukommenden Absorptionsbandes auf eine mitt-
lere Stelle desselben entstanden denken, und kann in
diesem Sinne von einer „mittleren Absorption“ sprechen.
Die mittlere Absorption eines Farbstoffes ist von
der Form seines Absorptionsbandes gänzlich unabhängig,
denn für den Farbenton ist nur die Lage desselben
charakteristisch.
Dem eben entwickelten Begriff kommt zwar lediglich
eine theoretische Bedeutung zu, denn würde man dem
weissen Licht thatsächlich nur Strahlen einer Wellenlänge
entziehen, so wäre dies ganz ohne Einfluss auf seine wahr-
nehmbare Farbe. Er wurde aber eingeführt, um Anhalts-
punkte für eine natürliche, den thatsächlichen Empfindungen
entsprechende Klassifizierung der Farbstoffe zu gewinnen.
Die mittlere Absorption entspricht nicht der geo-
metrischen Mitte des Absorptionsbandes, denn dieses
bildet kein gleichmässig dichtes Schattenband, sondern
zeigt an verschiedenen Stellen eine wechselnde Intensität,
und überdies ist auch das im Spektroskop erscheinende
Band unvollkommen in seiner Form und Ausdehnung.
So zeigt eine ziemlich verdünnte alkoholische Cyanin-
lösung knapp vor und auf der D- Linie ein schmales
Band; mit zunehmendem Farbstoffgehalt wächst es gegen
Blau etwa viermal so rasch als gegen Rot, daher das
Absorptionsband der satt gefärbten Flüssigkeit von C bis F
reicht. Aus diesen Verhältnissen könnte man schliessen,
46
dass die Farbe der Lösung mit zunehmender Konzentration
von Grünlichblau in Violett übergeht. Das ist aber keines-
wegs der Fall; die verdünnte Lösung ist zwar etwas grün-
stichiger als die satt gefärbte, beide müssen aber als fast
gleich „blau“ bezeichnet werden. Dieser scheinbare Wider-
spruch zwischen Farbe und Absorption erklärt sich eben
aus der Unvollkommenheit der spektroskopischen Beob-
achtung. Bei Betrachtung der verdünnten Lösung nehmen
wir nur das im Orange liegende Maximum der Absorption
wahr, während uns ein über Grün lagernder Halbschatten,
dessen Vorhandensein auf den Farbenton der Lösung mit
bestimmend ein wirkt, wegen seiner geringen Intensität
ganz entgeht. Das Absorptiönsband der satten Lösung
0 D F , erscheint dagegen als
I
i
i
-jL
gleichmässig schwarzes,
Ar
"A
Oy
^ von C bis F reichendes
Band, dieFlüssigkeit sollte
Fi g. io. also violett aussehen. Sie
ist aber thatsächlich blau
und offenbar nur aus dem Grunde, weil sich das im
Orange liegende Maximum unserer Beobachtung entzieht.
Erst bei übermässiger Konzentration der Cyaninlösung
absorbiert diese thatsächlich auch alle grünen Strahlen
und erscheint dann wirklich violett.
Aus Fig. 10 ist die Gestalt der Absorptionsbänder zu
entnehmen: a entspricht der verdünnten, bb der satt blau
gefärbten Cyaninlösung. Den früheren Erörterungen ent-
sprechend würde dem Bande a eine etwa bei I liegende mitt-
lere Absorption entsprechen, d.h.man kann sich denSchatten
des Bandes a in I vereint denken, ohne den Farbenton
der Lösung zu verändern, während dem Bande bb eine
mittlere Absorption etwa bei II zukommen würde. Da
aber beide Lösungen denselben blauen Farbenton besitzen,
so muss ihnen dieselbe mittlere Absorption entsprechen,
und diese muss offenbar zwischen I und II liegen.
47
Zu einem annähernden Resultat gelangt man, wenn
man für eine Anzahl Zwischenkonzentrationen die Absorp-
tionsbänder beobachtet und aus ihren Mitteln einen mittleren
Wert bestimmt.
Für die Cyaninlösung ergiebt sich in dieser Weise
eine hinter D, also im Gelb liegende, der Wellenlänge 570
entsprechende mittlere Absorption. Sie fällt, wie man
sieht, mit dem in Orange (Wellenlänge 590) liegenden
Absorptionsmaximum — d. i. der dichtesten Stelle des
Absorptionsbandes — durchaus nicht zusammen.
Eine zweite Methode zur Bestimmung der für den
Farbenton charakteristischen Absorption besteht darin, dass
man den zu untersuchenden Farbstoff mit den Farben
des Spektrums vergleicht, also jene Spektralfarbe bestimmt,
welche dem Farbenton des Pigmentes entspricht. Ent-
nimmt man dann aus einer Tabelle die zugehörige Komple-
mentärfarbe, so entspricht die Lage derselben im Spektrum
der gesuchten mittleren Absorption des Farbstoffes.
Um einen Vergleich mit den Spektralfarben zu
ermöglichen, müssen diese isoliert und in grösserer Aus-
dehnung sichtbar gemacht werden, wozu man sich der
von Helmholtz1) angegebenen, in Fig. 11 schematisch
dargestellten Einrichtung bedient. Man entfernt bei einem
Spektroskop das Okularrohr des Fernrohres und setzt an
I) Helmholtz, Phys. Optik, S. 301.
Stelle desselben ein Rohr mit engem Spalt a ein, durch
den man gegen das Prisma P blickt. Dieses wird derart an-
geordnet, dass seine brechende Kante k ungefähr in der
Achse des die Objektivlinse m tragenden Rohres 0 liegt.
C ist das Kollimatorrohr mit der Linse l und dem ge-
wöhnlichen, der Lichtquelle zugekehrten Spalt b.
Sieht man durch den Spalt a in den Apparat, so
erblickt man die brechende Fläche des Prismas, die das
halbe Gesichtsfeld bedeckt, mit nur einer Spektralfarbe
beleuchtet, und beim Seitwärtsbewegen des Rohres 0
erscheinen die einzelnen Farben entsprechend ihrer An-
ordnung im Spektrum.
In der andern Hälfte des Gesichtsfeldes sieht man
einen bei p aufgestellten Körper, z. B. eine farbige, von
rückwärts beleuchtete Glasplatte. Verstellt man das Rohr B
derart, dass das Gesichtsfeld gleichmässig gefärbt erscheint,
so entspricht die Farbe der Glasplatte der eingestellten
Spektralfarbe und aus der hierbei notwendig gewesenen
Verstellung des Rohres 0 kann man ihre Wellenlänge
ermitteln.
In nachstehender Tabelle sind eine Anzahl in solcher
Weise bestimmter mittlerer Absorptionen von trockenen,
mit Teerfarbstoffen gefärbten Gelatinefolien angegeben,
und zum Vergleiche sind die Absorptionsmaxima beigefügt.
F arbstoff
Absorptions-
Mittel
Maximum
Naphtholgelb
455
von 455 an
Benzopurpurin
490
485
Erythrosin
532
539
Rose bengale
542
5b3
Diaminblau
580
650
Jodgrün oder Echtgrün . .
594
625
Diese Angaben können, wie aus ihrer Bestimmungs-
art hervorgeht, durchaus keinen Anspruch auf volle Richtig-
49
keit machen, ihre Genauigkeit dürfte jedoch für die Zwecke
der Praxis, denen sie hier zu dienen haben, vollständig
ausreichen.
Das Verhalten von Farbstoffen bei ihrer Mischung.
Überzieht man eine weisse Fläche mit einem Farb-
stoff, so nimmt man ihr die Fähigkeit, gewisse Strahlen-
gattungen zu reflektieren, und aus diesem Grunde erscheint
sie eben gefärbt. Legt man über die so gefärbte Fläche
eine zweite transparente Farbstoffschicht, so absorbiert diese
einen Teil der früher reflektierten Strahlen, wodurch der
Farbenton eine Veränderung erfährt, und, da die Gesamt-
menge der in unser Auge gelangenden Lichtstrahlen ver-
ringert wurde, so wird auch die Helligkeit der Fläche
herabgesetzt.
Legt man auf weisses Papier eine Eosinschicht, so
absorbiert diese die grünen Strahlen, das Papier erscheint
daher rot, weil
Weiss — Grün = Rot ist.
Überzieht man das so gefärbte rote Papier mit
einem gelben Farbstoff, der die blauen Strahlen absorbiert,
so wird es orange, weil
Weiss — Grün — Blau = Orange ist.
In gleicher Weise entzieht jede weitere Farbstoff-
schicht immer neue Strahlengattungen und wirkt so auf
den Farbenton verändernd und gleichzeitig lichtentziehend,
also verdunkelnd. Bei einer genügenden Zahl von passend
gewählten Farbschichten wird also gar kein Licht mehr
reflektiert, die Fläche erscheint schwarz. Wie man sieht,
ist das Übereinanderlegen von Farbstoffschichten der
Operation des Subtrahierens zu vergleichen.
Ganz analog verhalten sich auch die Farbstoffe, wenn
man sie nicht schichtweise übereinander legt, sondern
vor dem Aufträgen mischt: durch die einzelnen Farbstoff-
teilchen werden gewisse Strahlengattungen des weissen
vonHübl, Dreifarbenphotographie. 2. Aufl. 4
50
Lichtes zurückgehalten, und nur jene gelangen zur
Reflexion, die von keinem der beiden Farbstoffe absorbiert
wurden. Die gleiche Erscheinung tritt endlich auch beim
Mischen gefärbter Flüssigkeiten oder beim Überein ander-
legen farbiger Gläser ein.
Die Mischung von „Farbstoffen“ ist daher streng
von der Mischung farbiger Lichter, der additiven „Farben-
mischung, zu unterscheiden.
Die von Farbstoffen reflektierten Strahlengemische
lassen sich zwar auch in additiver Weise vereinen, doch
müssen zu diesem Zwecke ganz andere Wege eingeschlagen
werden. Für Versuchszwecke ist die Verwendung des
Farbenkreisels am bequemsten. Man trägt die zu ver-
einenden Farbstoffe auf eine etwa 20 cm grosse Papp-
scheibe in Form von Kreisausschnitten nebeneinander
auf und versetzt dann die Scheibe in so rasche Rotation,
dass die einzelnen Farben nicht mehr zu unterscheiden
sind, sondern die ganze Fläche gleichmässig gefärbt aus-
sieht. Die Ausdehnung der Sektoren, am Kreisumfange
gemessen, bildet das Mass für die Quantitäten der zu
mischenden Farben. Um Mischungen in beliebigen Ver-
hältnissen hersteilen zu können, benutzt man am besten
entsprechend gefärbte Papiere, aus welchen man Kreis-
scheiben schneidet. Man versieht sie mit einem radialen
Schnitt und steckt zwei oder mehrere derart ineinander,
dass jede einen bestimmten Teil der ganzen Kreis-
fläche bildet. Sämtliche Scheiben sind im Mittelpunkte
durchlocht, um sie auf die rotierende Achse aufstecken
und befestigen zu können. Als Bewegungsmechanismus
verwendet man entweder ein Uhrwerk oder besser einen
kleinen Elektromotor, oder eine mit der Hand zu
drehende Kurbel mit entsprechender Schnurscheiben-
übersetzung.
Damit eine gleichmässig gefärbte Fläche gesehen wird,
muss die Bewegung der Scheibe so rasch erfolgen, dass
51
der Yorübergang einer Farbe nur x/20 bis 1/5Q Sekunde
beträgt. Bei so raschem Wechsel der Farben vereint
sich die Erscheinung der farbigen Sektoren mit dem
Nachbilde der früher vorübergegangenen zu einer ein-
heitlichen Empfindung.
Will man die entstehende Farbenmischung mit einer
bestimmten Farbe oder mit der aus anderen Komponenten
hervorgegangenen Mischung vergleichen, so benutzt man
kleinere Papierscheiben von entsprechenden Farben, die
man gleichzeitig mit den grossen Scheiben rotieren lässt.
Fig. 12 zeigt eine solche
Anordnung. Es war zu
untersuchen, ob eine be-
stimmte Sorte Chromgelb und
Ultramarin komplementäre
Strahlengemische reflektieren.
a ist die mit Chromgelb, b
die mit Ultramarin bedruckte
Papierscheibe, und um einer
Täuschung bezüglich des ent-
stehenden Grau zu begegnen,
wurden gleichzeitig zwei
kleinere Scheiben w und s aus schwarzem und weissem
Papier mit in Rotation versetzt. Die vier Scheiben
wurden so lange gegeneinander verschoben, bis die ganze
Kreisfläche einen gleichmässig grauen Farbenton zeigte.
Die Messung der Sektoren am Kreisumfang ergab
137 Grad Chromgelb, 223 Grad Ultramarin, 147 Grad
Weiss und 213 Grad Schwarz, d. h. durch Yereinigung
der Strahlen von 0,38 Teilen Chromgelb und 0,62 Teilen
Ultramarin erhält man ein Grau, das aus 0,41 Teilen
Weiss und 0,59 Teilen Schwarz besteht, oder als Gleichung
dargestellt:
0,36 Chromgelb -J- 0,62 Ultramarin = 0,41 Weiss
-j- 0,59 Schwarz.
4*
CAMERA CLUB L
SY Catalogued & Indexed 19
a
52
Dass bei dieser und bei jeder anderen derart aus-
geführten Farbenmischung nicht der Eindruck Weiss,
sondern Grau entsteht, ist erklärlich, wenn man berück-
sichtigt, dass jedes Pigment, also jeder Sektor der Scheibe,
nur einen Teil der im weissen Lichte vorhandenen
Strahlen reflektiert, also lichtschwächer als das weisse
Papier erscheint. Die Helligkeit der Scheibenfläche wird
daher zwischen jener der beiden Pigmente liegen, und
vom Umfangs Verhältnis der Sektoren abhängen. Wäre
z. B. die Helligkeit jedes der beiden farbigen Papiere
halb so gross als jene einer weissen Fläche, so wird auch
die Mischfarbe nur diese Helligkeit zeigen. In dieser
Beziehung unterscheidet sich also die Farbenmischung am
Kreisel wesentlich von der Mischung farbiger Lichter
nach den S. 26 angegebenen Methoden, bei welcher eine
Mischfarbe resultiert, deren Helligkeit der Summe der
einzelnen Farbenhelligkeiten entspricht. Für den ent-
stehenden Farbenton gilt aber in beiden Fällen der Satz :
„Gleich aussehende Farben geben gleich aussehende
Mischungen“, und in beiden Fällen geht bei der Mischung
Farbe verloren und Weisslichkeit tritt auf.
Ganz andere Resultate werden bei der stofflichen
Mischung von Farbstoffen erhalten; die Helligkeit eines
Farbstoffes wird durch Zumischung eines zweiten stets
verringert; bei der Mischung geht zwar auch Farbe
verloren, aber gleichzeitig tritt Schwärzlichkeit auf, und
der Farbenton der Mischung hängt nicht nur vom Farben-
ton der einzelnen Komponenten, sondern auch von der,
diese bedingende Zusammensetzung der reflektierten
Strahlen, also von der Form der Absorptionsbänder, ab.
Um das Resultat einer Farbstoff mischung zu be-
stimmen, sind aus dem Absorptionsspektrum des einen
Farbstoffes alle Strahlengattungen zu entfernen, die der
andere absorbiert, die noch übrig bleibenden Strahlen
bestimmen dann den Farbenton und die Nuance der
53
Mischung. Diesem Satz kann auch folgende Fassung
gegeben werden: Das den Farbenton und die Nuance
charakterisierende Absorptionsspektrum einer Mischung
wird erhalten, wenn man die Absorptionsbänder der zu
mischenden Farbstoffe übereinander legt.
Bei diesem Vorgänge fallen entweder die Absorptions-
bänder nebeneinander, und jedes bleibt unverändert
erhalten, oder sie fallen stellenweise übereinander, kolli-
dieren also gegenseitig. Dieser Unterschied ist für das
Resultat der Farbenmischung von grösster Bedeutung und
erfordert daher eine eingehende Betrachtung.
1. Die Absorptionsbänder kollidieren nicht.
Ein solcher Fall ist in Fig. 13 schematisch dargestellt:
I entspricht dem Absorptionsspektrum eines blauen,
II dem eines gelben Farbstoffes; durch Vereinigung
beider erhält man das Absorptionsspektrum der Farbstoff-
mischung.
Denkt man sich die von den Farbstoffen I und II
reflektierten Strahlen a und b vereint, so resultiert offenbar
ein sehr weissliches Grün, da die Mischung alle Farben
des Spektrums, die grünen aber in doppelter Menge ent-
hält; mischt man die Farbe am Xreisel, so entsteht ein
mit weisslichem Grau gemischtes Grün, weil das aus der
Strahlenmischung resultierende Weiss von geringer Licht-
stärke ist, also den Eindruck eines hellen Grau hervor-
bringt; mischt man endlich die Farbstoffe als solche, so
entsteht wieder dasselbe Grün, aber ohne Zumischung von
jenem Weiss, das sich aus a und b früher ergeben hat,
54
und wenn die reflektierten Strahlen nur einer scfimalen
Zone des Spektrums entsprechen, so erscheint es schwärz-
lich nuanciert (S. 39).
Wenn also die Absorptionsbänder zweier Farbstoffe
gegenseitig nicht kollidieren, so entspricht der Farbenton
ihrer Mischung jenem, der bei der Vereinigung gleicher
farbiger Lichter entsteht. Gleich aussehende Farbstoffe
geben gleich aussehende Mischungen, und die Resultate
von Kreiselversuchen haben auch für sie Geltung.
2. Die Absorptionsbänder kollidieren. Denkt
man sich das Absorptionsband 7 (Fig. 18) soweit ver-
längert, dass es bis an das Band 77 reicht, so giebt die
Mischung der Farben strahlen Weiss, die Mischung der
Farbstoffe am Kreisel ein zwischen Weiss und Schwarz
liegendes Grau und die Substanzmischung der Farbstoffe
Schwarz.
Wächst aber das Absorptionsband des Farbstoffes 7
über jenes von 77, so giebt die Strahlen- oder Kreisel-
mischung violette Töne, während die Farbstoffmischung
wieder nur schwTarz erscheint, vorausgesetzt, dass beiden
Bändern eine genügende Dichte zukommt. Sobald sich
also die Absorptionsbänder bei der Farbstoffmischung
Übereinanderlagern, treten im Vergleich mit der Strahlen-
mischung wesentliche Differenzen im Farbenton auf.
Da die Spektren der Farbstoffe keineswegs so ein-
fach gestaltet sind, wie dies oben angenommen wurde,
und da weiter das im Spektroskop sichtbare Band uns
über die wahren Absorptionsverhältnisse eines Farbstoffes,
wie S. 46 gezeigt wurde, nur ungenügend auf klärt, so
liegt es meist ausser dem Bereiche der Möglichkeit, das
Resultat einer Mischung breitbandiger Pigmente von vorn-
herein genau zu bestimmen.
In Fig. 14 ist ein solcher Fall dargestellt. 7 ent-
spricht dem Ultramarin, 77 dem Zinnober. Da Ultra-
marin blau und Zinnober rot ist, so unterliegt es
keinem Zweifel, dass ihre Vereinigung am Kreisel Violett
geben wird.
Bei der Substanzmischung werden die beiden Ab-
sorptionsbänder zum Teil üb er ein anderfallen und zu
einem neuen komplizierten Bande vereint, dessen Gestalt
wir nur ungefähr anzugeben vermögen. Der direkte
Versuch zeigt, dass Ultramarin und Zinnober eine braune
Mischung liefern.
Aus diesen Erwägungen folgt der- für die Praxis
wichtige Unterschied zwischen breit- und schmalbandigen
Pigmenten, zwischen Teer- und Mineralfarbstoffen. Die
ersteren verhalten sich bei Mischungen wie farbige Lichter
und geben zuweilen ganz ungewohnte Mischeffekte, so
liefern z. B. blaugrüne und rotviolette Farbstoffe ein
I n
Fi g. 14.
schönes Blau, und purpur und gelbe Farbstoffe mischen
sich zu reinem Bot.
Es existiert aber auch ein Mittel, um ähnliche Misch-
effekte bei Verwendung von breitbandigen Pigmenten,
also mit den üblichen Druck- und Malerfarben, hervor-
zubringen, und dasselbe findet auch in der Technik viel-
fach Anwendung. Legt man nämlich die Farbstoff-
schichten nicht übereinander, sondern ordnet sie in
Flächen kleiner Ausdehnung nebeneinander an, bedeckt
man also die zu färbenden Körper mit kleinen, neben-
einanderliegenden Punkten oder Strichen, so können auf
grössere Entfernung die einzelnen Farben elemente nicht
mehr unterschieden werden, und man erhält einen ein-
heitlichen Gesamteindruck, der durch die Summe der reflek-
tierten Strahlen hervorgebracht wird. Diese Mischmethode
56
entspricht also vollkommen der Farbstoffmischung ain
Kreisel, und breitrandige Pigmente mischen sich daher
wie farbige Lichter.
Man macht von diesem Verfahren vielfach Gebrauch
in der Textilindustrie, besonders bei der Gobelinfabrikation,
dann aber auch in der Mal- und Drucktechnik. So
trägt der Maler bei grobkörnigen Papieren die Farbstoffe
oft derart auf, dass das hochstehende Korn und die Ver-
tiefungen verschieden gefärbt erscheinen, und in der Öl-
malerei setzt man, um solche Mischeffekte zu erzielen, die
eine Farbe in kleinen Partikelchen zerstreut auf die
andere. Zinnober und Ultramarin wirken dann wie
Violett, Rot und Grün wie Gelb u. s. w.
Von grösster Bedeutung ist diese
Methode der Farbstoffmischung für die
Technik des Farbendruckes. Wie be-
kannt, ersetzt man im Buch- und Stein-
druck, um hell gefärbte Flächen her-
vorzubringen, die glatten vollen Töne
mit Vorliebe durch ein System zarter
Fl£- i5- paralleler Linien oder eng nebenein-
ander liegender Punkte: durch einen Raster- und Punkt-
Ton. Derartig bedruckte Flächen erscheinen bei ge-
nügender Feinheit der Linien ganz gleichmässig gefärbt.
Legt man in das Punktnetz ein zweites von anderer
Farbe, jedoch derart, dass die Punkte nebeneinander fallen,
so entsteht eine scheinbar gleichmässig gefärbte Fläche,
deren Farbenton dem Mischungsgesetz für farbige Lichter
entspricht. Zinnober und Ultramarin geben also einen
violetten Farbenton.
Legt man über einen aus Linien bestehenden Ton
einen zweiten von anderer Farbe derart, dass sich die
Linien gegenseitig kreuzen (Fig. 15), so wird der Effekt
der Strahlenmischung durch die an den Kreuzungsstellen
stattfindende Farbstoffmischung um so mehr getrübt, je
57
breiter die Linien im Vergleiche zu ihren Zwischen-
räumen sind. Bildet man daher aus Rastertönen eine
von Schwarz bis Weiss reichende Skala und druckt sie
in zwei Farben übereinander, so entsteht bei Verwendung
breitbandiger Pigmente kein einheitlicher Farbenton, weil
die dunkelste Stufe die Farbe der Substanzmischung,
die hellste aber jene der Strahlenmischung zeigt. Auf
Beilage I ist ein solcher Zusammendruck aus Zinnober
und Ultramarin ersichtlich, die Volltöne erscheinen in
der Mischung braun, und mit Abnahme der Linienstärke
nähert sich der Farbenton immer mehr dem reinen Purpur.
Bei der Verwendung schmalbandiger Pigmente ent-
fallen natürlich derartige Unregelmässigkeiten, da sich
diese Farbstoffe auch bei der Substanzmischung ähnlich
den farbigen Lichtern verhalten.
Der Überdeckungsfehler. Bisher wurde stets
angenommen, dass es gleichgültig sei, ob zwei Farbstoffe
vor dem Aufträgen auf Papier gemischt, oder ob sie
einzeln übereinander aufgetragen werden. Diese Annahme
ist nur für vollkommen transparente und nicht zu dichte
Schichten zulässig. Bei den in der Praxis verwendeten
Farbstoffen trifft diese Bedingung nicht zu, und aus
diesem Grunde wird die oben liegende Schicht auf das
Aussehen der Mischfarbe viel mehr bestimmend wirken,
als das unter ihr liegende Pigment.
Bedruckt man weisses Papier erst mit einem gelben
und dann mit einem roten Farbstoff, so sollte ent-
sprechend den Farbstoffmengen vielleicht Gelborange ent-
stehen, thatsächlich bildet sich aber Rotorange, da der
gelbe Farbstoff ungenügend zur Wirkung gelangt.
Man kann den durch diesen Umstand verursachten
Fehler in der Mischfarbe als „Überdeckungsfehler“ be-
zeichnen. Wie bekannt, verhalten sich in dieser Be-
ziehung die verschiedenen Maler- und Druckfarben ausser-
ordentlich verschieden , aber selbst die durchsichtigsten
58
Lasurfarben verhindern, sobald sie ziemlich satt auf-
getragen werden, in hohem Masse die Wirkung der unter
ihnen liegenden Schicht.
Durch nachstehenden Versuch wird diese Thatsache
bestätigt. Ein Blatt Papier wurde zur Hälfte mit einer
gleichmässigen Schicht von Chromgelb überzogen, und
dann mit in Firnis geriebenem Rose bengale-Blei —
einer sehr transparenten Lasurfarbe — derart überdruckt,
dass einerseits ein Teil der Chromgelbschicht frei blieb
und anderseits der Rotdruck auch das noch freie weisse
Papier bedeckte. Ein Teil des Papieres war also nur
mit Chromgelb, ein zweiter nur mit Rose bengale-Blei
überzogen, und ein dritter enthielt die gleichen Schichten
übereinander vereint. Aus diesem wurde eine grosse und
aus dem roten und gelben Stück je eine kleine Scheibe
für Kreiselversuche geschnitten.
Wird aus den beiden kleinen Scheiben der Farbenton
der grossen nachgebildet, so muss die Grösse ihrer Sektoren,
am Umfange gemessen, den wirksamen Quantitäten der
roten und gelben Farbe im Übereinanderdruck entsprechen.
Um die Färb engl eich heit am Kreisel herzustellen, musste
die grosse Scheibe mit einer weissen kombiniert werden.
Der Versuch ergab nachstehende Gleichung:
0,34 Chromgelb -j- 0,66 Rose bengale-Blei
= 0,3 Weiss -|- 0,7 Mischfarbe.
Die Farbe der grossen Scheibe entspricht also einer
Mischung von etwa 1 Teil Chromgelb und 2 Teilen
Rose bengale-Blei, statt gleichen Teilen beider Farbstoffe,
wie es die Theorie gefordert hätte. Aus diesem Versuch
ersieht man, wie bedeutend der durch die Überdeckung
zu stände kommende Fehler selbst bei Lasurfarben ist.
Die Durchlässigkeit einer Farbstoffschicht hängt selbst-
verständlich von ihrer Dichte ab, und aus diesem Grunde
wird die Grösse des Überdeckungsfehlers auch durch die
Sättigung der Farbstoffschicht bestimmt. Bei einer satt
59
roten Schicht werden die auffallenden Lichtstrahlen schon
in dieser reflektiert und gelangen nur zum geringen Teile
zu der unteren, Gelb reflektierenden Fläche, während bei
einer hellen, wenig gesättigten roten Schicht die gelbe
Unterlage fast voll zur Geltung gelangt. Durch diesen
Umstand werden wieder Unregelmässigkeiten im Earbenton
herb eigef ährt, wenn aus verschieden dichten Schichten eine
Tonskala gemischt werden soll. Wird eine gelbe Skala
mit einer gleich abgestuften roten überdruckt, so werden
die satten Töne rotorange, die hellen aber gelborange
erscheinen.
Der Überdeckungsfehler macht sich selbstverständlich
bei Verwendung von drei Schichten noch viel mehr
geltend, daher die unterste Earbstofflage bei etwas satteren
Mischfarben kaum mehr zur Geltung gelangt.
Die Unvollkommenheit bei der Mischung überein-
anderliegender Earbstoffschichten bildet eine der wesent-
lichsten Schwierigkeiten, die sich der Ausführung des
Dreifarbendruckes entgegenstellen, sie ist Ursache, dass
die drei Farben nicht genügend verschmelzen, dass solche
Bilder den Eindruck der Earbenarmut machen, dass wir
bei ihrer Betrachtung oft unwillkürlich die Art ihrer Ent-
stehung empfinden. Vollkommen frei von diesem Fehler
sind die aus transparenten Folien zusammengesetzten Bilder,
und aus diesem Grunde bieten sie uns den Eindruck der
Homogenität, nichts mahnt uns an ihre Dreiteiligkeit.
Zusammenhang zwischen der Form des Ab-
sorptionsbandes und den Nuancen des Farb-
stoffes. Werden von dem Farbstoffgemische kom-
plementäre Strahlen reflektiert, so wird eine weissliche
Empfindung hervorgerufen, werden solche Strahlen-
gattungen absorbiert, so wird die Farbenempfindung ver-
dunkelt, sie ist durch beigemischtes Schwarz getrübt.
So entstehen durch verschiedene Form der Absorptions-
bänder weissliche und schwärzliche Nuancen.
60
Reflektiert eine Farbstoffmischung lediglich kom-
plementäre Strahlen, so entsteht die Empfindung eines
reinen, mehr oder weniger dunklen Grau. Dabei ist es für
das Aussehen der Mischung ganz gleichgültig, ob durch
das Absorptionsband das ganze Spektrum gleichmässig, aber
unvollkommen gedeckt wird, oder ob einzelne Strahlen-
gattungen von den Pigmenten vollkommen absorbiert
werden und die Testierenden sich zu Weiss mischen. Aus
Fig. 16 ist das Absorptionsspektrum von zwei grau er-
scheinenden Pigmenten ersichtlich; in I werden alle
Strahlen des Spektrums gleichmässig abgeschwächt reflektiert,
während II ein durch Mischung von drei schmalbandigen
A 8 C D E b F G
I
n
m
Fig. 16.
Farbstoffen gebildetes Grau darstellt, das seine neutrale
Farbe nur den komplementären gelben und blauen Strahlen
verdankt. Beide Grau können die vollkommen gleiche
Empfindung hervorbringen, verhalten sich aber ganz ver-
schieden bei der Mischung mit Farbstoffen. Das Grau I wird,
mit einem gelben Pigment, dessen Absorptionsspektrum
aus III zu ersehen ist, vereint, ein gelbliches Grau liefern,
während das Grau II nach der Mischung den Charakter
vollkommen einbüsst und in schwärzliches Orangerot um-
schlägt. Aus diesem Grunde erscheint es gerechtfertigt,
zwischen „echtem“ und „falschem“ Grau zu unterscheiden.
Ein lichtschwaches, also schwärzliches Rot oder
Orange bezeichnen wir als Braun. Wir erhalten diese
Empfindung, wenn die Pigmentmischung entweder nur
61
die schmale Zone dieser Spektralstrahlen voll reflektiert, oder,
wenn bei einem roten Farbstoff der Reflex der charakte-
ristischen Strahlengattungen durch ein gleichmässiges
Schattenband gedämpft wird. Der letztere Fall entspricht
der Mischung eines roten Pigmentes mit echtem Grau.
Ebenso kann das schwärzliche Grün, das wir als
„Olive“ bezeichnen, entweder durch Mischung eines
grünen Farbstoffes mit echtem Grau entstehen, oder es
verdankt seine Entstehung einem breiten, das ganze
Spektrum, mit Ausnahme des Grün, deckenden Absorptions-
bande, kann also auch durch Mischung mehrerer schmal-
bandiger Pigmente erhalten werden.
Die weisslichen Nuancen bezeichnen wir durch die
Zusätze „hell“, „blass“ und „weiss“ vor den Namen des
Farben tones, daher z. B. die Ausdrücke hellblau, blassblau
und weissblau den Übergang vom gesättigten Blau zu
Weiss darstellen.
Für die schwärzlichen Nuancen benutzt man die Be-
zeichnung „ dunkel“, z. B. dunkelblau, dunkel violett u. s. w.
In vielen Fällen werden die Nuancen mit eigenen
Namen belegt, die grösstenteils entsprechend gefärbten
Objekten entlehnt und in folgender Tabelle verzeichnet sind.
Farbenton
Bezeichnung für die Mischung mit
Weiss | Grau j Schwarz
Purpur
Rosa
Weinrot
Braun
Rot
Blassrot
Fleischrot
Kupferrot
Orange
Chamois
Gelbbraun
Gelb
Strohgelb
Graugelb
Gelbgrau
Gelbgrün
Blass grün
Graugrün
Olive
Grün
Theegrün
Blaugrün
Wasserblau
Blattgrün
Blau
Himmelblau
Blau grau
Stahlblau
Violett
Dila
Violettgrau
Dunkelviolett
62
Dieselbe Veränderung, welche ein Farbstoff bei der
Überschichtung mit einem zweiten erfährt, tritt auch ein,
wenn wir ihn mit einem gefärbten Glase bedecken, und
da es gleichgültig ist, ob dieses unmittelbar auf der
Farbstoffschicht aufliegt oder weiter entfernt ist, so er-
halten wir auch denselben Eindruck, wenn wir durch
das Glas den Farbstoff betrachten. Ein blauer Farbstoff,
durch gelbes Glas gesehen, erscheint ebenso grün, wie
seine Mischung mit einem gelben Pigment.
Analog einem farbigen Glase wirkt auch die Be-
leuchtung durch farbiges Licht, denn es ist gleichgültig,
ob wir ein Objekt durch ein gelbes Glas betrachten, oder
ob wir es mit den durch das gelbe Glas fallenden Strahlen
beleuchten.
Die künstlichen Lichtquellen, besonders das Kerzen-,
Gas- und elektrische Glühlicht sind gelblich, wenn man
das Tageslicht als Weiss annimmt, ihr Spektrum endet
vor Blauviolett. Bei solcher Beleuchtung erscheinen
daher farbige Körper wie mit einer hellgelben Schicht
überzogen, und wir können Weiss von Hellgelb, Blau
von Blaugrün und Purpur von Rot nicht unterscheiden.
Das unechte Grau erscheint daher bei künstlicher
Beleuchtung gelbbraun, während das echte Grau neben
gleichzeitig vorhandenem Weiss farblos bleibt. Daraus
erklärt sich die Erscheinung, warum transparente Drei-
farbenbilder, die unechtes Grau enthalten, bei künst-
licher Beleuchtung merkbar ihren Charakter ändern.
Auch das elektrische Bogenlicht, das man — da es
meist mit Gas- und Kerzenflammen verglichen wird —
in der Regel für bläulich hält, ist im Vergleiche mit dem
Tageslicht als gelblich zu bezeichnen.
Das Licht der künstlichen Lichtquellen lässt sich
weiss machen, also auf das Aussehen des Tageslichtes
bringen, wenn man ihm die zu Blauviolett komplementäre
63
Strahlengattung entzieht, es also durch ein ebenso gefärbtes
Medium fallen lässt.
D. Geometrische Darstellung der Farbstoff-
mischungen.
Denkt man sieh in dem Punkte A und B (Fig. 17)
zwei beliebige Farben, und werden auf der Verbindungs-
linie alle durch succesive Mischung von A mit B erziel-
baren Farbentöne aufgetragen, so bezeichnet man die
Gerade AB als „Mischlinie für die Farben A und B
Wäre z. B. in A Gelb und in B Kot angebracht, so
sind auf die Mischlinie AB alle zwischen Gelb und Kot
liegenden Töne anzuordnen. Ein Punkt der Geraden wird
A, , . .B
Cb
Fig. 17.
um so mehr Gelb enthalten, je näher er gegen M, und um
so mehr Kot, je näher er gegen B liegt; der gleich weit
von A und B entfernt liegende Punkt a entspricht daher
einer Mischung aus gleichen Teilen Gelb und Rot, im
Punkte b hat man sich die Mischung von 1 Teil Gelb
und 3 Teilen Kot zu denken u. s. w.
Denkt man sich daher in A und B die Quantitäten der
zu mischenden Farben als Gewichte angebracht, so liegt die
entsprechende Mischfarbe im Schwerpunkte der so be-
lasteten Linie, und die Quantität der in diesem Punkte
vorhandenen Mischfarbe ist gleich der Summe der in A
und B angenommenen Farbenmengen, also gleich der
Summe der daselbst gedachten Gewichte. Diese geo-
metrische Darstellung einer Farbenmischung gilt sowohl
für Farbstoffe als auch für farbige Lichter, nur wird
selbstverständlich das Mass, mit dem die Quantitäten der
zu mischenden Komponenten zu messen sind, verschieden
sein. Bei der Substanzmischung von Pigmenten kann
— 64 —
man ihr Gewicht als Mass für die Quantitäten benutzen;
mischt man Pigmentfarben am Kreisel, so werden die
Quantitäten durch die zur Wirksamkeit gelangenden
Sektoren gemessen; bei der Mischung von Spektralfarben
entspricht die Helligkeit dem Begriffe der Quantität, und
da diese, unter sonst gleichen Verhältnissen, von der Breite
der Kollimatorspalte abhängt, so wird die Quantität der
zu mischenden Farben durch die Spaltbreite gemessen.
Bei der Vereinigung von Lichtgemischen durch Spiegelung
(Photochromoskop) ist für die Quantität gleichfalls die
Helligkeit massgebend; variiert man diese durch das Vor-
schalten verschieden transparenter Medien (photographisches
Diapositiv), so entspricht die Durchlässigkeit derselben der
Quantität des zu mischenden Lichtes.
Eine für Farbstoffe geltende Mischlinie wird schwärz-
liche Nuancen enthalten, während bei Annahme von
farbigen Lichtern weissliche Nuancen vorhanden sein
werden. Sind die beiden Farben komplementär, so wird eine
Stelle der Mischlinie im ersteren Falle ein reines Schwarz
oder Grau, im zweiten Falle ein reines Weiss enthalten.
Sollen die beiden Farben A und B mit einer dritten C
kombiniert werden, so weist man dieser einen beliebigen,
ausserhalb der Mischlinie AB gelegenen Platz an (Fig. 18)
und betrachtet jede von C nach einem beliebigen Punkte
65
der Linie AB gezogene Grade wieder als Mischlinie der
an ihren Endpunkten liegenden Farben. Entsprechend
dieser Annahme liegen alle aus A, B und C möglichen
Mischfarben innerhalb des Dreieckes ABC. Nimmt man C
als blaue Farbe an, so liegen in 15, wie schon erörtert,
alle Orangetöne, in A C die grünen, in CB die violetten
Mischfarben, und das Innere des Dreieckes ist mit kon-
tinuierlichen Farbenübergängen ausgefüllt, die zu stände
kommen, wenn man die in jedem Eckpunkte angehäuft
gedachte Farbe gleichmässig nach den beiden andern
Ecken verlaufen lässt. Eine solche Fläche wird als
„Mischfläche“ bezeichnet.
Entsprechend der Entstehung der Misch fläche lässt
sich der einer bestimmten Mischung zukommende Ort in
nachstehender Weise finden: Man denke sich jene Stellen^
welche den zu mischenden Farben zukommen, mit den,
ihrer Quantität entsprechenden Gewichten beschwert und
bestimmt dann den Schwerpunkt dieses Systems; seine
Lage bezeichnet den geometrischen Ort der Mischfarbe.
Wäre z. B. 1 Teil Gelb mit 2 Teilen Eot und 1,5 Teilen
Blau zu mischen, so denkt man sich in A, B und C die
diesen Quantitäten entsprechenden Gewichte angebracht
und sucht den Schwerpunkt der so belasteten Ebene.
Betrachtet man zu diesem Zwecke zunächst nur die
auf A und B ruhenden Gewichte, so liegt der Schwer-
punkt in 6, und man hat sich in diesem Punkte, Avelcher
der Mischfarbe 1 Gelb -f- 2 Rot entspricht, ein Gewicht
von drei Einheiten, resp. 3 Teile Orange zu denken. Die
Linie b C ist nun in b mit drei, in C mit 1,5 Einheiten
beschwert, und der Schwerpunkt der so belasteten Linie
liegt in m, weil Cm = 2 bm ist.
Der Punkt m bildet also den Schwerpunkt des ganzen
Gewichtssystems, und seine Lage entspricht der Mischfarbe
aus 3 Teilen Orange -f- 1,5 Teilen Blau, somit auch jener
aus 1 Teil Gelb 2 Teilen Rot -f- 1,5 Teilen Blau.
von Hübl, Dreifarbenphotographie. 2. Aufl. 5
66
Da schon die in den Dreiecksseiten liegenden Farben
weniger rein als die in den Ecken gedachten Grundfarben
sind, so werden die im Innern des Dreiecks liegenden
Mischfarben eine weitere Abnahme der Reinheit zeigen,
sie werden mit viel Weiss, resp. viel Schwarz gemischt
sein. Ist eine der Farben in den Eckpunkten kom-
plementär zu einer Mischfarbe in den Dreiecksseiten, so
muss bei Verwendung farbiger Lichter in der Mischfläche
ein Punkt von rein weisser Farbe vorhanden sein, während
bei der Mischung von Farbstoffen dieser neutrale Punkt
grau oder schwarz ist.
Hat man für drei bestimmte Farbstoffe, z. B, für
Chromgelb, Eosinblei und Methylenblau -Lack ein solches
Earbendreieck zu konstruieren, so könnte man folgenden
Weg einschlagen: Man wählt ein Dreieck von beliebiger
Form und placiert in den Ecken desselben die drei
Farben, dann mischt man abgewogene Quantitäten derselben
in verschiedenen Verhältnissen, sucht in der früher an-
gegebenen Weise den jeder Mischung entsprechenden
geometrischen Ort, und trägt an dieser Stelle die Misch-
farbe auf. Von besonderer Wichtigkeit ist die Bestimmung
des neutralen Punktes, also jener Stelle im Dreiecke, welcher
ein neutrales Grau, resp. Schwarz entspricht. Man stellt aus
den drei Farbstoffen eine neutral schwarze Mischung her,
und ermittelt den ihr zugehörenden Punkt o mit Hilfe der
Schwerpunkts -Konstruktion aus den hierzu notwendigen
Farbstoffmengen. Hat man so die Lage einer Anzahl Misch-
farben bestimmt, so kann man das Innere des Mischdreieckes-
durch passend gewählte Farbenübergänge ausfüllen.
Farben, die sich durch Mischung der drei Farbstoffe
nicht nachahmen lassen, liegen ausserhalb des Dreieckes,,
und der ihnen zukommende Platz kann gleichfalls durch
Mischversuche ausgemittelt werden. So fehlt z. B. im
Farbendreieck „Chromgelb -Eosinblei -Methylenblau“ ein
reines Grün, da das gewählte Gelb und Blau sich nur
67
zu schwärzlichen Grün -Nuancen mischen lässt. Es wird
aber möglich sein, aus Chromgelb und Methylenblau
einerseits und aus einem reinen grünen Farbstoff und
Schwarz anderseits zwei gleich aussehende Mischungen
herzustellen. Hätte man zu diesem Zwecke 2 Teile Gelb
und 1 Teil Blau, dann 1 Teil Grün und 1 Teil Schwarz
gebraucht, so ergiebt sich die Lage des neuen Grün in
folgender Weise: Das aus Blau und Gelb entstehende
Grün liegt in der Linie AC, und zwar im Punkte n,
weil Cn = 2 An ist; das reine Grün giebt mit Schwarz
gemischt dieselbe Farbe, es muss daher, wenn o der
neutrale Punkt ist, in der Mischlinie on liegen, und da
es mit der gleichen Menge Schwarz gemischt die Farbe n
giebt, kommt ihm der Platz B zu (on = Bii).
Alle aus diesem Grün und aus Blau und Gelb zu
erzielenden Mischfarben liegen wieder im Dreieck ABC ;
fügt man also dem früheren Farbensystem Gelb -Blau-
Rot noch dieses Grün zu, so ergiebt sich dadurch der
in dem Dreieck ABC liegende Zuwachs an grünen Misch-
farben, und alle aus den vier Pigmenten zu erzielenden
Mischungen liegen innerhalb des Viereckes AB CB.
In gleicher Weise kann man eine beliebige Zahl
yon ausserhalb des Dreieckes gelegenen Farbstoffen ent-
sprechend placieren, und erhält so eine durch ein Polygon
begrenzte Farbentafel, welche die Lösung zahlreicher auf
Farbenmischung Bezug habender Aufgaben ermöglicht.
Sehr bequem und einfach gestaltet sich die Kon-
struktion einer Farbentafel mittels Kreiselversuchen. Man
benutzt mit den Farbstoffen überzogene Papiere und stellt
in der Seite 51 angegebenen Weise Farbengleichungen
her, wobei die Grösse der wirksamen Sektoren den
Quantitäten der zu mischenden Farbstoffe entspricht
Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass die am
Kreisel entstehende Mischfarbe nur im Farbenton, nicht
aber in der Nuance, der Substanzmischung gleichkommt.
5*
68
Die Farbentafel gilt auch nur für die Mischung
schraalbandiger Pigmente, denn ihr liegt die Annahme
zu Grunde, dass das Mischungsresultat lediglich von der
Farbe der Komponenten abhängt, was bekanntlich bei
breitbandigen Farbstoffen nicht der Fall ist. Eine Misch-
linie zwischen Zinnober und Ultramarin würde nicht den
Übergang über Purpur darstellen, sondern braunen Misch-
farben entsprechen. Führt man daher solche Pigmente
in die Farbentafel ein, so entspricht die ihnen zukommende
Stelle nur ihrer Farbe, nicht aber ihrem Verhalten bei
Substanzmischungen.
* Am Umfange des Polygons sind die Farbstoffe von
reinstem Aussehen angeordnet, im Innern liegt Schwarz,
und jeder von diesem Punkte zum Umfange gezogenen
Geraden entspricht eine Mischlinie zwischen Schwarz und
der Umfangsfarbe. Beschreibt man vom neutralen Punkt
eine Kreislinie, so liegen in dieser alle gleich weit von
Schwarz entfernten, also gleich reinen Farben, und wenn
man die hier vorhandenen Lücken durch Übergangs-
farben entsprechend ausfüllt, so resultiert eine in sich
zurücklaufende Farbenreihe, ein geschlossener Farbenkreis.
Die Verteilung der Töne am Farbenkreise hängt
von der gewählten Form des Mischdreieckes, mit dem
man die Konstruktion beginnt, ab. Bei verschiedenen
Dreiecksformen bleibt 'zwar die Farbentafel immer richtig,
es entsteht aber eine verschiedene Verteilung der Farben,
sowohl am Umfange, als auch im Innern des Polygons.
Durch passende Wahl des Farbendreieckes kann man
am Farbenkreise einen gleichmässigen Farbenübergang
erzielen, d. h. eine solche Anordnung, dass jeder Farben-
ton von dem benachbarten einen für unser Auge gleichen
Unterschied darbietet, und dass jedem Farbenton eine
gleiche Ausdehnung zukommt. Die Farbendifferenz zweier
Punkte wird dann durch den Winkel, welchen die nach
diesen Punkten gezogenen Badien einschliessen, gemessen.
69
Bei einer solchen Anordnung müssen offenbar die vier
Heringschen Grundfarben je 90 Grad voneinander ab-
stehen.
Eine derartige kreisförmig begrenzte Earbentafel ist
aus der Beilage II ersichtlich. Bei ihrer Konstruktion
wurde ein etwas anderer Weg eingeschlagen. Zunächst
wurden vier, den Grundfarben entsprechende Pigmente
gewählt, und auf zwei, sich unter einem rechten Winkel
kreuzenden Geraden placiert, die Kreuzungsstelle wurde
als Schwarz betrachtet und bildet den Mittelpunkt des
Farbenkreises.
Als gelbe Grundfarbe wurde Chromgelb, wie man
es beim Mischen einer Lösung von einfach chromsaurem
Kalium und Bleizucker erhält, gewählt. Es besitzt
weder einen grünlichen noch rötlichen Stich, entspricht
also der an eine Grundfarbe gestellten Bedingung. Als
grüne Grundfarbe wurde Säuregrün benutzt, das, mit
Gelatine in Wasser gelöst, auf Papier aufgetragen wird.
Ein derartig gefärbtes Papier entspricht im Farbenton
den knapp hinter b gegen F zu liegenden Spektral-
strahlen und kann weder als gelb- noch als blaustichig
bezeichnet werden.
Die beiden anderen Grundfarben müssen zu diesen
komplementär sein, und lassen sich mit Hilfe des Farben-
kreisels leicht ermitteln. Von verschieden gefärbten
Papieren entsprechen das mit Ultramarin bedruckte blaue,
resp. mit einer Mischung von Eosin- und Erythrosinblei
überzogene rote dieser Bedingung.
Sodann wurde durch Mischung von Anilinfarbstoffen
eine grosse Zahl farbiger Papiere hergestellt, die zur
Ausfüllung der Bäume zwischen je zwei Grundfarben
benutzt wurden. Nach einigen Versuchen war es leicht,
jene Farbenproben auszuwählen, die einen für das Auge
gleichmässigen Übergang von einer Grundfarbe zur
anderen bildeten.
70
Um über die Verteilung der Farbstoffe ein un-
gefähres Bild zu gewinnen, sind in der Beilage II einige
Stellen des Farbenkreises mit der ihnen zukommenden
Farbe bedruckt. Den Umfang und das Innere des
Kreises hat man sich mit den entsprechenden Farben-
übergängen ausgefüllt zu denken.
So liegt z. B. in der Mitte zwischen Bot und Gelb
ein mittleres Orange und der Radius zwischen Orange
und Schwarz ist mit den Mischungen dieser beiden
Pigmente, also mit getrübter Orange übergehend in
Braun und Schwarzbraun belegt zu denken.
Die Sättigung der am Kreisumfang liegenden Farben
ist derart anzunehmen, dass gleiche Mengen diametral
gegenüberliegender Pigmente gemischt ein farbloses Grau
oder Schwarz liefern und dass bei der Mischung von je
zwei Farbstoffen zu gleichen Teilen ein Farbenton
resultiert, welcher in der Mitte der Farben beider Kom-
ponenten liegt.
Pigmente gleicher Reinheit stehen gleich entfernt
von Schwarz und liegen daher in einem Kreis von ent-
sprechendem Halbmesser.
Die lichtechten, breitbandigen Maler- und Druck-
farben zeigen ein relativ schwärzliches Aussehen, daher
sie dem Mittelpunkt Schwarz der Farbentafel entsprechend
näher stehen müssen. In diese Gruppe von Farbstoffen
gehören die verschiedenen gelb- und blaustichigen Krapp-
lacke, dann das Pariserblau, von welchen Proben in der
Farbentafel verzeichnet sind. Die ausgesprochen schwärz-
lichen Nuancen sind durch das noch näher an Schwarz
liegende Braun und ein Grün vertreten.
Die äusserste Kreislinie repräsentiert den Farbenkreis
von Teerfarbstoffen als transparente Gelatinefolien. Solche
in der Durchsicht zu betrachtende Schichten zeigen ein
ungleich reineres Aussehen, und aus diesem Grunde
wurden sie entfernter von Schwarz angeordnet.
71
Durch Yergleich solcher Folien mit den Farben des
Spektrums, in der Seite 47 angegebenen Weise, wurde
dann die ihrem Farbenton entsprechende Wellenlänge
ermittelt und in den Farbenkreis eingetragen. Auf Grund
dieser Anhaltspunkte und mit Berücksichtigung der An-
nahme, dass sich komplementäre Wellenlängen diametral
gegenüberstehen müssen, konnte schliesslich eine voll-
ständige Wellenlängenskala am Kreisumfang gebildet werden.
Sie reicht von 640 bis 440 ji (da noch kürzere, resp.
längere Wellenlängen keine neuen Farbenempfindungen
hervorbringen) und gestattet die Charakterisierung der
Farben jedes beliebigen Pigmentes.
Wie aus der Farben tafel zu entnehmen ist, entspricht
z. B. dem Ultramarin die Wellenlänge 468, dem Zinnober
etwa 600 u. s. w., womit gesagt sein soll, dass das von
diesen Pigmenten reflektierte Licht, wenn man nur den
Farbenton in Betracht zieht, dieselbe Empfindung hervor-
bringt wie spektrales Licht von der Wellenlänge 468,
resp. 600 |i.
Mit Hilfe dieser Farbentafel lassen sich nachstehende
Aufgaben lösen:
1. Da jede in der Mischfläche gezogene Gerade eine
Mischlinie zwischen den an ihren Endpunkten liegenden
Farben ist, so kann einerseits das Resultat einer Mischung
von zwei Farbstoffen bestimmt werden, und anderseits
lassen sich die für eine bestimmte Mischfarbe not-
wendigen Bestandteile entnehmen.
Die Mischung zweier Farbstoffe wird um so schwärz-
licher, je weiter dieselben im Farbenkreise voneinander
abstehen. So enthält das aus Pariserblau und Chromgelb
entstehende mittlere Grün, sogen. Seidengrün, etwa
75 Prozent Schwarz, denn die beiden Farbstoffe stehen
etwa 150 Grad voneinander ab.
Dasselbe Grün wird daher erzielt, wenn man 1 Teil
reines Grün mit 3 Teilen Schwarz mischt. In der
72
Beilage I ist diese Färb engl eichung graphisch dargestellt,
wobei die Grösse der Farbenflächen den Quantitäten der
einzelnen Komponenten entspricht.
Beträgt die Entfernung zweier Farbstoffe 180 Grad,
liegen sie also diametral gegeneinander, so ergänzen sie
sich zu Schwarz und bei geringer Sättigung zu Grau. So
ist ersichtlich, dass eine Benzopurpurin - und Echtgrün-
folie, übereinander gelegt, ein fast neutrales Grau geben.
Da zwei beliebige, in einem Durchmesser gelegene
Farben komplementär sein müssen, wenn sie nur beider-
seits des neutralen Punktes liegen, so lassen sich von
jeder Umfangsfarbe eine unendliche Zahl komplementärer
Nuancenpaare ableiten. Blaugrün ist nicht nur zu Rot,
sondern auch zu Braun, Gelb auch zu Stahlblau, Violett
auch zu Olivgrün komplementär. Der Begriff einer
Komplementärfarbe ist also ganz unbestimmt, sobald man
auch die Farbennuancen berücksichtigt.
Weiter ist ersichtlich, dass man z. B. die Farbe des
Pariserblau durch Mischung von Brillantgrün und Methyl-
violett hervorbringen kann, da es in der Mischlinie dieser
Pigmente liegt, und zwar sind, entsprechend seiner Lage
in der Mitte dieser Linien, etwa gleiche Teile beider
Farbstoffe zu mischen.
Die Farbe des Berlinerblau kann auch aus etwa
8 Teilen Rhodaminlack und 5 Teilen Viridinlack oder
durch Zusatz von einem Fünftel Indischgelb zu Methylen-
blau-Lack erhalten werden.
Das in der Farbentafel verzeichnete Braun ergiebt
sich durch Mischen von Violettlack mit Chromgelb, aus
gelblichem Rot mit Schwarz, aus Fluoresceinblei mit
Methylenblau -Lack; es entsteht auch, wenn mit Methyl-
violett und Pikrinsäure gefärbte Folien übereinander ge-
legt werden u. s. w.
Ebenso lassen sich drei oder mehr Farbstoffe wählen
und ihre Mengen bestimmen, um eine Mischung von
73
bestimmter Farbe zu erzielen. Pariserblau kann durch
Vereinigung von 7 Teilen Pfaublau, 1 Teil Chromgelb
und 1,8 Teilen Rhodaminlack nachgebildet werden, und
soll das oben erwähnte Seidengrün aus Gelb, Purpur
und Blaugrün gemischt werden, so hat man etwa 1 Teil
Chromgelb mit 1 Teil Blaugrün und x/2 Teil Nachtrosa
zu vereinen.
Wie man sieht, lassen sich alle innerhalb der Farben-
tafel liegenden Farben in unendlich verschiedener Weise
durch Mischung hersteilen.
2. Verbindet man drei bestimmten Farbstoffen ent-
sprechende Punkte, so schliesst das Dreieck alle aus diesen
erzielbaren Mischfarben ein, während ausserhalb des Drei-
eckes liegende Farben nicht zu erhalten sind. Je grösser
daher der Flächeninhalt des Dreieckes, desto grösser die
Zahl der möglichen Mischfarben. Drei Farbstoffe, deren
Verbindungslinien ein stumpfwinkeliges Dreieck bilden,
können keine Schwarz- oder Graumischung geben u. s. w.
Zieht man von einem Farbstoff des Farbenkreises
eine gerade Linie durch den neutralen Punkt, so findet
man jene Stelle des Spektrums, die der „mittleren“
Absorption dieses Pigmentes entspricht. So entnimmt
man z. B. für den Farbstoff Nachtrosa die mittlere
Absorption, sie entspricht der Stelle D^I^JE im Spektrum.
Aus diesen Ausführungen lässt sich der hohe Wert
einer solchen geometrischen Darstellung des Farben-,
resp. Farbstoff -Mischungsgesetzes entnehmen. Weder der
Maler, noch der in Farbenzusammenstellungen geübte
Techniker vermögen Fragen, wie die eben aufgeworfenen,
durch Überlegung und Erfahrung zu lösen. Ein Blick
auf die Farbentafel belehrt uns über das Resultat der
kompliziertesten Mischung, sie gewährt uns einen klaren
Einblick in den gegenseitigen Zusammenhang der Farben
und ermöglicht die Lösung aller auf Farbenmischung
Bezug habender Probleme. Ein solches Problem ist auch
74
der Dreifarbendruck, und nur an Hand der Farbentafel
ist eine rationelle Behandlung desselben möglich.
Die spektrale Mischlinie.
Streckt man den Farbenkreis in eine gerade Linie
aus, so erhält man ein Farbenband, das sich — abgesehen
von dem Vorhandensein der Purpurtöne — vom Spektrum
dadurch unterscheidet, dass jede Farbe den gleichen
Raum einnimmt und gleiche Sättigung besitzt. Der die
Farben des Spektrums enthaltende Teil dieses Farben-
bandes ist in Fig. 19 dargestellt. Es darf mit einem
Spektrum nicht verwechselt werden, und die Fraun-
BC D E b F GH
Ti — i — r 1 1 1 1 — i — i r i — i H — i 1 t — i
10 600 90 80 70 60 50 40 30 20 10 500 90 80 70 60 450 ~
B orange gelb .gelb rei n blau blau o
2 g?un >
Fig, 19.
hof er sehen Linien, sowie die Wellenlängenskala charakteri-
sieren lediglich den Farbenton der betreffenden Stelle.
Zieht man nur kürzere Strecken des Bandes in Betracht,
so entspricht es den Eigentümlichkeiten einer Mischlinie
und soll daher als „spektrale Mischlinie“ bezeichnet
werden.
Mit dem Normalspektrum steht diese Farbenlinie in
'einem gewissen Zusammenhang: Wenn man nämlich
annimmt, dass im weissen Lichte die Strahlen verschiedener
Wellenlänge in gleicher Menge Vorkommen, dass also
gleich viel Ätherwellen von jeder Schwingungszahl vor-
handen sind, so repräsentiert das Gitterspektrum eine
mit Strahlen gleichsam gleichmässig belastete Linie, und
diese Eigentümlichkeit zeigt auch die erwähnte Misch-
linie, wenn man weiter annimmt, dass zur Bildung von
75
"Wciss ans komplementär gefärbten Strahlen gleiche Inten-
sitäten des Lichtes, gleiche Konzentrationen notwendig sind.
Die Sättigung der Farbe wäre bei diesen Voraus-
setzungen in beiden Fällen die gleiche, nur ihre Aus-
dehnung, daher auch ihre Quantität ist verschieden. Im
Spektrum ist ein Überschuss an Grün und Blau, besonders
aber an Rot vorhanden, sonst könnte bei der Yereinigung aller
Spektralstrahlen nicht Weiss resultieren, und in der Misch-
liniewird der Überschuss dieser Farben durch Purpur ersetzt.
Die oben gemachte, vielleicht nicht ganz zutreffende
Annahme bezüglich des Zusammenhanges zwischen der
Mischlinie und dem Normalspektrum gewährt den Vorteil,
dass sich die Theorie der photographischen Farbenzer-
legung höchst einfach, ohne Zuhilfenahme eines Experi-
mentes entwickeln lässt.
Der Vorgang hierbei ist so klar und durchsichtig,
dass sich jede diesbezügliche Frage, mag sie scheinbar
noch so kompliziert sein, mit grösster Leichtigkeit beant-
worten lässt.
Abweichungen vom Gesetz der Pigmentmischung.
Bei der thatsächlichen Mischung von Farbstoffen
beobachtet man gewisse Abweichungen von der durch
•die Farbentafel Beilage II ausgesprochenen Gesetzmässig-
keit, die etwas näher betrachtet werden müssen.
Wie schon wiederholt erwähnt, ist das Gesetz der
Strahlenmischung auf Pigmente nur anwendbar, wenn bei
der Mischung der letzteren die Absorptionsbänder gegen-
seitig nicht kollidieren. Benutzt man aber grüne Farb-
stoffe zur Mischung mit Gelb oder Blau, so ist diese
Forderung nicht erfüllbar, weil erstere stets ein in spek-
tralem Blau und Gelb gelegenes Band zeigen. Das
Absorptionsband des gelben und blauen Farbstoffes fällt
dann auf eine im Spektrum bereits gedeckte Stelle und
kommt nur ungenügend zur Geltung.
76
Diese Erwägungen erklären die Thatsacke, dass das
Aussehen eines grünen, ziemlich satten Farbstoffes durch
Zumischung mässiger Mengen gelber oder blauer Pigmente
kaum, oder doch nicht in dem Masse verändert wird, wie
es das Mischgesetzt verlangt.
Eine weitere Unregelmässigkeit zeigt sich, wenn
man Gelb oder Blaugrün durch Pigmentmischungen her-
zustellen versucht. Das weisse Licht enthält, wie das
Spektrum zeigt, nur eine geringe Menge gelber Strahlen,
und ein Körper verdankt seine gelbe Farbe weniger dieser
Strahlengattung als dem stets gleichzeitig reflektierten
Rot und Grün. Ein Orangepigment reflektiert aber keine
grünen Strahlen und ein grünes keine roten, daher in
der Mischung beide fehlen müssen und kein Gelb ent-
stehen kann. Das Absorptionsband der Mischung liegt
über den Komplementärfarben Rot und Blaugrün, daher
nur ein durch Schwarz getrübtes Gelb, also Braun, ent-
stehen kann (Seite 88).
Die gleiche Erscheinung beobachtet man bei der
Mischung von grünen und blauen Farbstoffen zu Blau-
grün.
Das reine Blaugrün ist eine Farbe, der man selten
begegnet; die Pracht der Pfauenfeder ist ihr zu danken,
und der eigentümliche Reiz, den der klare Gebirgsbach
und die Gletscherspalte auf uns ausüben, ist nicht zum
geringsten Teile ihrer eigentümlichen Färbung zuzuschreiben.
Dieses Blaugrün kann mit einer Blau -Grünmischung nie-
mals verwechselt werden und unterscheidet sich von dieser
ebenso wie das reine Gelb von jenem gelblichbraunen
Gemisch, das wir aus Orange und Gelbgrün erhalten.
Reines Blaugrün wird nämlich nur empfunden, wenn
der Körper nebst diesen Strahlen auch die gesamten
blauen und grünen reflektiert, und das kann bei einer
Mischung, die ein grünes Pigment enhält, nicht der
Fall sein.
77
Wie man sieht, hört also die volle Richtigkeit der
Farbentafel auf, sobald Grün eine Mischkomponente bildet.
Für alle anderen Teile des Farbenkreises lassen sich
Pigmente finden, bei deren Mischung die auftretende
Schwärzlichkeit dem durch die Farbentafel ausgesprochenen
Gesetze folgt. Allerdings begegnet man dabei einer
eigentümlichen Erscheinung, welche die Richtigkeit der
geometrischen Darstellung in Frage zu stellen scheint.
Mischt man z. B. gleiche Teile der 120 Grad von-
einander abstehenden, in a und c gelegenen Farbstoffe
(Fig. 20), so resultiert
das in d liegende
schwärzliche Grün, das
sich auch durch Ver-
einigung der reinen Um-
fangsfarbe (/mit Schwarz
ergiebt. Da der Winkel
a 8fr 60 Grad ist, so be-
steht die Mischfarbe d
aus ungefähr gleichen
Teilen reinem Grün und
Schwarz.
Diese Folgerung der Theorie wird aber durch die
Erfahrung keineswegs bestätigt, da man aus Blaugrün
und Gelb ein recht reines Grün zu mischen vermag.
Wir begegnen hier einem Widerspruch zwischen Theorie
und Erfahrung, der sich aber durch den Umstand auf-
klärt, dass der Zusatz von Schwarz zu einem reinen
Farbstoff nicht proportional dem Mischungsverhältnis
empfunden wird.
Die gleiche Erscheinung kann man bei Mischungen
von Weiss mit Schwarz beobachten. Bei einem Zusatz
von 10 bis 20 Prozent Schwarz empfinden wir kaum
eine wesentliche Verdunkelung, wenn nicht ein rein
weisses Objekt zum Vergleich benutzt wird; eine Kreisel-
roth
78
mischung von gleichen Teilen Weiss nnd Schwarz er-
scheint uns hellgrau und keineswegs in der Mitte zwischen
Weiss und Schwarz liegend, und erst eine Mischung von
etwa 20 Teilen Weiss mit 80 Teilen Schwarz bezeichnen
wir als „ mittleres “ Grau.
Ganz anders verhält sich in dieser Beziehung eine
weisse Eläche, die mit einem zarten Linien- oder Punkt-
netz überzogen wird. Eine solche Eläche erscheint in
der durch das Yerhältnis „Weiss : Schwarz “ bedingten
Helligkeit, sie macht also z. B. den Eindruck eines
mittleren Grau, wrenn die schwarzen Linien gleich den
weissen Zwischenräumen gewählt werden.
Offenbar handelt es sich hier um einen Unterschied
zwischen objektiver Helligkeit und subjektiver Em-
pfindung. Bei der Betrachtung der liniierten oder punk-
tierten Eläche wird ein Teil der Netzhaut unseres Auges
durch die schwarzen Elemente von der Weissempfindung
ausgeschaltet, daher der Reiz der thatsächlich vorhandenen
Menge Weiss entspricht, während uns die Helligkeits-
unterschiede homogener Grundtöne nicht proportional
ihrem Weissgehalt erscheinen.
Eechner hat bekanntlich den gesetzmässigen Zu-
sammenhang zwischen der objektiven Helligkeit und der
subjektiven Empfindung klargestellt. Barch einen Ver-
gleich von Rastertönen mit homogenen grauen .Kreisel-
mischungen konnte die Richtigkeit des Eechn ersehen
Gesetzes direkt bestätigt werden.
Zu diesem Zwecke wurde auf Papier durch ver-
schieden starke schwarze Linien eine Skala von fünf
verschiedenen Helligkeiten hergestellt, wobei die Breite
der Linien zwischen 0,05 und 0,40 mm variierte und
durch Messung der Linienbreite, und der Zwischenräume
konnte die Helligkeit der Rastertöne ermittelt werden.
Sodann wurden am Kreisel mit Hilfe einer weissen und
schwarzen Papierscheibe die Helligkeiten dieser Linien-
79
töne nachgebildet, die Winkel der weissen Sektoren ge-
messen und daraus die Helligkeit des homogenen Grau
gerechnet.
Die Rastertöne wurden dabei aus solcher Entfernung
betrachtet, dass die Linien noch vollständig sichtbar
waren; die Fläche erscheint zwar nicht homogen, bei
einiger Übung und mehrmaliger Wiederholung des Ver-
suches gelingt aber der Vergleich ohne besondere Schwierig-
keiten. Die objektive Helligkeit des am Kreisel gebildeten
Grau ist aus seiner Zusammensetzung bekannt, und aus
der Rasterfläche von gleicher Helligkeit erfahren wir die
subjektive Empfindung.
Das Resultat derartiger Versuche ist in Fig. 21
graphisch dargestellt. Als Abscissen sind die objektiven
Helligkeiten der Kreiselmischungen und als Ordinaten
die zugehörigen subjektiven Empfindungen aufgetragen.
Wären subjektive und objektive Helligkeit einander gleich,
so müsste für ihren Zusammenhang die Gerade oa resul-
tieren, denn es müsste dann z. B. der Kreiselhelligkeit
80
0,5 ein Rasterton von gleichen Teilen Schwarz und
Weiss entsprechen.
Die aus der Figur ersichtliche Kurve zeigt das Aus-
sehen einer logarithmischen Linie, daher die subjektive
Helligkeitsempfindung in logaritbmischer Progression mit
der objektiven Helligkeit wächst.
Ein Grau z. B., das aus 3,5 Teilen Weiss und
6,5 Teilen Schwarz besteht, sehen wir mehr als noch
einmal so hell, als es sein sollte, und von dem Schwarz-
gehalt einer Mischung von gleichen Teilen Schwarz und
Weiss nehmen wir nur den vierten Teil wahr.
Auf der Beilage I sind drei Grautöne mit 75,50 und
25 Prozent Schwarz ersichtlich, welche die erwähnte
Eigentümlichkeit solcher Mischungen in klarer Weise
zeigen.
Es ist wohl anzunehmen, dass auch hei der Mischung
von Schwarz mit den Farbstoffen ähnliche Erscheinungen
auftreten müssen, wobei allerdings noch zu entscheiden
wäre, inwiefern das Gesetz durch die Helligkeit der
Farbe beeinflusst wird.
Jedenfalls sind aber diese Verhältnisse von grösster
Bedeutung für die Farbstoffmischungen, weil nur ein
Teil ihres Schwarzgehaltes zur Wahrnehmung gelangt, sie
also reiner erscheinen, als sie es thatsäehlich sind.
Das aus gleichen Teilen Pariserblau und Chromgelb
entstehende Grün enthält nach dem Farbenmischgesetz
etwa 3/4 Schwarz (Seite 71). Würde unsere Empfindung
dem Mischungsgesetze folgen, so könnte bei Vereinigung
dieser Farbstoffe nur ein grünstichiges Grau entstehen,
da aber bei 75 Prozent Schwarz nicht die subjektive
Helligkeit 0,25, sondern 0,64 resultiert, so tritt die
Schwarzempfindung derart zurück, dass das gemischte
Grün noch hinreichend rein erscheint.
Für zwei im Farbenkreise 120 Grad voneinander
abstehende Pigmente liegen die Verhältnisse noch günstiger.
81
Der Schwarzgehalt der mittleren Mischfarbe beträgt, wie
oben dargethan wurde, 52 Prozent, und sie sollte eigent-
lich eine zwischen der Parbe und Schwarz in der Mitte
gelegene Empfindung hervorrufen. Das ist aber keines-
wegs der Fall, denn eine Mischung mit 52 Prozent
Schwarz zeigt die subjektive Helligkeit von fast 0,9, es
scheint daher, als ob sie nur mit 10 Prozent Schwarz
verunreinigt wäre. Wir erhalten daher eine Grünnuance,
die dem Aussehen nach nicht im Punkte d der Farben-
tafel (Fig. 20), sondern in e, also viel weiter entfernt
von Schwarz liegt.
Bestimmt man in gleicher Weise die subjektive
Reinheit aller in der Mischlinie ac liegenden Farben, so
erhält man die Kurve aec , in der sie zufolge ihres Aus-
sehens anzuordnen wären.
Die bei der Mischung von Pigmenten entstehenden
Farben erscheinen uns also viel reiner als sie es that-
sächlich sind, und aus den in den Punkten a, b und c
liegenden Farbstoffen lassen sich nicht nur die innerhalb
des Dreieckes abc befindlichen Farben erzielen, sondern
alle von den Kurven e, f und h umschlossenen Nuancen
sind durch ihre Mischung zu erhalten. Ohne diese
Eigentümlichkeit unserer Empfindung wäre die Technik
des Malens, sowie die Ausführung des Farbendruckes
gar nicht möglich.
von Hübi, Dreifarbenphotographie. 2. Aufl.
6
II. Abschnitt.
Theorie und Praxis des Dreifarben-
druckes.
Sollen bei der Reproduktion eines farbigen Gegen-
standes nur drei Farbstoffe zur Verwendung gelangen,
so muss ihnen, wenn thunlichste Originaltreue erzielt
werden soll, eine ganz bestimmte Beschaffenheit zukommen.
Sie sind offenbar derart zu wählen, dass eine thunlichst
grosse Zahl möglicher Mischfarben resultiert.
Erst wenn diese Wahl getroffen ist, kann an die
entsprechende Zerlegung der Originalfarben auf photo-
graphischem Wege geschritten werden. Die Farben wähl
ist also ganz unabhängig vom photographischen Prozess,
dagegen steht dieser im engsten Zusammenhänge mit der
getroffenen Wahl, denn ihm kommt die Aufgabe zu, das
Original in drei monochrome Teilbilder von der Farbe
der gewählten Pigmente zu spalten.
A. Die theoretische Grundlage des Dreifarben-
druckes.
Die Theorie des Dreifarbendruckes gliedert sich in
zwei Teile. Der erste befasst sich mit der Wahl eines
passenden Farben Systems, der zweite beschäftigt sich mit
der Herstellung der Negative.
a) Die Wahl der Farben.
Um mit Hilfe von drei Farbstoffen eine thunlichst
grosse Zahl von Mischfarben zu erzielen, muss das der
83
Farbentafel eingeschriebene Mischdreieck einen möglichst
grossen Flächeninhalt aufweisen; man hat also Farb-
stoffe zu wählen, die weit von Schwarz abstehen und
deren Yerbindungslinien ein gleichseitiges Dreieck er-
geben.
Die erste Forderung drängt zu der Verwendung der
reinen, feurigen Pigmente aus dem Kreise der Teerfarb-
stoffe, und um die zweite zu erfüllen, hat man drei in
gleichen Abständen auf der Kreisperipherie liegende Farb-
stoffe zu wählen.
Die Wahl schmalbandiger Farbstoffe ist aber auch
geboten, weil nur diese bei ihrer Vereinigung dem Farben-
mischungsgesetz folgen und von den durch breite Ab-
sorptionsbänder bedingten, nicht vorauszusehenden Un-
regelmässigkeiten frei sind.
Wenn die Mischung eines roten und blauen Farb-
stoffes statt violett braun erscheint, was z. B. bei Zinnober
und Ultramarin der Fall ist, so sind sie für den vor-
liegenden Zweck gewiss nicht verwendbar.
Je drei im Farbenkreise 120 Grad voneinander ab-
stehende, schmalbandige Pigmente würden also ein für
den Dreifarbendruck brauchbares Farbensystem bilden,
und es wäre eine unendliche Zahl solcher theoretisch
gleichwertiger Systeme möglich.
Da aber, wie Seite 76 gezeigt wurde, Gelb durch
Pigmentmischung nicht hergestellt werden kann, so muss
dieses eine der drei Grundfarben bilden.
Mit dieser Annahme ist auch das einzig theoretisch
richtige Farbensystem vollkommen bestimmt, da sich die
beiden anderen, 120 Grad von Gelb entfernten Farbstoffe
mit Blaugrün und Purpur ergeben.
Das diesen Tönen entsprechende Dreieck ist in der
Farbentafel (siehe Beilage II) eingezeichnet; wie ersicht-
lich, entspricht es den Farbstoffen: Kadmiumgelb, dann
dem zwischen Rose bengale- und Erythrosin -Blei liegenden
6*
84
Nachtrosa, und einem zwischen Pfaublau und Viridingrün
gelegenen Farbstoff.
Ein allzu peinliches Einhalten dieser Töne ist nicht
nötig, weil geringe Abweichungen im Farbenton ohne
Einfluss auf den Inhalt des Farbendreieckes sind. Das
Gelb muss jedoch unbedingt richtig gewählt werden und
darf keineswegs rotstichig sein, da sonst neutral reines
Gelb, das durch Mischung nicht zu erzielen ist, fehlen wnirde.
Inwiefern es möglich ist, mit diesen drei Farbstoffen
alle in einem Gemälde vorhandenen Farbentöne und
Nuancen wiederzugeben, lehrt gleichfalls die Farbentafel.
Weder in der Natur, noch in einem Gemälde begegnen
wir jenen reinen Tönen, wie sie uns in den Teerfarb-
stoffen zur Verfügung stehen. Der Maler verwendet nur
ausnahmsweise seine reinen Farbstoffe, er arbeitet in der
Regel mit gemischten, also unreinen Farben, und das
Gemälde verdankt seine leuchtende Farbenpracht nicht
der Verwendung greller Farbstoffe, sondern der Kontrast-
wirkung, die durch Nebeneinanderst eilen der Farben zu
stände kommt. Die üblichen Maler- und Druckfarben
werden von dem kleineren Kreise, auf dessen Umfang
Pariserblau und Krapplack placiert ist, ein geschlossen, und
da dessen Inhalt fast ganz in das angenommene Farben-
dreieck fällt, so müssen, bei Berücksichtigung des Um-
standes, dass uns die Mischfarben viel reiner erscheinen,
als sie es thatsächlich sind, die gewälten Grundfarben
für die Wiedergabe aller in einem Gemälde vorhandenen
Farben vollkommen ausreichen.
Noch günstiger gestalten sich diese Verhältnisse bei
transparenten Dreifarbenbildern, die durch Uebereinander-
legen gefärbter Gelatinefolien hergestellt werden, da den
Farben solcher Folien der äussere Kreis entspricht (Seite 70).
Wählt man als Grundfarben für Transparentbilder:
Naphtholgelb, Erythrosin und Echtgrün, so umschliesst
das Farbendreieck reichlich alle Natur- und Malerfarben.
85
Gegenwärtig benutzt man für den Dreifarbendruck
keine Teerfarbstoffe, sondern trachtet, mit lichtechten
Druckfarben das Auslangen zu finden, und wählt zu
diesem Zwecke meist die Farbstoffe: Chromgelb, Krapp-
lack und Pariserblau. Dieser Kombination entspricht, wie
die Farbentafel zeigt, ein kleines, bezüglich der violetten
und grünen Mischfarben ungünstig gestaltetes Farben-
dreieck. Jeder Maler würde den Versuch, mit diesen
drei Farben ein Bild zu kopieren, als undurchführbar
ablehnen, denn die Erfahrung lehrt ihn, dass bei ihrer
Mischung nur schmutzige Töne zu stände kommen. Und
doch will man mit diesen Farbstoffen einen Originaltreuen
Dreifarbendruck erzwingen.
Bei der Ausführung dieses Verfahrens hat man es
eben mit so vielen Fehlerquellen zu thun, dass man,
wenn die einzelnen Phasen des Prozesses nicht strenge
auseinandergehalten werden, nur zu leicht falsche Schlüsse
zieht. So sucht man vielleicht das ungünstige Resultat
infolge schlecht gewählter Grundfarben im photographischen
Prozess und jagt dann ganz unerreichbaren Phantomen nach.
Im Dreifarbendruck müssen die Intensitäten der drei
monochromen Drucke den Seite 70 präzisierten Einheiten
entsprechen; die Farben müssen im Gleichgewichte sein,
keine darf auf Kosten der anderen zurückgesetzt er-
scheinen. Volle rote und gelbe Töne müssen ein für
unser Auge in der Mitte liegendes Orange geben, das
volle Rot und Blau und das volle Gelb und Blau müssen
sich zu mittlerem Violett, resp. Grün vereinen. Gleich-
zeitig sollen die Farbstoffschichten, übereinandergelegt,
sich zu neutralem Schwarz ergänzen.
Diesen Bedingungen entsprechen nur drei im Farben-
kreis symmetrisch angeordnete Pigmente, denn der Schwer-
punkt des in den Ecken gleichmässig belasteten Farben-
dreieckes liegt dann im neutralen Punkt des Farben-
kreises.
86
Wählt man aber, wie in Fig. 22, drei ungleich weit
voneinander abstehende Pigmente B1 R und (x, und ent-
spricht s dem Mittelpunkte des Farbenkreises, also der
Lage von Schwarz, so erhält man bei der Mischung gleicher
Teile Grundfarben statt Schwarz ein Kotbraun von der
Farbe «, da bei gleicher Belastung der Punkte B , R , G
der Schwerpunkt des Systems in diesem Punkte liegt.
Soll aus diesen Farben Schwarz, resp. Grau ent-
farbendruckes fehlt Rot, und wahrt man das Farben-
gleichgewicht, so muss man eine Verschiebung der schwärz-
lichen Nuancen in den Kauf nehmen. Statt neutralem
Grau wird dann ein bräunliches Grau entstehen, und
ersteres wird dort auftreten, wo grünliches Grau zu stände
kommen sollte.
Derartige Erscheinungen müssen bei der Wahl von
Gelb, Krapplack und Pariserblau als Druckfarben auf-
treten, und thatsächlich zeigen die jetzt üblichen Drei-
farbendrucke beim ersten Andruck stets ein aus-
gesprochenes Braun an Stelle des Grau. Da man jedoch
durch Ausnutzung des Überdeckungsfehlers und durch
stehen, so muss die Quantität Kot
R
auf etwa die Hälfte
restringiert werden.
Man hat 1 B -j- 1 G
-j- 4/7 R zu mischen.
B
ungen, dennreduziert
man die Intensität
des Rotdruckes, so
entsteht zwar Grau
und Schwarz an rich-
tiger Stelle, aber im
Kolorit des Drei-
B R G entsprechen
somit nicht den oben
gestellten Beding -
Die drei Farben
Fig. 22.
87
Retouche die erwähnte Unvollkommenheit grösstenteils
zu korrigieren vermag, so ist das lichtechte Farbensystem:
Chromgelb -Krapplack -Pariserb] au keineswegs gänzlich zu
verwerfen, denn die Vorteile einer lichtechten } für den
Druck sich gut eignenden Farbe sind von zu grosser
Bedeutung für die Praxis.
Wir müssen uns aber klar darüber sein, welche
Fehler wir mit dieser Farbenwahl in den Kauf nehmen.
Und wenn das scheinbare Übermass an Rot das reine
Grün und Blau verdirbt, und anderseits statt Rot nur
Orange entsteht, wenn wir kein Schwarz und Grau er-
zielen können, ohne das Gleichgewicht aller Farbeu zu
stören, wenn die Negative trotz der vorzüglichsten Filter
nicht das richtige Aussehen zeigen wollen, so sollen wir
den Fehler dort suchen, wo er wirklich liegt, und nicht
vielleicht Ideen über eine unmögliche Farbentrennung
nach jagen.
Man benutzt daher gegenwärtig zwei Grundfarben-
systeme, welche die Basis für die weiteren Ausführungen
bilden sollen:
a) das theoretisch richtige Dreifarbensystem: Gelb,
Purpur und Blaugrün, welchem die Druckfarben
Kadmium- oder helles Chromgelb, Nachtrosa und
grünstichiges Pfaublau entsprechen, und
b) das lichtechte Farbensystem, repräsentiert durch die
Farbstoffe: Gelb, Krapplack und Pariserblau.
Die Beilage I zeigt die beiden Farbensysteme und
die beim Übereinanderdruck sich ergebenden Mischfarben.
Das theoretisch richtige System findet in der Praxis
des Dreifarbendruckes keine Verwendung, da es bisher
nicht gelungen ist, derartige lichtechte Farbstoffe her-
zustellen; es kommt aber bei der Färbung der Teilbilder
für Dreifarben -Transparentbilder zur Anwendung.
Das aus der Beilage I ersichtliche Gelb und Rot
entsprechen in jeder Beziehung, dem Blaugrün fehlt aber
88
die volle Reinheit, daher auch seine Mischling mit Gelb
nicht jenes tadellose Grün giebt, wie es die Theorie
fordert.
Das zweite Farbensystem zeigt jene Druckfarben,
die man benutzen muss, wenn unbedingte Lichtechtheit
gefordert wird. Sie geben aber nur ein schmutziges
Grün und Orange, zeigen die sonstigen schon oben be-
sprochenen Fehler und fordern daher stets eine ausgiebige
Retouche der Druckplatten, wobei insbesondere die Rot-
platte eine eingehende Korrektur erfahren muss.
Allerdings darf man nicht glauben, dass bei Be-
nutzung richtiger Farben die Retouche gänzlich entfällt,
denn der Überdeckungsfehler, sowie die jeder photo-
mechanischen Druckform anhaftenden Mängel lassen eine
manuelle Nachhilfe nicht entbehren.
Yiel Verwirrung hat seiner Zeit das Schlagwort
von der „Unreinheit“ der Pigm entfärben verursacht. So
soll eine richtige Wiedergabe der Farbe durch den Drei-
farbendruck nicht möglich sein, weil die Farbe der Pig-
mente, im Gegensätze zu den Spektralfarben, „unrein“
ist. Dabei wTird der Ausdruck „Unreinheit“ bald für die
Schwärzlichkeit, bald für die Gegenwart verschieden-
farbiger Strahlen im reflektierten Lichte gebraucht.
Die Schwärzlichkeit unserer Farbstoffe kann lediglich
zur Folge haben, dass die im Dreifarbendruck vorhandenen
Mischfarben schwärzlicher als jene im Originale erscheinen,
auf die Richtigkeit der Farbe selbst, also auf den Farben-
ton, ist sie ganz ohne Einfluss. Der Umstand dagegen,
dass z. B. das Chromgelb nebst den gelben auch rote und
grüne Strahlen aussendet, ist ohne jede Bedeutung für
die theoretische Möglichkeit des Dreifarbendruckes. Auch
das farbige Glas lässt nur gemischtes Licht durch, und
doch verhält sich dieses bei der Mischung genau so wie
spektrale Lichtstrahlen, dann das durch eine gelbe Glas-
scheibe fallende Licht, das aus roten, gelben und grünen
89
Strahlen besteht, zeigt bei der Farbenmischung ganz
dasselbe Verhalten, wie das spektrale Gelb.
Schliesslich mögen noch der Farbenwahl für die
Bilder des Photochromoskopes und der polychromen
Projektion einige Worte gewidmet werden. Bei diesen
Verfahren entstehen die Bilder durch Mischung farbiger
Lichter, daher man das Grundfarbensystem aus einer
für solche Mischungen geltenden Farbentafel zu ent-
nehmen hat.
Diese Farbentafel unterscheidet sich von der früheren
lediglich dadurch, dass der neutrale Punkt durch Weiss
gebildet wird, dass daher das Innere des Farbenkreises
mit weisslichen Nuancen der Umfangsfarben ausgefüllt
ist. Die Grundfarben müssen wieder je 120 Grad von-
einander abstehen, daher auch in diesem Falle unendlich
viele, theoretisch gleichwertige Farbensysteme möglich
sind. Würde man die für den Dreifarbendruck gewählte
Kombination Gelb, Purpur, Blaugrün benutzen, so würde
sich ein wenig gesättigtes, sehr weissliches Blau als Misch-
farbe ergeben. Blau ist aber die spezifisch dunkelste
Farbe und muss satt erscheinen, Blau muss daher eine
der drei Grundfarben bilden. Mit dieser Annahme er-
geben sich die beiden anderen Farben: Bot und Grün.
Je nach dem Farbenton des gewählten Blau entsprechen
dann die Grundfarbensysteme: Ultramarinblau, Spektralrot
und Gelblichgrün, oder: Violettblau, Botorange und
Beingrün. Es sind dies jene Kombinationen, die von
Ives, Vidal u. a. für den in Bede stehenden Zweck
verwendet werden.
b) Der photographische Prozess.
Die Wahl der für den Dreifarbendruck geeigneten
Pigmente wird lediglich durch das Farbenmischungs-Gesetz
bestimmt, und es ist Aufgabe der Photographie, die Negative
entsprechend den gewählten Farbstoffen herzustellen.
90
Wenn sich der Ausführung des photographischen
Prozesses, wie ihn eine bestimmte Druckfarbe verlangt,
unüberwindliche Schwierigkeiten entgegenstellen sollte,
so musste schon bei der Earbenwahl auf diesen Umstand
Rücksicht genommen werden.
Dieser innige Zusammenhang zwischen Druckfarbe
und Herstellung des Negativs muss sich auf theoretische
Erwägungen stützen und streng aufrecht erhalten werden,
denn das planlose Versuchen führt selten, am wenigsten
über beim Dreifarbendruck, zu dem gewünschten Ziele.
Die Photographie hat drei Negative von solcher
Beschaffenheit zu liefern, dass die mit den gewählten
Farbstoffen hergestellten Kopieen, tibereinandergelegt, die
Farben des Originales wiedergeben. Man erzielt solche
Negative dadurch, dass man bei jeder der drei Aufnahmen
nur gewisse farbige Strahlen auf die photographische
Platte zur Wirkung gelangen lässt, die anderen aber
von der Mitwirkung bei der Erzeugung des Bildes aus-
schliesst.
Das für die Erzeugung der roten Kopie bestimmte
Negativ, das kurz als „Rotdruck -Negativ“ bezeichnet
werden soll, muss die Stellen des Originals, deren Farbe
jener des gewählten roten Pigmentes entspricht, ungedeckt
offen enthalten, und jene Originalfarben, welche sich durch
Mischung aus Rot mit den beiden anderen Farbstoffen
ergeben sollen, müssen entsprechend der notwendigen
Menge Rot mehr oder weniger gedeckt erscheinen. Es
ist also der vom roten Farbstoff reflektierte Strahlen-
anteil von der Wirkung auf die photographische Platte
auszuschalten, und es haben sich nur jene Strahlen an
der Erzeugung des Bildes zu beteiligen, die im reflek-
tierten Lichte dieses Pigmentes fehlen. In diesem Lichte
fehlen aber die vom Farbstoff absorbierten grünen Strahlen,
daher man diese zur Bild -Erzeugung zu verwenden hat.
Die photographische Platte muss daher ohne Zweifel grün-
91
empfindlich sein. Die gleichen Erwägungen führen zu
dem Resultat, dass man für die Herstellung des Gelb-
druck- und Blaudruck -Negativs Platten zu benutzen hat,
welche für die komplementären Strahlengattungen der
gewählten Pigmente empfindlich sind.
So unzweifelhaft richtig diese Anschauung ist, liefert
sie uns doch noch keine präzise Vorschrift für die Her-
stellung der Negative, denn es ist fraglich, oh die bild-
erzeugenden grünen Strahlen nur aus einfachem grünen
Licht, oder aber einem Lichtgemisch bestehen sollen, in
beiden Fällen können sie zur Farbe des roten Pigmentes
komplementär sein. Wollte man aus dem Absorptions-
band des roten Farbstoffes auf die notwendige Sensi-
bilisierung schliessen, so entsteht wieder die Frage, ob
die photographische Platte nur für einen Teil oder für
das ganze Band zu sensibilisieren ist, in beiden Fällen
würde sie der Bedingung, für die reflektierten Strahlen
desselben unempfindlich zu sein, entsprechen.
Wie man sieht, führen derartige Überlegungen
zu keinem Ziele, und die Frage nach der Platten-
sensibilisierung ist ein kompliziertes Problem, das bisher
noch keine theoretisch ganz einwandfreie Lösung er-
fahren hat.
Die nachfolgenden Ausführungen trachten diese Frage
mit einer für die Praxis ausreichenden Genauigkeit zu
lösen ; sie sollen den Zusammenhang zwischen Druckfarbe
und Plattensensibilisierung klarstellen und allgemein ver-
wendbare Vorschriften für die Farbenzerlegung auf-
photographischem Wege liefern.
Jeder wiederzugebenden Farbe des Originales kommt
ein bestimmtes Absorptionsband zu, welches für die Eigen-
tümlichkeit der Farbenempfindung massgebend ist. Dieses
Band ist im Dreifarbendruck durch drei den gewählten
Grundfarben entsprechende Absorptionsbänder, deren
92
Intensität variiert werden kann, derart zn ersetzen, dass
eine gleiche Farbenempfindung resultiert. Diese Aufgabe
ist mit Hilfe des Farbenmiscbungs- Gesetzes leicht zu
lösen.
B
BC D
10 600 90 80 70 60 50 40 30 20 10 500 90 80 70 60 «0
50 40 30 20 10 600 90 80 70 60 50 40 30 20 10 500 90 80 70 60 50 40 30
In vorstehender Fig. 23 sei I das Absorptionsband
des zu kopierenden Originalfarbstoffes bei jener Yerteilung
der Farben, wie sie die Seite 74 besprochene spektrale
Mischlinie zeigt, H, B und G entsprechen den mittleren
Absorptionen der gewählten Grundfarben Blau, Rot und
Gelb. Diese Ausdrücke werden hier, sowie auch später
der Kürze wegen für die Bezeichnung der Grundfarben
93
benutzt, und man bat sich daher unter Blau und
Rot eventuell das gewählte Blaugrün und Purpur vor-
zu stellen.
Weiter sei bemerkt, dass ausserhalb der Fraun-
hofer sehen Linien Lund G gelegene Teile des Spektrums
nicht in Betracht kommen, weil die Absorption dieser
lichtschwachen Strahlen fast ohne Einfluss auf die Farbe
des Körpers ist (Seite 42), und dass die in der Figur an-
gegebenen mittleren Absorptionen nicht dem theoretisch
richtigen Grundfarbensystem entsprechen, sondern derart
angenommen wurden, dass sich die weiteren Erörterungen
thunlichst einfach gestalten.
Pigmente, welche die Endfarben und die Mitte des
Spektrums absorbieren, würden die Farben: Purpur,
Grünlichgelb und Grün zeigen und ein für den Drei-
farbendruck unbrauchbares System bilden.
Das Nachbilden des Originalfarbstoffes durch Mischung
der drei Grundfarben entspricht einer Yerteilung seines
Absorptionsbandes auf die Stellen B) R und G des Spek-
trums. Um diese Aufgabe zu lösen, denke man sich
dieses Band in Elementarstreifen zerlegt und die Wirkung
jedes einzelnen durch Streifen auf B , R und G ersetzt.
Das Element m kann durch Absorptionsstreifen auf R
und G ersetzt werden, und da die Strecke R G als eine
Mischlinie zu betrachten ist, so sind die diesen Streifen
zu erteilenden Intensitäten verkehrt proportional dem
Abstande des Punktes m von R und G. In dieser Weise
lässt sich jedes zwischen R und G gelegene Bandelement
zerlegen, und ebenso kann der zwischen B und R be-
findliche Teil des Absorptionsbandes auf diese beiden
Punkte verteilt werden.
Das Resultat dieser Zerlegung ist aus II ersichtlich.
Für die Intensität des in R anzubringenden Bandes ist
also das ganze Absorptionsband des Originalfarbstoffes
94
massgebend, für die in G und B notwendigen Intensitäten
kommen nur die in den Räumen GR und BR liegenden
Teile desselben in Betracht.
Der durch das Absorptionsspektrum II charakterisierte
Farbstoff, der also durch Mischung der drei Grundfarben
entstanden ist, wird auf unser Auge denselben Eindruck
hervorrufen, wie der Originalfarbstoff I, obwohl er sich
spektroskopisch wesentlich anders verhält.
Das in I dargestellte Absorptionsband entspricht dem
als „Seidengrün“ bezeichneten Farbstoff, der aus einer
Mischung von Pariserblau und Chromgelb besteht, und
dessen Eigentümlichkeiten bereits Seite 71 und 73 be-
sprochen wurden.
Wie aus II zu entnehmen ist, kann er in etwa
2 Teile B - f- 2 Teile G - f- 1 Teil R zerlegt, resp. durch eine
Mischung dieser Komponenten ersetzt werden.
Wenn wir vorläufig annehmen, dass die Absorption
in B , R und G den Grundfarben Blaugrün, Purpur und
Gelb entsprechen, so kann die Zerlegung durch das in
Beilage I aufgenommene Bild versinnlicht werden. Die
kreisförmigen Flächen zeigen den Farbeton und die Rein-
heit, ihre Grösse die Quantitäten der Komponenten an.
Diese Zerlegung des Absorptionsbandes in drei über
bestimmte Punkte des Spektrums liegende Teile ist auf
photographischem Wege durchzuführen. Zu diesem Zwrecke
hat man die drei Räume des Spektrums mit photo-
graphischen Platten gleichsam abzutasten, und ihre Em-
pfindlichkeit muss sich offenbar auf alle Strahlen eines
solchen Raumes erstrecken. Mit der für das Rotdruck-
Negativ bestimmten Platte ist das ganze Spektrum von
B bis G abzutasten, sie muss daher für alle Spektral-
strahlen empfindlich sein, und die Platte für das Negativ
zur Herstellung der gelben und blauen Druckplatte muss
für die Strecken R bis G , resp. R bis B sensi-
bilisiert werden. Würde man dieser Forderung nicht
95
entsprechen, die Platten also nur für beschränktere
Räume empfindlich machen, so würden sich Teile des
zu kopierenden Absorptionsbandes der Beobachtung ent-
ziehen, was die Richtigkeit der Farbenspaltung beein-
flussen müsste.
Wären z. B. die Platten nur für die nächste Um-
gebung der Punkte B , R und G sensibilisiert, so würde
das Absorptionsband von Methyl violett, das ungefähr in
der Mitte zwischen R und B liegt, von keiner Platte
entdeckt werden, da sie gleichsam blind für diese Strahlen-
gattung sind. Die Folge davon wäre, dass das schmal -
bändige Violett in der Reproduktion ganz fehlen würde.
Aus diesen Erwägungen ergiebt sich die notwendige
Ausdehnung der Sensibilisierungszonen, und es ist nun.
weiter das Mass der Empfindlichkeit für die verschiedenen
Strahlen eines Raumes, mit anderen Worten, die Form
der Sensibilisierungskurve aufzusuchen.
Da die angenommene Farbenverteilung einer Misch-
linie entspricht, so ist diese Frage leicht zu beantworten:
Die Empfindlichkeit der Platte für Herstellung des Rot-
druck-Negativs muss offenbar von R gleichmässig gegen
B und G abnehmen, und die beiden Platten, mit welchen
man die Räume Hi? und RG abtastet, müssen von Br
resp. G gegen R zu eine gleichmässig abnehmende Em-
pfindlichkeit zeigen.
Die notwendigen Empfindlichkeitsverhältnisse der
drei Platten werden somit durch die in III dargestellten,
geraden Linien versinnlicht: mbo entspricht der Empfind-
lichkeitskurve für die grünempfindliche, an jener für
die rotempfindliche und nc jener für die blauempfind-
liche Platte. Entsprechend dieser geforderten Farben-
empfindlichkeit sind die drei photographischen Platten
zu sensibilisieren.
Damit wäre der gesuchte Zusammenhang zwischen
den gewählten Grundfarben und der Plattensensibilisierung;
96
klargestellt und kann in folgender Form ausgesprochen
werden: Die photographischen Platten, welche für die
Herstellung der drei Negative bestimmt sind, müssen
derart sensibilisiert werden, dass ihr Maximum auf der
spektralen Mischlinie der mittleren Absorption der ge-
wählten Grundfarbe entspricht und ihre Empfindlichkeit
sich bis zur mittleren Absorption der nächstliegenden
Grundfarben erstreckt; die Empfindlichkeits-, resp. Sensi-
bilisierungskurven bilden gerade Linien.
Um die Kurven für das Normalspektrum zu erhalten,
hat man wegen des Seite 74 angenommenen Zusammen-
hanges zwischen den beiden Earbenlinien, die für die
verschiedenen Wellenlängen geforderten Farbenempfind-
lichkeiten in die Skala des Normal Spektrums IV zu über-
tragen. Die- Intensitäten bn, p, q u. s. w. sind daher auf
die korrespondierenden Skalenteile aufzutragen, wodurch
man die für das Normalspektrum geltende Kurve R
erhält.
Die Sensibilisierungskurve für das prismatische Spek-
trum ergiebt sich schliesslich in der Seite 21 angegebenen
Weise, wodurch man zu dem Diagramm V gelangt.
Gestützt auf diese allgemein gültigen Erörterungen,
soll nun an die Bestimmung der Sensibilisierungskurven
für die auf Seite 88 aufgestellten Grundfarbensysteme
geschritten werden.
1. Sensibilisierungskurven für das theoretisch
richtige Farbensystem: Gelb, Blaugrün, Purpur.
Wie aus der Farbentafel zu entnehmen ist, kommen
diesen Farbstoffen die nachstehenden mittleren Absorp-
tionen zu:
Gelb 455 [i Fl/2 G im prismatischen Spektrum,
Blaugrün 595 |x Gelblichrot vor der D- Linie und
Purpur 530 (jl, knapp vor der A7-Linie.
Die Platten sind also derart zu sensibilisieren, dass
diesen Stellen des Spektrums, welche in beistehender
Fig. 24, I, mit 6, r und g bezeichnet sind, ein Empfind-
lichkeitsmaximum entspricht.
In der spektralen Mischlinie liegt r in der Mitte
zwischen b und g , da die Farbentöne einem gleichseitigen
Mischdreieck angehören.
Die Platte zur Herstellung des Rotdruck“ Negatives
ist für den Raum bg zu sensibilisieren, und zwar derart,
dass ihre Empfindlichkeit gegen b und g entsprechend
von Hübl, Dreifarbenphotographie« 2. Aufl. 7
98
dem Verlaufe der Geraden Rb und Rg abnimmt. Um
die notwendige Sensibilisierung für die Gelbdruckplatte zu
erhalten, hat man in g das Empfindlichkeitsmaximum gG
aufzutragen und den Punkt G mit den der mittleren
Absorption der beiden anderen Earben entsprechenden
Punkten, also r und 6, zu verbinden. So ergiebt sich
für die abnehmende Sensibilisierung gegen Grün die
Gerade Gr; um die Sensibilisierungslinie gegen h zu
bestimmen, ist die Mischlinie über Violett gegen Rot
so weit fortzusetzen, bis man wieder zum Earbenton b
gelangt. In der Figur ist diese Verlängerung über die
G-Linie des Spektrums punktiert angedeutet, und bb{
oder GGj entspricht der ganzen aufgerollten Farbenkreis-
linie. Die Gerade GA repräsentiert dann den zweiten
Teil der Empfindlichkeitskurve für die Platte, die zur
Erzeugung des Gelb druck -Negatives dient. Vor dieser
Geraden liegt aber nur das Stück Gm im blau violetten
Teile des Spektrums, das Stück nbx gehört dem spektralen
Rot an, und die Strecke mn fehlt im Spektrum. Die Platte
ist daher nicht nur für Blaugrün und Blau, sondern auch
— allerdings in geringem Masse — für Rotorange zu
sensibilisieren; ihre Empfindlichkeitsverhältnisse werden
durch die geraden Linien r Gm und nxb charakterisiert.
In ganz gleicher Weise ergeben sich die der photo-
graphischen Blaudruck -Platte zu erteilenden Earben-
empfindlichkeiten durch die Geraden rBo und gp, daher
diese Plattte auch eine Spur Blauviolett- Empfindlichkeit
besitzen soll.
Da die Strecke b b± von den drei Seiten eines regu-
lären Mischdreieckes gebildet wird, so muss der dem
Schnittpunkte x entsprechende Earbenton gleich jenem
des gelben, und der dem Punkt % entsprechende Farben-
ton gleich jenem der blauen Druckfarbe sein.
Überträgt man den Verlauf der Sensibilisierungs-
Geraden auf das normale Spektrum in der früher
99
angegebenen Weise, so erhält man die aus Fig. 24, II,
ersichtlichen Empfindlichkeitskurven B , R und G, welche
nach ihrer Transformation für das Prismenspektrum die
in III dargestellten Kurven ergeben. Diesen haben die
Platten bei ihrer spektroskopischen Prüfung zu ent-
sprechen.
2. Sensibilisierungskurven für das lichtechte
Farbensystem: Gelb, Krapplack und Pariser-
blau. Die mittleren Absorptionen der diesen Farbstoffen
entsprechenden Töne liegen, wie aus der Farbentafel zu
entnehmen ist,
für Pariserblau bei 580 ji, also knapp neben der
D- Linie,
Krapplack 505 ja, d. i. E1/2F, und
Gelb 455 jjl, d. i. F'j 2 G.
Die Punkte 6, r und g (Fig. 25) der spektralen
Mischlinie bestimmen daher die Maximalempfindlichkeit
der drei Platten, und der Verlauf der Sensibilisierung hat
den in der Figur gezogenen geraden Linien zu folgen.
Überträgt man diese auf das normale und dann auf
7*
das prismatische Spektrum, so ergehen sich die Sensi-
bilisierungskuryen II und III, welchen das spektroskopische
Verhalten der Platten anzupassen ist.
Die Empfindlichkeitszone der für den Dreifarben-
druck zu verwendenden photographischen Platten erstreckt
sich daher stets auf einen sehr bedeutenden Teil des
Spektrums. Die Sensibilisierung jeder der drei Platten
wird durch alle drei Pigmente beeinflusst, sie ist daher
nicht nur einem Farbstoff, sondern dem ganzen Farben-
system anzupassen. Ändert man eine Farbe desselben,
so bedingt dies eine Veränderung der Empfindlichkeits-
zonen aller drei Platten. Wäre die Sensibilisierung nur
von jenem Farbstoff abhängig, für welchen das Negativ
bestimmt ist, so würden z. B. dem Krapplack und Chrom-
gelb stets gleichbleibende Sensibilisierungen zukommen,
und es müssten, wenn man als dritte Farbe einmal
Berlinerblau, ein andermal Blaugrün wählt, dieselben
Mischfarben resultieren, was offenbar nicht möglich ist.
Um die geforderten breiten Sensibilisierungsbänder
zu erzielen, wird man in der Regel gemischte Farben-
sensibilisatoren verwenden müssen, und ihre Wirkungs-
zone wird durch vorgeschaltete Lichtfilter zu korrigieren
sein. Nur auf Grund spektrographischer Aufnahmen
kann eine passende Plattenpräparation gefunden werden.
Man wählt Mischungen von voraussichtlich brauchbaren
Farbstoffen als Sensibilisatoren, variiert ihr Verhältnis
und korrigiert ihre Wirkungen so lange, bis die Spektrum-
photographie ein Sensibilisierungsband zeigt, das den
oben gefundenen Kurven entspricht.
Dieser Vorgang ist aber keineswegs so einfach und
sicher, als meist angenommen wird, denn die Wirksam-
keit der Sensibilisierung und der Filter, also die Aus-
dehnung des spektralen Bandes auf der Platte ist wesentlich
von der Expositionsdauer abhängig. Bei kurzer Be-
101
lichtung erhält man ein viel kürzeres Band als bei langer
Exposition, und da die Lichtverhältnisse im Spektro-
graphen und in der Kamera sehr verschieden sind, so
ist es kaum möglich, aus dem spektroskopischen Ver-
halten einer Platte auf ihre volle Brauchbarkeit für die
Earbenspaltung zu schliessen.
Es empfiehlt sich daher, die photographische Auf-
nahme von bestimmten Farbstoffen für die Kontrolle der
Plattensensibilisierung und Strahlenfilter zu benutzen.
Photographiert man die drei als Grundfarben gewählten
Pigmente, so müssten eigentlich auf jede der drei Platten
zwei dieser Farben wie Weiss, die dritte wie Schwarz
wirken. Dieses Resultat kann aber nur erhofft werden,
wenn die Farben von durchaus gleicher, tadelloser Rein-
heit sind, was in der Regel besonders bei den blauen
Farbstoffen nicht der Fall sein wird.
Besser sind für den gedachten Zweck die den
Grundfarben komplementären Pigmente geeignet, welchen
die halbe Wirksamkeit der Grundfarben auf jede der
photographischen Platten zukommen muss. Solche Farb-
stoffe können der Farbentafel entnommen, eventuell durch
Kreiselversuche ermittelt werden.
Der gelben Druckfarbe ist z. B. ein rotstichiges Blau,
von der Färbung einer nicht zu verdünnten Cyanin-
lösung, komplementär, daher ein solches Pigment im Rot-
und Blaunegativ gleich und halb so gedeckt wie Weiss
abgebildet werden muss.
Ebenso soll gelblicher Zinnober, die Komplementär-
farbe des Blaugrün, auf die photographischen Platten,
welche zur Herstellung des Rot-, resp. Gelbdruckes be-
nutzt werden, gleich stark und halb so kräftig wie Weiss
wirken. Das gleiche Verhalten muss ein, der gewählten
Purpur -Druckfarbe komplementäres Grün bezüglich des
Blau- und Gelbdruck -Negatives auf weisen.
102
Die Wirksamkeit der, die Plattensensibilisierung
kontrollierenden Pigmente ist zwar auch von ihrer Rein-
heit und Sättigung abhängig, für ihr Verhalten auf je
zwei verschiedene Platten sind aber diese Umstände ohne
Einfluss. Jedes Blau von dem angegebenen Farbenton,
mag es mit Weiss oder Schwarz gemischt sein, muss im
Rot- oder Blaunegativ gleich gedeckt erscheinen, denn
im Zusammendruck muss es aus gleichen Mengen der
beiden Grundfarben entstehen, und die eventuell schwärz-
liche Nuance wird erst durch die Zumischung des kom-
plementären Gelb hervorgebracht.
Die Natur der zur Kontrolle benutzten Pigmente ist
ganz gleichgültig, man kann Teerfarbstoffe oder Firnis-
Druckfarben verwenden, wenn sie nur den gewünschten
Farbenton zeigen.
Ihr Verhalten kontrolliert weniger das Maximum
als die Äste der Sensibilisierungskurven, was insofern
wertvoll ist, als die Lage des ersteren aus der spektro-
graphischen Aufnahme mit Sicherheit erkannt werden kann.
In ähnlicher Weise lassen sich die Kontrollfarben
für ein anderes Grundfarbensystem, z. B. für die Druck-
farben Pariserblau, Krapplack und Gelb ermitteln.
An Stelle dieser Kontrollfarben ist auch eine Zu-
sammenstellung anderer, möglichst verschiedener Farben
verwendbar, wenn man ihr Verhalten bei der richtigen
Farbenspaltung ermittelt hat. Man kann dann aus der
Wirksamkeit einzelner Farben auf die Beschaffenheit der
Filter schliessen und die notwendigen Korrekturen vor-
nehmen. Eine solche Farbenzusammenstellung enthält die
Probetafel Beilage I, die später noch besprochen werden soll.
c) Theorie von Ives.
Die von Ives in seinem Patent vom 7. Februar 1890
aufgestellte Theorie über die zusammengesetzte Helio-
chromie geht von der Young-Helmholtzschen Hypo-
these der Farbenempfindung aus, welche in ihren Grund-
zügen auf Seite 29 besprochen wurde.
Iyes trachtet, den Teilbildern im Photochromoskop
jene Färbung zu erteilen, die den als primär ange-
nommenen Farbenempfindungen entspricht, und wählt
bei der photographischen Aufnahme Platten, deren
Sensibilisierung den Kurven der oben erwähnten Dia-
gramme angepasst ist.
Sollen die Negative für den Dreifarbendruck dienen,
so fordert Ives als Druckfarben Pigmente, die je eine
der drei Fundamentalempfindungen thunlichst vollkommen
ausschalten, also komplementär zu den angenommenen
Grundempfindungen sind.
Das Negativ, welches die Rotempfindung repräsentiert,
ist daher auf einer photographischen Platte entstanden,
die entsprechend der Grünkurve des Diagramms sensi-
bilisiert war, und ist mit einem, nur das primäre Grün
absorbierenden Farbstoff zu drucken. Die photographische
Platte war daher für alle Strahlen des Spektrums empfind-
lich, besonders aber für die grünen, und der Farbstoff
ist ein schmalbandiges Pigment, das lediglich die grünen
Strahlen absorbiert.
Man gelangt also wieder zu dem früher aufgestellten
Zusammenhang zwischen Sensibilisierung und Druckfarbe,
und wenn Ives eine solche Relation überhaupt leugnet,
so ist dies nur damit zu erklären, dass Ives nur ein
Grundfarben System anerkennt und die Youngsche
Farbenwahl zu einem Axiom erhebt. Nimmt man diesen
Standpunkt ein, so hat man allerdings bei der Herstellung
der Negative die Grundfarben nicht mehr zu berück-
sichtigen, denn diese wurden schon von Young gewählt,
und die ihnen entsprechenden Mischungskurven wurden
von Maxwell oder Helmholtz aufgestellt.
Die Youngschen Farben gehören jedoch keinem
theoretisch richtigen Grundfarbensystem im Sinne der
Dreifarbenphotographie an (Seite 9 B) und die von Ives1)
für den Dreifarbendruck gewählten Pigmente: Berliner-
blau, Eosin- oder Rhodaminrot und Gelb stehen, wie ein
Blick auf die Barben tafel, Beilage II, lehrt, mit diesen
Farben in keinem Zusammenhänge.
Es müsste vielmehr Grün, grünstichiges Gelb und
Purpur gewählt werden. Für dieses Grundfarbensystem
bilden dann die erwähnten Diagramme allerdings eine
richtige Basis, doch könne es aus leicht begreiflichen
Gründen nicht zur Verwendung kommen.
Die von Ives, in der erwähnten Patent -Spezifikation
angegebenen Kurven2) sind den Mischversuchen von
Maxwell entnommen, wobei drei Spektralfarben als
Grundfarben angenommen wurden. Sie unterscheiden
sich wesentlich von jenen, die Helmholtz3) auf Grund
seiner Mischversuche mit spektralen Lichtern aufgestellt
hat. Helmholtz geht von idealen, nicht existierenden
überaus satten Urfarben aus und wollte man seinem
Diagramme folgen, so müsste z. B. das Grün im Photo-
chromoskop einen sehr bedeutenden Zusatz von Rot und
Blau erhalten, und das Gelb im Dreifarbendruck dürfte
nicht aus dem gelben Pigment allein bestehen, sondern
müsste einen Zusatz von Blau und Rot erhalten. Im
Photochromoskop würden dann nur sehr weissliche, im
Dreifarbendruck aber nur schwärzliche Nuancen zu stände
kommen. Um im Photochromoskop wenigstens einzelne
Teile des Bildes genügend farbenreich, im Dreifarben-
druck aber genügend rein zu erhalten, muss der ganze
Inhalt des Farbendreieckes ausgenutzt werden, was bei
den von Maxwell aufgestellten Diagrammen der Fall
ist. Wenn es auch keinem Zweifel unterliegt, dass die
1) Photographische Korrespondenz 1894, S. 400.
2) Eders Jahrbuch für 189T, S. 175.
3) Helmholtz, Physiol. Optik, S. 358.
105
Sensibilisierungskurven am sichersten aus Mischversuchen
mit spektralen Lichtern abzuleiten sind, so ist dieser
Weg dem Praktiker doch verschlossen, während das vom
Verfasser angegebene Näherungsverfahren, ohne Zuhilfe-
nahme irgend eines Experimentes, eine rasche Orientierung
über alle Fragen des Dreifarbendruckes gestattet.
d) Sensibilisierungstheorie von Dr. H. W. Vogel.
Dr. H. W. Vogel, der durch Entdeckung der Farben-
sensibilisatoren die Ausführbarkeit des Dreifarbendruckes
möglich machte, war auch der Erste, der den Zusammen-
hang zwischen Plattensensibilisierung und Druckfarbe
erkannte, indem er im Jahre 1885 den Satz aufstellte:
Der für die Plattensensibilisierung benutzte Farbstoff ist
auch als Druckfarbe zu benutzen, und wenn er für
diesen Zweck nicht brauchbar sein sollte, so ist ein
Pigment von gleicher spektroskopischer Beschaffenheit
zu wählen.
Bei der Anwendung dieses Satzes ist zu beachten,
dass er bezüglich der Grundfarben keinerlei Entscheidung
trifft, dass also diese in der früher angegebenen Art zu
wählen sind. Wenn Dr.H.W. Vogel als Beispiel die
Farbstoffe Cyanin, Eosin und ein gelbes Pigment anführt,
so ist damit nicht gemeint, dass diese ein praktisch
brauchbares Grundfarbensystem bilden, da doch aus
Cyanin und Gelb niemals Grün entstehen kann. Trotz-
dem wurde der Vogel sehe Satz oft in diesem Sinne
ausgelegt und dann als irrtümlich bezeichnet. Er kann
erst nach der Farbenwahl zur Anwendung gebracht
werden und bildet dann — bei entsprechender Ergänzung
— wegen seiner präzisen, auch dem Laien leicht ver-
ständlichen Fassung, einen wertvollen Wegweiser durch
das schwierige Gebiet des photographischen Dreifarben-
druckes.
— 106
Die oben ausgeführten Entwicklungen haben zu dem
Schluss geführt, dass das Maximum der Plattenempfind-
lichkeit der mittleren Absorption der Druckfarbe zu ent-
sprechen hat; da nun ein Parbstoff stets für jene
Strahlen gattungen sensibilisiert, die er absorbiert, so-
würde die Identität im Aussehen beider Farben voll-
kommen zutreffen, wenn das Sensibilisierungsmaximum
auch für den Farbenton charakteristisch wäre. Da dies-
aber nicht der Fall ist, und da weiter auch das photo-
graphische Wirkungsband aus verschiedenen, später zu
erörternden Gründen eine Yerschiebung vom Absorptions-
maximum erleidet, so treten gewisse Abweichungen im
Tone der beiden Pigmente auf. Auch muss gefordert
werden, dass das Sensibilisierungsband eine bestimmte
Form zeigt und sich über eine gewisse breite Zone des
Spektrums erstreckt, was oft die Verwendung gemischter
Sensibilisatoren und Korrektionen durch Lichtfilter nötig
macht.
Die Yo ge Ische Theorie ist somit weder theoretisch
streng richtig, noch von praktischem Wert und charakteri-
siert aber in leichtverständlicher Form den Zu-
sammenhang zwischen Druckfarbe und Plattensensi-
bilisierung.
e) Zusammenhang zwischen Druckfarbe und Lichtfilter.
Der scheinbar innige Zusammenhang zwischen der
Druckfarbe und dem bei der Aufnahme benutzten Licht-
filter wurde vielfach zum leitenden Grundsatz im Drei-
farbendruck erhoben, und Gros und Ducos du Hauron
sind bei ihren Versuchen lediglich von diesem Prinzip
ausgegangen. Bei der photographischen Aufnahme wurde
ein grünes, resp. ein blaues und gelbes Glas vor das
Objektiv geschaltet, und die so erzielten Negative wurden
mit den Komplementärfarben Rot, Gelb und Blau über-
einander gedruckt.
107
Auch in neuerer Zeit wurde dieser Grundsatz für
die Wahl der Lichtfilter empfohlen, und Hazura und
Hruza1) haben zahlreiche Versuche durchgeführt, um
für gegebene Druckfarben die zugehörigen komplementären
Strahl enfilter aufzufinden.
Der Ausdruck „komplementär“ bezieht sich gewöhnlich
nur auf den Farbenton zweier Pigmente, für die spektrale
Zusammensetzung der von ihnen reflektierten Lichter
liefert das „Komplementärsein“ nur sehr allgemeine
Anhaltspunkte. So lassen sich zu einem gegebenen Rot
mittels Kreiselversuchen leicht mehrere Grün von ver-
schiedenem spektralen Verhalten auffinden; so ein grünes
Pigment, das lediglich die roten Strahlen absorbiert, und
ein zweites, das nur die grüne Zone des Spektrums
reflektiert. Beiden Grün ist derselbe Farbenton eigen-
tümlich, sie sind zum Rot komplementär, als Strahlen-
filter verwendet, müssen sie aber ganz verschiedene
Resultate liefern.
Die Nuance spielt eben bei Komplementärfarben
gar keine Rolle; ein bestimmtes Grün ist nicht nur zu
einem bestimmten Rot, sondern auch zu seinen Mischungen
mit Schwarz - — also auch zu Braun — komplementär,
und Rot liefert nicht nur mit dem reinen Grün, sondern
auch mit Oliv farblose Kreiselmischungen (siehe Seite 72).
Die Forderung, das Lichtfilter komplementär der
Druckfarbe zu wählen, kann vielleicht einmal zutreffen,
ein anderes Mal aber falsch sein.
Anders gestalten sich die Verhältnisse, sobald man
an komplementäre Farben nicht nur die Bedingung einer
farblosen Kreiselmischung stellt, sondern auch eine Er-
gänzung ihres spektralen Verhaltens fordert. Zu einem
gegebenen roten Pigment, welches nur die grüne Zone
des Spektrums verschluckt, wäre dann jenes Grün kom-
i) Photographische Korrespondenz 1893, S. 374.
108
plementär, das alle Spektralstrahlen mit Ausnahme dieser
grünen absorbiert. Man könnte solche Pigmente als
„spektroskopische Gegenfarben“ bezeichnen. Dem Ab-
sorptionsband der Druckfarbe entspricht dann die Öffnung
im Bande des Filters. Solche Gegenfarben können nur
auf spektroskopischem Wege ermittelt werden, und diesen
haben auch Hazura und Hruza einzuschlagen versucht,
um für verschiedene Druckfarben die zugehörigen Filter
zu bestimmen. Der Ermittelung solcher Filter stellen sich
aber geradezu unüberwindliche Schwierigkeiten entgegen.
Es ist selbstverständlich, dass die gewählten Grund-
farben einem brauchbaren Farbensystem angehören, und
dass die zur Verwendung
gelangenden photogra-
phischen Platten für alle
Spektralfarben gleich-
mässig empfindlich sein
müssen. Die letztere
Bedingung ist nur aus-
nahmsweise für einen
Wäre in Fig. 26 I das
Absorptionsband der Druckfarbe, so ist II das zugehörige
Lichtfilter, und ist die Platte für alle Strahlen von
D 1/2 E bis über F gleichmässig empfindlich, so resultiert
derselbe Effekt, als wenn die Platte für die, dem Farb-
stoff I entsprechende Absorptionskurve sensibilisiert und
ohne Filter zur Exposition gekommen wäre.
Der Grundsatz, dass das Filter spektroskopisch kom-
plementär zur Druckfarbe gewählt werden soll, deckt
sich daher mit dem Vo ge Ischen Prinzip: Druck- und
Sensibilisierungsfarbe sollen spektroskopisch gleich sein.
Beide Forderungen sind bedingt richtig, da aber erstere
in der Praxis kaum durchführbar ist, hat Dr. H. W.
Vogel die scheinbar leichter zu erfüllende Bedingung
gestellt.
Fig. 26.
Teil des Spektrums zu erzielen.
109
B. Plattensensibilisierung und Lichtfilter.
Sobald man sich für ein Grundfarbensystem ent-
schieden hat und die zugehörigen Sensibilisierungskurven
aufgestellt sind, kann an die Sensibilisierung der Platten
geschritten werden. Man wählt aus der Eeihe der für
diesen Zweck geeigneten Farbstoffe die voraussichtlich
passenden Glieder, ermittelt ihr spektroskopisches Ver-
halten und korrigiert dasselbe durch Vorschalten ent-
sprechender Filter. Bevor auf die Vorschriften für die
Plattenpräparation eingegangen wird, erscheint es geboten,
zunächst die Wirkung der praktisch brauchbaren Farben-
sensibilisatoren, sowie die Eigentümlichkeiten einiger für
Lichtfilter besonders geeigneter Farbstoffe einer Erörterung
zu unterziehen.
a) Die Sensibilisierung photographischer Platten für farbige
Lichtstrahlen.
Die gewöhnliche photographische Platte bezeichnet
man als blauempfindlich, da sie bei mässig langer Ex-
position lediglich durch die blauen und violetten Spektral-
strahlen eine nach dem Entwickeln sichtbare Veränderung
erfährt. Verlängert man aber die Expositionszeit, so
gelangen auch die grünen, dann die gelben und endlich
selbst die roten Strahlen zur Wirksamkeit. Die Photo-
graphie des Spektrums reicht daher bei kurzer Exposition
etwa bis zur Linie F \ bei langer Belichtung verlängert
sich das photographische Wirkungsband besonders bei
der Gelatineplatte gegen das rote Ende.
Die Empfindlichkeitsverhältnisse der photographischen
Bromsilberschicht im prismatischen Spektrum sind aus
den Kurven I und II (Fig. 27) zu entnehmen. I ent-
spricht der Gelatineplatte, II der Kollodiumplatte; wie
man sieht, ist erstere hauptsächlich für die zwischen
G und H gelegenen blauen, letztere für die violetten
Strahlen des Spektrums empfindlich. Transformiert man
die Kurven für das Normalspektrum, so ergeben sich
110
die aus Fig. 28 ersichtlichen Empfindlichkeiten. Die
kräftigste Wirkung kommt also bei beiden Platten dem
spektralen Violett zu, die Gelatineplatte besitzt aber eine
höhere Blauempfindlichkeit als die Kollodiumemulsion.
Bei kurzer Belichtung ist in der Praxis dieser Unter-
schied kaum wahrnehmbar, mit zunehmender Exposition
EbF GhH LM
Fig. 27.
aber verlängert sich die Wirkungszone der Gelatine-
platte gegen E, und es tritt eine ausgesprochene Grün-
empfindlichkeit auf. Daher geben die beiden Platten
bei farbigen Originalen, die lange exponiert werden
müssen, z. B. Ölgemälden, etwas verschiedene Kesultate.
Gelatine-
Kollodium-
Die photographischen Platten sind aber auch für
die ausserhalb des sichtbaren Spektrums, also über H
gelegenen ultravioletten Strahlen empfindlich, und es ist
gewiss von praktischem Interesse, den Einfluss dieser
Strahlengattungen bei der photographischen Aufnahme
von Pigmenten kennen zu lernen.
Nach den Versuchsresultaten von Dr. J. M. Eder1)
scheinen diese Strahlen bei der Entstehung des photo-
1) Jahrbuch f. Photographie für 1895, S. 316.
111
graphischen Bildes eine nur untergeordnete Rolle zu
spielen, und ihr Einfluss dürfte yon mehreren Seiten
weit überschätzt worden sein. Das Tageslicht enthält
nur wenig ultraviolette Strahlen, beim Durchgang durch
die Glasmasse des Objektivs und der eventuell vor-
handenen Filterscheibe werden sie zum grossen Teil
absorbiert, und endlich reicht auch die hohe Empfind-
lichkeit des Bromsilbers nicht allzuweit in den ultra-
violetten Teil des Spektrums. Auf die photographische
Wirksamkeit der Pigmente sind also diese Strahlen bei
normalen Expositionszeiten fast ohne Einfluss.
Durch Zusatz eines geeigneten Farbstoffes zur
Bromsilberschicht kann deren Empfindlichkeit für die
minder brechbaren Strahlen sehr bedeutend gesteigert
werden, und die Photographie des Spektrums zeigt dann
ausser dem dem Bromsilber eigentümlichen Band im
Blauviolett auch noch einen mehr oder minder breiten
Streifen — ein Sensibilisierungsband — - in einem gegen
Rot zu gelegenen Bezirk. Die gefärbte Brom silberplatte
kann für Grün, Gelb oder Rot so empfindlich gemacht
werden, dass es möglich wird, Pigmente, welche solche
Strahlen reflektieren, schon bei relativ kurzer Exposition
in der photographischen Kopie mehr oder weniger hell
wiederzugeben.
Nicht jeder Farbstoff wirkt aber sensibilisierend,
und von der grossen Zahl, der in dieser Weise geprüften
Farbstoffe zeigen zwar viele bei der spektrographischen
Untersuchung ein Sensibilisierungsband, bei wenigen ist
es aber so kräftig ausgesprochen, dass sie in der photo-
graphischen Praxis Verwendung finden können. Die
Sensibilisierung durch einen Farbstoff tritt nur ein,
wenn er an und für sich, oder aber in Verbindung mit
Bromsilber lichtempfindlich ist, und wenn er sich mit
dem Bromsilberkorn verbindet, dieses also färbt. Die
photographische Schicht wird dann für Lichtstrahlen von
112
bestimmter Farbe empfindlich, und zwar entsprechend
dem von Dr. H. W. Vogel ausgesprochenen Absorptions-
gesetz für jene Strahlengattung, welche vom gefärbten
Bromsilber absorbiert wird. Das Absorptionsband des ge-
färbten Bromsilbers entspricht somit dem Sensibilisierungs-
band der Platte.
Wie schon Seite 43 bemerkt wurde, unterscheidet
sich die Farbe eines gefärbten festen Körpers in der
Pegel wesentlich von jener der Farbstofflösung; das
Sensibilisierungsband des gefärbten Bromsilbers kann
also nicht mit dem Absorptionsbande der Farbstoff lösung
zusammenfallen, sondern ist, im Vergleiche mit diesem,
gegen das rote Ende des Spektrums verschoben.
Die Farbe des Bromsilbers dürfte sich von jener,
welche gefärbte, trockene Kollodiumschichten zeigen, nicht
wesentlich unterscheiden, daher entspricht das Sensi-
bilisierungsband der gefärbten Platte dem Absorptions-
band einer mit demselben Farbstoff versetzten trockenen
Kollo di um schiebt.
Die durch einen Farbstoff hervorgerufene Empfind-
lichkeitszone ist nicht scharf begrenzt, sondern breitet
sich mit zunehmender Belichtung nach beiden Seiten
aus. Bei kurzer Exposition kommt nur das Maximum,
bei langer Belichtung aber die ganze Ausdehnung des
Absorptionsbandes zur Geltung.
Die Tendenz zur Ausbreitung hängt wesentlich von
der Menge und Wirksamkeit des Farbstoffes und der
Empfindlichkeit der Platte ab. Bei allzu schwacher
Färbung entstehen auch bei langer Exposition nur
schmale Sensibilisierungsbänder, und die gleiche Er-
scheinung zeigen wenig wirksame Farbstoffe oder Brom-
silber von geringer Allgemeinempfindlichkeit.
Die eben besprochenen Sensibilisierungserscheinungen
treten in voller Reinheit nur auf, wenn die photographische
Platte gefärbtes Bromsilber in einem farblosen Medium
113
enthält. In der Regel ist dies nicht der Fall. Beim
Färben der flüssigen Emulsion, wie nicht minder beim
Baden der trockenen Platten in einer Farbstofflösung,
wird naturgemäss nicht nur das Bromsilber, sondern
auch das Bindemittel, das Kollodium oder die Gelatine,
gefärbt. Diese Medien wirken dann als Schirm, als
Lichtfilter für eine bestimmte Strahlengattung und ver-
anlassen eine Schwächung, Verschiebung und Form-
veränderung des Sensibilisierungsbandes.
Die Sensibilisierungszone übertrifft an Breite stets
die Schirmwirkung, weil erster e schon bei mässiger Ex-
position zu jener Ausdehnung gelangt, welche eine
intensive Farbstoffschicht bei ' der spektroskopischen Be-
trachtung zeigt. Die Schirmwirkung erstreckt sich dagegen
nur auf jene Strahlengattungen, welche dem Absorptions-
maximum des Farbstoffes entsprechen, und veranlasst das
Zustandekommen mehr oder weniger tiefer, oft ziemlich
scharf begrenzter Einsattlungen im Verlaufe der Sensi-
bilisierungskurve.
Die Schirmwirkung der Farbstoffe macht sich bei
Gelatineplatten viel mehr geltend, als bei Kollodium-
emulsionen, da die Gelatine mit Begierde den Farbstoff
an sich zieht und Gelatineschichten auch in sehr ver-
dünnten Farbstofflösungen eine intensive Färbung an-
nehmen.
Die Empfindlichkeitskurven gefärbter Platten ent-
sprechen daher fast niemals der thatsächlichen Farbstoff-
sensibilisierung, sie sind vielmehr photographische Wirkungs-
kurven, welche unter dem Einfluss eines Farbstoffschirmes
zu stände gekommen sind. Ebenso ist auch die Lage
des Maximums der Empfindlichkeit, welche ein bestimmter
Farbstoff einer photographischen Platte zu erteilen ver-
mag, nicht konstant, sondern hängt wesentlich von ihrer
Beschaffenheit und von dem Sensibilisierungsvorgang ab-
So wird eine Kollodium -Emulsionsplatte durch Erythrosin
von Hübl, Dreifarbenphotographie. 2. Aufl. 8
L14
hauptsächlich für Strahlen von der Wellenlänge 557r
d. i. */2 ^E7, sensibilisiert, eine Gelatineplatte zeigt nach
dem Baden in sehr verdünnter Farbstofflösung da&
Maximum bei 560, benutzt man aber ein intensiv ge-
färbtes Bad, so wird das Sensibilisierungsmaximum bi&
585, also fast auf die D-Linie gedrängt. Erythrosin
kann daher für Gelbgrün oder Gelb, und selbst für
Orange, je nach Art der Plattenfärbung, sensibilisieren.
Es ist selbstverständlich, dass infolge der Schirm-
wirkung auch eine Verschmälerung des Bandes, ein
scheinbares Zusammendrängen desselben stattfinden muss^
und aus diesem Grunde zeigen Gelatineplatten oft
schmälere Sensibilisierungszonen als Kollodiumplatten.
Die Verschiebung und Form Veränderung der Sensi-
bilisierung infolge der Schirmwirkung wurde zuerst vom
Verfasser1) beschrieben, und dann von Dr. G. Eber-
hard2) erneuert studiert und bestätigt gefunden. Bei
der Präparation der Platte für Dreifarbendruck- Auf-
nahmen ist dieser Umstand von Wichtigkeit, da es gerade
bei diesem Verfahren auf eine bestimmte Lage der
Empfindlichkeitszone ankommt.
1. Sensibilisierung für Blaugrün. Ein Farb-
stoff, der ein ausgesprochenes Empfindlichkeitsmaximum
im Blaugrün des Spektrums, also zwischen den Linien b
und F hervorbringen würde, ist gegenwärtig nicht be-
kannt, dagegen bildet das von Dr. J. M. Eder3) an-
gegebene Acridin ein vorzügliches Mittel, um der photo-
graphischen Platte eine fast gleichmässige Empfindlichkeit
für die Strahlen von E bis H zu erteilen. Aus 1, Bei-
lage III, ist das photographische Wirkungsband des
Acridins NO von A. Leonhard in Mühlhausen ersichtlich;.
1) Photographische Korrespondenz 1895.
2) Photographische Rundschau 1896, S. 42.
3) Photographische Korrespondenz 1894, S. 230.
115
es schliesst sich unmittelbar an die Wirkungszone
des reinen Bromsilbers an und zeigt auf Eb ein
kleines Maximum, das wahrscheinlich der Schirmwirkung
des Farbstoffes zuzuschreiben ist. Der Farbstoff ist
für Kollodiumemulsion und Gelatineplatten gleich gut
verwendbar und gleich in der Wirkung, nur ist
bei letzterer das erwähnte Maximum kräftiger aus-
gesprochen.
Wesentlich anders verhalten sich die rötlichen
Acridine, wie Acridin orange, Acridin 3 B, Acridin-
scharlach u. s. w., sie sensibilisieren nur für einen Teil
der Spektralzonen zwischen D und E und sind, da uns
viel bessere Grünsensibilisatoren zur Verfügung stehen,
ohne praktischen Wert.
2. Sensibilisierung für Grün. Einen vorzüglichen
Sensibilisator für die rein grünen Spektralstrahlen be-
sitzen wir im Uranin, dem Natriumsalz des Fluoresceins.
Man verwendet es stets als Silbersalz, und seine Wirkung
bei Verwendung von Kollodiumemulsion ist aus 2, jene
auf Gelatineplatten aus 3 ersichtlich.
Bromsilber wird durch Uranin, ebenso wie durch
Uraninsilber rot gefärbt, und entsprechend dieser Farbe
ist es hauptsächlihh für die grünen Strahlen von D l/2 E
bis F empfindlich; bei Kollodium -Emulsionsplatten finden
wir auch thatsächlich dieses ganze breite Band aus-
gebildet, während bei Gelatineplatten, wegen der Schirm-
wirkung des Farbstoffes, dessen Absorptionsmaximum
zwischen b und F liegt, nur ein Teil des Bandes zu
stände kommt. Während bei der Kollodiumplatte die
Uraninwirkung ohne wesentliche Unterbrechung an die
Empfindlichkeitszone des Bromsilbers anschliesst, zeigt
die Gelatineplatte ein, durch ein tiefes Minimum ab-
getrenntes Band, das bei reichlicher Färbung und Ver-
wendung trockener Platten bis in die gelbgrüne Zone
gedrängt werden kann.
8*
116
3. Sensibilisierung für Gelbgrün und Gelb.
Eür diese Zone des Spektrums bilden die Eosine aus-
gezeichnete Sensibilisatoren, namentlich bei Gegenwart
von Silbersalzen, welche die Empfindlichkeit wesentlich
steigern und die Ausbreitung des Sensibilisierungsbandes
fördern. Wie beim Uranin ist auch bei allen Eosinen
die Empfindlichkeitszone bei der Gelatineplatte viel
schmäler als bei der Kollodiumplatte und erscheint durch
ein Minimum gegen das blaue Ende des Spektrums isoliert.
Eosin gelbstichig zeigt in Kollodium -Emulsions-
platten bei das Maximum, das photographische
Wirkungsband ist aus 4 zu entnehmen; 5 zeigt die
Wirkung des Erythrosins mit dem Maximum D2I%E,
und dem Kose bengale kommt ein Maximum zu, das
fast schon im reinen Gelb liegt.
Aus 6 sind die Erythrosin -Sensibilisierungskurven
bei Gelatineplatten zu entnehmen, a entspricht einer
schwach, b einer intensiv gefärbten Platte.
Koch blaustichiger als das Kose bengale ist das
Thiodichlortetrajodfluorescein, Alpenrosa, von L. Durand,
Huguenin & Co. in Hüningen, sein Maximum liegt im
rötlichen Gelb der Linie D, wie aus Kurve 7 zu ersehen
ist. Ähnliche Eigenschaften zeigt auch das Cyklamin,
ein sehr kräftiger Sensibilisator, besonders in der Form
des Silbersalzes.
An Stelle der Eosine können für die Sensibilisierung
der Zone D bis E auch die Khodamine benutzt werden,
sie sind blaustichiger als die ersteren, und ihre sensi-
bilisierende Kraft liegt zwischen den reinen Eosinen und
ihren Silbersalzen.
Das gewöhnliche Rhodamin Kurve 8 wirkt analog
dem Kose bengale, das blaustichige „Rhodamin 3 B“ ent-
spricht in seiner Wirkung dem Alpenrosa.
Alle Rhodamine charakterisieren sich durch ein
schmales, intensives Absorptionsband, und da ihnen über-
117
dies ein sehr bedeutendes Färbevermögen zukommt, so
tritt sehr leicht eine Deformation des Sensibilisierungs-
bandes ein. Diese Erscheinung ist aus 8b zu entnehmen.
Das Band a zerfällt bei stark ungefärbten Schichten in
zwei Teile und das Minimum entspricht dem Absorptions-
maximum der feuchten, mit Rhodamin gefärbten Kollodium-
schicht.
Ein sehr brauchbarer Sensibilisator für Gelbgrün
und reines Gelb ist das Chinolinrot. Es wirkt weniger
kräftig als die Silbersalze der Eosine, eignet sich aber
sehr gut für Mischungen zur Sensibilisierung von Gelatine-
platten.
4. Sensibilisierung für Orange und Rot. Ein
guter Gelb -Orange -Sensibilisator ist das von Eder und
Valenta1) verwendete blaustichige Rhodamin 3 B: der
Tetraäthyl-Rhodaminäthylester, dessen Wirkungsband aus 9
zu entnehmen ist.
Um die photographische Platte für die orangeroten
Strahlen des Spektrums empfindlich zu machen, benutzt
man das Cyanin, einen Farbstoff, dem wegen seiner Un-
beständigkeit und Veränderlichkeit im Lichte eine hervor-
ragend sensibilisierende Kraft innewohnt, der aber aus
eben diesen Gründen oft zu Störungen im photographischen
Prozess Veranlassung giebt. Während die Eosine, sowie
das Acridin in der Emulsion klarhaltend wirken, und ein
etwas zum Schleiern neigendes Präparat durch den Zusatz
dieser Farbstoffe verbessert wird, fordert das Cvanin
äusserst klar und brillant arbeitende Bromsilberschichten.
Auf diesen Umstand hat man, wenn Misserfolge mit
diesem Sensibilisator vermieden werden sollen, ein be-
sonderes Gewicht zu legen.
Badet man eine Gelatinefolie in alkoholischer Cyanin-
lösung, so erscheint sie, ähnlich einer mit Cyanin ver-
i) Photographische Korrespondenz 1894, S. 228.
118
setzten Kollodiumschicht, blau gefärbt; benutzt man aber
eine mit viel Wasser verdünnte Farbstofflösung, oder
behandelt man die blaue Folie nachträglich mit Wasser,
so nimmt sie eine violette Farbe an. Aus Fig. 29 sind
die Absorptionsverhältnisse dieser Schichten in feuchtem
und trockenem Zustande zu entnehmen.
Es scheint nun, dass auch das Bromsilber, je nach
der Behandlungsweise der photographischen Platte, durch
Cyaninlösung entweder blau oder violett gefärbt werden
Fig. 29.
kann und diesen Färbungen entsprechend sensibilisiert
erscheint.
Die mit Cyanin gefärbte Kollodium- Emulsion müsste
blaues Brom silber enthalten, und thatsächlich zeigt sie ein
Sensibilisierungsband, das dem Absorptionsband der blauen
Kollodiumschicht sehr ähnlich ist.
Das Sensibilisierungsband der mit wenig Cyanin ver-
setzten Kollodium -Emulsion ist aus Beilage III, Kurve 10,
zu entnehmen; vermehrt man den Farbstoffgehalt, so ent-
steht auf der Linie D ein dem Absorptionsspektrum der
alkoholischen Farbstofflösung entsprechendes Minimum,
daher zwei durch einen schmalen Zwischenraum getrennte
119
Bänder zur Ausbildung gelangen. Die in wässeriger
Cyaninlösung gebadete Gelatineplatte zeigt dagegen das
in Kurve 11 dargestellte Sensibilisierungsband, dessen
Form dem Absorptionsband der trockenen, violetten
Gelatineschicht sehr nahe kommt. Bei reichlich gefärbten
Platten erscheinen die beiden Maxima infolge der Schirm-
wirkung des Farbstoffes getrennt, und bei nass exponierten
Platten ist das zwischen D und E vorhandene Maximum
schwächer ausgebildet als bei trockenen Schichten.
Als Sensibilisatoren für das spektrale Kot wären
zunächst das Nigrosin, das Alizarinblaubisulfit zu er-
wähnen. Beide wurden von Dr. Eberhard empfohlen,
und das Nigrosin wird für die Sensibilisierung rot-
empfindlicher Gelatineplatten vielfach verwendet.
Bei Kollodium -Emulsionen ist aber ihre Wirksam-
keit eine für praktische Zwecke unzureichende, und es
muss entweder Chlorophyll oder das von E. Valenta
empfohlene Äthylviolett zur Anwendung kommen. Das
Sensibilisierungsband des Chlorophylls ist aus 12 zu ent-
nehmen.
Die Emulsion wird mit einen frisch bereiteten Aus-
zuge von Epheublättern versetzt, und vor der Exposition
badet man die Platte in verdünnter Boraxlösung.
Fordert man breite Sensibilisierungsbänder, so ist man
oft zur Verwendung von Farbstoffmischungen gezwungen.
Färbt man die photographische Schicht mit zwei
Farbstoffen, so wird fast immer die Wirkung jedes ein-
zelnen bedeutend abgeschwächt, und sehr oft verhindert
die Gegenwart des einen vollständig die Sensibilisierung
durch den anderen. Eine mit Cyanin und Eosin ge-
färbte Platte zeigt nicht mehr jene hohe Orange- und
Grünempfindlichkeit, die jeder dieser Farbstoffe einzeln
hervorbringt, die Intensität und Ausdehnung der Sensi-
bilisierungsbänder ist etwa, wie 13 zeigt, auf die Hälfte
herabgedrückt. Es liegt nahe, diese Erscheinung damit
120
zu erklären, dass man dem Bromsilberkorn nur eine be-
schränkte Aufnahmefähigkeit für Farbstoffe zuerkennt, dass
also bei Gegenwart mehrerer Sensibilisatoren nur kleinere
Mengen jedes einzelnen an das Bromsilber gebunden
werden können. Doch ist es anderseits eigentümlich,
dass das Verhältnis, in welchem die beiden Farbstoffe
gemischt werden, innerhalb sehr weiter Grenzen variiert
werden kann, ohne ihre relative Wirksamkeit wesentlich
zu stören.
Die zweite, bei der Verwendung von Farbstoff-
mischungen oft zu beobachtende Erscheinung ist das
gänzliche Ausbleiben der Wirkung eines Farbstoffes.
Dieser Fall tritt selbstverständlich immer ein, wenn die
Beschaffenheit oder Behandlung der Platte dem Zustande-
kommen der Sensibilisierung durch einen der Farbstoffe
nicht entspricht. So zerstört z. B. Silbernitrat die Farbe
des Cyanins; wird daher eine mit Cyanin und Eosin ge-
färbte Kollodium -Emulsionsplatte in Silbernitrat -Lösung
gebadet, so kann sie nur die Eosin -Sensibilisierung zeigen.
W'enn aber auch die Umstände für die Wirkung
beider Farbstoffe günstig sind, kann doch das Sensi-
bilisierungsband des einen gänzlich unterdrückt werden.
In dieser Beziehung scheint besonders der chemische
Charakter der Farbstoffe eine Rolle zu spielen; Farbstoffe
derselben Gruppen wirken meist nebeneinander, während
sich solche von sehr verschiedenem chemischen Bau oft
störend beeinflussen. Auch lassen sehr kräftige Sensi-
bilisatoren schwach wirkende nicht zur Geltung gelangen,
und schliesslich hat auch die Schirmwirkung des einen
Farbstoffes oft einen bedeutenden Einfluss auf das Sensi-
bilisierungsband des zweiten.
Soll ein gemischter Farbensensibilisator in allen
Teilen zur Geltung kommen, so hat man stets thunlichst
ähnlich konstituierte und gleich stark wirkende Farbstoffe
zu verwenden, die schon in sehr geringen Mengen zur
121
Yollen Geltung gelangen und keine zu intensiven Ab-
sorptionsstreifen zeigen.
Die Silbersalze der Eosine lassen zwar die Rhodamine
zur Geltung kommen, verhindern aber die Sensibilisierung
durch Acridin, Nigrosin, Chinolinrot u. s. w. Man wird
daher entweder die Silbersalze der Eosine oder silberfreie
Farbstoffe für Mischungen zu benutzen haben. Um z. B.
ein von C bis H fast gleichmässig deckendes Band zu
erzielen, kann man bei Kollodiumplatten die Kombina-
tionen : Uranin - Eosin - Alpenrosa (oder Cyklamin) als
Silbersalze oder bei Gelatineplatten die Mischung: Acridin-
Chinolinrot- Cyanin benutzen.
Eine ausgezeichnete Abhandlung über die Anwenduug
von Farbstoffgemischen zur Sensibilisierung von Brom-
silber-Gelatineplatten verdanken wir Dr. G. Eberhard1).
Eine für die Zwecke des Dreifarbendruckes sehr
brauchbare und gut haltbare, fast für alle Farben empfind-
liche Platte erhält man nach Dr. Miethe in folgender
Weise:
Zur Verwendung kommen Cyanin, Chinolinrot und
Glycinrot, die man einzeln, je 1 g in 500 ccm Alkohol
löst und der Cvaninlösung einige Tropfen Ammoniak zufügt.
Zur Herstellung des Sensibilisierbades werden
Glycinrot 1 : 500 ..... 20 ccm,
Chinolinrot 1:500. . . . 20 „
Alkohol 50 „
Wasser 100 „
gemischt, die Flüssigkeit einige Stunden stehen gelassen,
dann 1 ccm Cyaninlösung 1:500 zugesetzt und filtriert.
Die so gewonnene, jetzt vollkommen klare, violette Flüssig-
keit wird weiter mit 100 ccm Alkohol und 200 ccm
Wasser verdünnt und 1 ccm Cyaninlösung und 5 ccnr
Ammoniak zugesetzt.
i) Archiv für wissenschaftliche Photographie 1899, Seite 142..
CAMERA
J Ö
Catalogued & indexec
s r\ o -i-
122
Diese Badeflüssigkeit hält sich, im Dunkeln auf-
bewahrt, wochenlang vollkommen brauchbar.
Die zu sensibilisierenden Gelatineplatten werden in
dieser Lösung l1^ bis 2 Minuten gebadet, 2 Minuten
unter einem Hahn, dann noch kurz in einer Tasse mit
destilliertem Wasser abgespült und schliesslich getrocknet.
Das Sensibilisierungsband dieser Platte ist aus
Kurve 14, Beilage III, ersichtlich.
Neuester Zeit ist es Dr. Miethe gelungen, mit Hilfe
■eines neuen Farbstoffes, der als „Äthylrot“ bezeichnet \
wird, eine fast völlig panchromatische Platte herzustellen.
Sie zeichnet sich überdies durch hohe Empfindlichkeit
aus und dürfte für die Technik des Dreifarbendruckes
eine hervorragende Bedeutung gewinnen. 0. Perutz hat
die Herstellung dieser Platten übernommen und bringt
sie als „Perchromo- Platten“ in den Handel. Kurve 15,
Beilage III, zeigt ihr Sensibilisierungsband.
Wenn man aus der Sensibilisierungskurve auf das
Verhalten der Platte bei der Photographie farbiger Ob-
jekte schliessen will, so hat man zu berücksichtigen, dass
im prismatischen Spektrum die roten und gelben Strahlen,
weil sie auf eine kleine Fläche zusammengedrängt sind,
viel kräftiger wirken, als die blauen.
Auf diesen Umstand hat Dr. Neuhau ss schon vor
mehreren Jahren aufmerksam gemacht und für die Unter-
suchung farbenempfindlicher Platten das Gitterspektrum
empfohlen.
Es unterliegt keinem Zweifel, dass die mit dem
Gitterspektrographen erzielten Resultate ein richtiges Urteil
über die praktische Farbenempfindlichkeit einer Platte
ermöglichen, doch ist das Spektrum ziemlich lichtschwach,
und geringe Wirkungen der weniger brechbaren Strahlen,
die uns gerade am meisten interessieren, können leicht
ganz übersehen werden.
Exponiert man z. B. eine rotempfindliche Handels-
platte im Gitterspektrum, so kommt ihre Rotempfindlich-
keit gar nicht zur Geltung, so dass man sie für eine
unorthochromatische Platte halten könnte, und doch ver-
mag sie bei vorgeschaltetem Filter und genügend langer
Belichtung rote Pigmente hell wiederzugeben.
Aus diesem Grunde dürfte es zweckmässiger sein,
den gegenwärtig allgemein gebräuchlichen Prismen-
spektrographen auch ferner beizubehalten und seine
Resultate in der Seite 21 angegebenen Weise auf das
N ormalspektrum um zurechnen .
Werden genaue Resultate gefordert, so muss aller-
dings die Dichtigkeit des mit dem Prisma erhaltenen
Bandes zunächst an verschiedenen Stellen gemessen
werden, wozu man sich am besten des Martensschen
Polarisations - Photometers bedient, das von Schmidt
& Haensch in einer für solche Zwecke sehr bequemen
Form gebracht wurde.
Wie bedeutend die Unterschiede in der Wirkungs-
weise beider Spektren sind, soll schliesslich noch an
einigen Beispielen gezeigt werden.
Die Kurve a (Fig. 30) entspricht einer mit Erythrosin
sensibilisierten Gelatineplatte; aus der Aufnahme des
Prismenspektrums würde man auf gleiche Empfindlich-
keit für Gelbgrün und Blau schliessen, während aus der
dem Normalspektrum entsprechenden Kurve die that-
sächlich nur geringe Empfindlichkeit für die gelbgrünen
Strahlen zu ersehen ist.
Die Kurven b zeigen eine Gelatineplatte, die bei
der Exposition im Prismenspektrum eine scheinbar be-
deutendere Rotempfindlichkeit aufweist. Im Normal-
spektrum ist aber diese Empfindlichkeit für Rot nur
gering, und thatsächlich macht sie sich bei der Aufnahme
eines farbigen Objektes — ohne Strahlenfilter — kaum
bemerkbar.
124
Die Eosinsilber -Kollodium platte c wäre, wenn man
nach der Sensibilisierungskurve im Prismenspektrum
urteilen wollte, fast nur für Gelbgrün empfindlich,
während sie gelbgrüne Pigmente doch nicht heller als
blaue wiedergiebt, was mit ihrem Verhalten im Normal-
spektrum im Einklänge steht.
Eine Platte d, die im Prismen Spektrum, eine gleiche
Wirksamkeit aller Strahlengattungen zeigen würde, wäre,
Prismen-Spectrum Gitter-Spectrum
CDEbF G HC 0 EbFGH
Erythrosin-Gel. -P,
Rothempfindl.
Gel.-P.
Eosin-Collod. -P.
Panchromat. P.
Isochromat. PI.
Fi g. 30.
wie die Kurve im Normalspektrum erkennen lässt, für
die weniger brechbaren Strahlen so wenig empfindlich,
dass sie rote Objekte fast schwarz wiedergeben müsste.
Sollen alle gleich gesättigten und gleich reinen
Farbstoffe in ihrer Photographie gleich hell erscheinen,
so muss die Platte gleiche Empfindlichkeit für alle
Strahlen des Normalspektrums zeigen, ihre Sensibilisierungs-
kurve also einer geraden Linie entsprechen. Im Prismen-
spektrum müsste daher die Platte eine durch die Kurve e
dargestellte Empfindlichkeit besitzen.
125 —
Zum Schluss mögen hier noch einige Bemerkungen über
die Bezeichnung farbenempfindlicher Platten Platz finden-
Die Bezeichnung „orthochromatisch“ wird für
photographische Platten angewendet, welche die Möglich-
keit bieten, ein farbiges Original derart zu photographieren,
dass die Earben entsprechend ihrer Helligkeit abschattiert
erscheinen. Sie sind nur für Gelbgrün und Blau empfindlich,
vermögen also rote Töne nicht genügend hell wiederzugeben.
„Panchromatisch“ nennt man Platten, welche für
alle Earben empfindlich sind, wobei jedoch das Empfind-
hchkeits -Verhältnis für die einzelnen Strahlengattungen
sehr verschieden sein kann. Durch Vorschalten von
Filtern lässt sich ihr Sensibilisierungsband dem jeweiligen
Zwecke umformen.
Der Ausdruck „isochromatisch“ wurde früher oft
als gleichbedeutend mit orthochromatisch angewendet, es
dürfte sich jedoch empfehlen, diese Bezeichnung nur in
der von C. Bonacini1) präzisierten Bedeutung für Platten
zu benutzen, welche für alle Strahlen des Normalspektrums
gleiche Empfindlichkeit besitzen. Sie müssten daher
derart sensibilisiert sein, dass die Photographie des
Normalspektrums ein in allen Teilen gleich dichtes Band
ergiebt, und sind daher durch die oben besprochenen
Kurven e charakterisiert. Solche Platten lassen sich zwar
gegenwärtig nicht hersteilen, doch lässt sich der iso-
chromatische Effekt auch durch panchromatische Platten
im Verein mit passenden Filtern erzielen.
b) Die Strahlenfilter.
Um die Wirkung gewisser Strahlengattungen von
der photographischen Platte auszuschliessen, schaltet man
vor oder hinter das Objektiv oder auch unmittelbar vor
die lichtempfindliche Schicht ein durchsichtiges, farbiges
i) C. Bonacini: La fotografia dei colori. Ulrico Hoepli,
Milano 1897.
126
Medium — eine gefärbte Glasplatte, ein Kollodium- oder
Gelatinehäutchen, eine mit farbiger Flüssigkeit gefüllte
Glascuvette — , und bezeichnet diese Körper als Licht-
oder Strahlenfilter.
Die Yom Filter absorbierten Strahlen gelangen nicht
mehr zur photographischen Schicht, daher sich diese
ebenso verhält, als ob sie für diese Strahlengattungen
gar nicht empfindlich wäre. Schaltet man z. B. vor das.
Objektiv eine gelbe Glasplatte, welche alle blauen und
violetten Strahlen absorbiert, so wird sich mit einer
nassen Kollo dinmplatte keinerlei photographische Wirkung
erzielen lassen, da die Platte ihrer Blau -Violettempfind-
lichkeit gleichsam beraubt wird. Benutzt man anderseits
ein Filter, welches Strahlen absorbiert, die auf die photo-
graphische Platte wirkungslos sind, so kann damit keinerlei
Effekt erzielt werden. Würde man z. B. vor einer
Bromsilber - Kollodiumplatte ein Methylenblaufilter an-
bringen, so wird sich die Aufnahme in keiner Weise
von einer solchen ohne Strahlenfilter unterscheiden, denn
es ist ganz gleichgültig, ob die gelben Strahlen bis zur
Platte gelangen, oder ob sie durch das Filter aufgehalten
werden.
Die Wirksamkeit eines Filters wird nicht durch seine
Farbe, sondern lediglich durch sein Absorptionsband be-
stimmt; so können sich z. B. durchsichtige Körper von
gleichem, grünem Farbenton als Filter sehr verschieden
verhalten, da ihnen verschiedene Absorptionsspektren
zukommen.
Mit zunehmender Sättigung der Filterfarbe gewinnt
das Absorptionsband an Ausdehnung und verhindert dann
den Durchgang von Strahlengattungen, welche das
weniger intensive Filter fast anstandslos passieren können.
Eine verdünnte Lösung von Eosin absorbiert nur
die grünen Strahlen, wird also als Filter eine ge-
wöhnliche Platte in keiner Weise beeinflussen, während
sich eine konzentrierte Lösung, der ein über das Blau
und Yiolett reichendes Band zukommt, wie eine Gelb-
scheibe verhält.
Es genügt daher nicht, eine Farbstofflösung als
Filtersubstanz zu bezeichnen, es ist vielmehr auch die
Angabe ihrer Konzentration und die Dicke der zu ver-
wendenden Schicht unbedingt erforderlich, wenn eine
... bestimmte Wirkung hervorgebracht werden soll.
Bei Verwendung von Platten, welche für alle Strahlen-
gattungen die gleiche Empfindlichkeit besitzen, würde
jedes beliebige Filter zur vollen Wirkung gelangen,
während bei den meisten farbenempfindlichen Platten*
welche nur für einzelne Bezirke des Spektrums sensibilisiert
sind, die das Filter durchsetzenden Strahlen nur nach
Massgabe der Plattenempfindlichkeit wirksam sein können.
Dasselbe Filter wird daher bei verschieden sensibilisierten
Platten ganz verschiedene Resultate geben, und um die
Strahlen einer bestimmten Spektralzone auf die Platte
wirken zu lassen, muss das Filter zur vorhandenen
Plattenempfindlichkeit abgestimmt werden. Dabei kann
man jenen Strahlen, für welche die Platte nicht empfind-
lich ist, ungehindert den Durchgang durch das Filter
gestatten. Man wird daher, wenn sich nur bestimmte
Farbenstrahlen an der photographischen Aufnahme be-
teiligen sollen, die Platte für den gewünschten Teil des
Spektrums empfindlich machen und das Filter derart
wählen, dass die Wirkungszone des sensibilisierenden
Farbstoffes passend eingeschränkt und, wenn nötig, auch
in einzelnen Teilen abgeschwächt wird.
Solche, nur die Sensibilisierungszone modifizierende
Filter sind selbstverständlich nur bei Platten von ganz
bestimmten Empfindlichkeitsverhältnissen verwendbar und
können als „Korrektionsfilter“ bezeichnet werden. Will
man z. B. nur die grünen Strahlen des Spektrums zur
128
Wirkung gelangen lassen, so wird man die Platte mit
Fluoresceinsilber sensibilisieren, wobei sie den grössten
Teil ihrer normalen Blau-Yiolettempfindlichkeit behält.
Um letztere auszuschliessen, genügt es, ein gelbes Medium
als Korrektionsfilter vor das Objektiv zu legen, es wirkt
ebenso wie ein vollkommenes Filter von grüner Farbe.
Für die Beurteilung eines Filters benutzt man meist
das Spektroskop, wobei man jedoch zu berücksichtigen
hat, dass die Ausdehnung des Absorptionsbandes wesent-
lich von der Intensität des durchfallenden Lichtes ab-
hängt (Seite 46). Ähnlich verhält es sich mit der spektro-
graphischen Prüfung. Auch hier ist die Intensität der
Lichtquelle von Einfluss auf das Kesultat, und da über-
dies während der Exposition die Lichteindrücke auf der
Platte summiert werden, so wird die abgebildete Aus-
dehnung der Filteröffnung auch von der Dauer der Be-
lichtung abhängen.
Die spektroskopische Untersuchung eines Filters muss
sich daher mit dem Resultat der Spektrumphotographie
keineswegs decken und bei Verwendung empfindlicher
Platten mit starker Ausbreitungstendenz der Sensibili-
sierungszone können bedeutende Differenzen auf treten.
Ein Grünfilter z. B., das bei der spektroskopischen Be-
trachtung eine nur schmale Öffnung bei Eb zeigt, lässt
vielleicht auch die benachbarten Strahlen bis D und F
durch, allerdings so geschwächt, dass sie für das Auge
nicht mehr wahrnehmbar sind. Für eine kräftig grün-
sensibilisierte Gelatineplatte können sie aber noch sehr
wirksam sein, und die Photographie des Spektrums wird
dann bei ausreichender Exposition ein breites, gegen D
und F verlaufendes Band zeigen. Aus der im Spektro-
skop wahrnehmbaren Beschaffenheit eines Filters, lässt
sich daher seine Wirkung als Schirm vor der photo-
graphischen Platte kaum beurteilen, nur die Exposition
des Spektrums liefert zutreffende Resultate, die sich aber,
— 129 —
wie Seite 100 erörtert wurde, nur mit Vorsicht auf die
Verhältnisse in der Kamera übertragen lassen.
In der Praxis benutzt man als Filter nur selten in
der Masse gefärbte Gläser, da solche, wenn ganz be-
stimmte Absorptionsverhältnisse gefordert werden, schwierig
zu erzeugen sind, sondern man wählt entsprechende
Teerfarbstoffe und benutzt sie entweder als Lösungen in
Cuvetten, oder man stellt gefärbte Kollodium-, Gelatine- oder
Lackschichten her. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die
verschiedene Verwendungsart der Farbstoffe oft von Einfluss
auf die Form und Lage des Absorptionsbandes ist, dass
man also verschiedene Resultate erhält, wenn ein Farbstoff
als Lösung oder in fester, trockener Schicht benutzt wird.
1. Gelbfilter. Die gelben Filterschichten absorbieren
stets das gesamte Violett und je nach dem Farbenton
mehr oder weniger Blau oder Blaugrün. Das Absorptions-
band erstreckt sich daher bei grünlichem Gelb bis I]
bei einem gelben Medium bis AU^A7; mit zunehmender
Verdünnung bleibt das Ende der Absorption in diesen
Punkten stehen, und die Kurve steigt immer flacher
gegen Violett an.
Als Typus für die grünlichgelben Filter kann die
Pikrinsäure gelten, deren Absorptionsband aus 1 (Fig. 31)
ersichtlich ist; der konzentrierten Lösung entspricht das
Band 1, mit zunehmender Verdünnung entstehen die
Bänder 2 und 3. Aus dem Anblick, den das Absorptions-
spektrum der verdünnten Farbstofflösung gewährt, könnte
man zwar schliessen, dass sich ihr Absorptionsband nur
auf das Violett erstreckt und bei Gr endet; die Spektrum-
photographie mit vorgeschaltetem Filter lehrt aber, dass
die Breite des Bandes fast unabhängig von der Kon-
zentration der Lösung ist.
Die Pikrinsäure absorbiert nicht das ganze Ultra-
violett, sondern ihr Absorptionsband verläuft sehr all-
mählich hinter der Linie M.
von H ü b 1 , Dreifarbenphotographie. 2. Aufl.
9
130
Da die Empfindlichkeit der Bromsilberplatte bei M
schon sehr gering ist (siehe Seite 110), so kann man an-
nehmen, dass die Pikrinsäure auch einen vollkommenen
Schutz gegen die Wirkung der ultravioletten Strahlen
gewährt.
Pikrinsäurefilter von geringer Konzentration üben
auf die gewöhnliche Gelatineplatte fast keinen Einfluss
Pikrinsäure
Aurantia
Chrysoidin
a Saffranin
b Acridin R.
K2 Pt Cl4
Rhodamin-
Mischung
Pyoktanin
Säuregrün
aus, sie verzögern die Exposition nur wenig und ändern
auch nur unbedeutend die photographische Wirkung der
Pigmentfarben. Kollodirsmplatten dagegen erfordern nach
dem Yorschalten eines solchen Eilters wesentlich längere
Expositionen, und ihre Maximalempfindlichkeit wird von
Yiolett über G verschoben, so dass sie die der Gelatine-
platte zukommende photographische Wirkungskurve zeigen.
Die photographische Wirksamkeit der Pigmentfarben wird
aber auch in diesem Falle nur wenig irritiert.
131
Für die rein gelben Strahlenfilter ist das Verhalten
des Naphtholgelb charakteristisch. Sein Absorptionsband
reicht über F und zeigt sonst die erwähnten Eigen-
tümlichkeiten des Pikrinsäurebandes. Analog diesem
Farbstoff verhält sich die Lösung von einfach chrom-
saurem Kalium.
Die gewöhnliche Kollodiumplatte lässt sich durch
diese Strahlenfilter nicht exponieren, dagegen giebt die
Gelatineplatte nach sehr langer Belichtung ein voll-
ständiges Bild, das sich aber bezüglich der den Pigmenten
entsprechenden Abschattierung nicht allzu sehr von der
Aufnahme ohne Filter unterscheidet. Blaue und grüne
Pigmente erscheinen am lichtesten, gelbe und rote haben
kaum gewirkt. Diese Erscheinung erklärt sich durch die
Verschiebung, welche das photographische Wirkungsband
durch Vorschalten eines solchen Filters erleidet und die
aus nachstehender Fig. 32 zu ersehen ist: Das Maximum
bleibt zwischen F und G erhalten, und den Raum
zwischen F und D deckt nur ein leichtes Schattenband.
2. Orange filter. Durchsichtige Körper von dieser
Farbe können entweder das gesamte Violett, Blau und
Grün gleichmässig absorbieren, oder sie zeigen eine
relativ sehr kräftige Absorption zwischen F und G , die
langsam gegen E und H abnimmt.
Orangefilter der ersten Art liefert Aurantia und
Metylorange in Lösung oder als Kollodiumschicht, dann
Kaliumdichromat -Lösung, während die Filter der zweiten
Art im Chrysoidin einen Repräsentanten besitzen. Das
Absorptionsband der Aurantiaschicht ist aus 2 (Fig. 31)
für drei Konzentrationen 1, 2, 3 zu entnehmen. Nach
0. Buss1) endet das Band im ultravioletten Teile des
Spektrums und reicht nicht weit über das sichtbare
Violett. Das Aurantiafilter schützt daher die photo-
i) Photographische Korrespondenz 1896, S. 368.
9
132
graphische Platte nur unvollkommen gegen die Wirkung
der ultravioletten Strahlen, doch können sich diese stets
nur bei sehr langen Expositionen bemerkbar machen.
Das Absorptionsband des Chrysoidins ist aus 3 er-
sichtlich, es lässt nicht nur die ultravioletten, sondern
auch die sichtbaren violetten Strahlen — allerdings sehr
abgeschwächt — passieren und entspricht in seinem
Yerlaufe fast vollständig der Empfindlichkeitskurve einer
Gelatineplatte. Aus diesem Grunde verschiebt das
Chrysoidinfilter das Empfindlichkeitsmaximum dieser
Platte in ganz anderer Weise, wie Naphtholgelb und
Chrysoidin-Filter
Gelbscheibe
Fi g- 32-
Aurantia. Eig. 32 zeigt die Aufnahme des Spektrums
mit gewöhnlicher Bromsilbergelatine- Platte hinter einem
Chrysoidinschirm. Das Empfindlichkeitsmaximum ist
nach Gelbgrün verschoben, und wenn man die blauen
und violetten Strahlen durch ein Naphtholgelbfilter von
der Platte fernhält, dann wird sich diese, Pigmentfarben
gegenüber ebenso verhalten, als ob sie für die Spektral-
zone DE sensibilisiert wäre. Ives1) benutzt diese Filter-
kombination, um mit ungefärbten Gelatineplatten ortho-
chromatische Aufnahmen durchzuführen. Es gelingt dies
auch thatsächlich , doch sind enorm lange (200 bis
600 fache) Expositionen erforderlich.
Ähnlich dem Chrysoidin verhält sich das Acridin
von Leonhard in Mühlhausen, nur ist sein Absorptions-
band etwas schmäler und endet ziemlich schroff bei der
i) Photographische Korrespondenz 1895, S. 494-
133
Linie G. Eine Acridinlösung lässt daher das gesamte
sichtbare Violett ungeschwächt durch.
3. Rotfilter. Das Absorptionsband der für Rot-
filter geeigneten Substanzen liegt entweder zwischen D
und F , oder es deckt das ganze sichtbare Spektrum von
H bis E und verläuft dann meist sanft bis D.
Die meisten Teerfarbstoffe gehören der ersten Gruppe
an. Ist ein steiler Abfall gegen das rote Ende des
Spektrums erwünscht, so benutzt man die Eosine oder
Rhodamine am besten als Lösungen, erscheint dagegen
ein sanfter Verlauf der Bandränder wünschenswert, so
sind Farbstoffe aus der Gruppe der Azokörper besser
geeignet. Die Kurve 4 (Eig. 31) zeigt die Absorption
einer Biebricher Scharlachlösung oder einer mit Safranin
gefärbten Kollodiumschicht. Soll auch die Wirkung der
blauen und violetten Strahlen verhindert werden, so
kombiniert man diese Eilter mit einer Gelb- oder Orange-
schicht. Bei den breitbandigen Eiltern der zweiten
Gruppe ist dies nicht nötig, und als Repräsentant der-
selben mag die Lösung des Kaliumplatinchlorürs —
Kurve 5 — erwähnt werden.
Die geringe Menge der blauen Strahlen, welche diese
Lösung durchlässt, ist nur mit Hilfe des Spektrographen
zu konstatieren und kann nur bei sehr langer Exposition
zur Geltung gelangen.
Durch Kombination mehrerer Farbstoffe kann man
die Öffnung des Filters beliebig einschränken. Wollte
man z. B. einen Schirm hersteilen, der nur das spektrale
Rot durchlässt, so könnte eine mit blaustichigem Rhodamin
gefärbte Kollodiumschicht (je 0,5 g Rhodamin 3B und
Tetraäthyl -Rhodaminäthylester auf 100 ccm Kollodium)
mit einer Aurantia-Naphtholgelb- Lackschicht kombinieren.
Das Band der Rhodaminschicht ist aus 6 ersichtlich.
Die genannte Kombination lässt lediglich die Strahlen
von A bis C passieren.
134
4. Violett- und Blaufilter. Um die photo-
graphische Platte gegen die Wirkung der gelbgrünen
und gelben Strahlen zu schützen, benutzt man eine
Lösung von Methyl violett oder besser das gegen Säuren
unempfindliche Säure violett oder Py oktanin.
Die trockene Kollodiumschicht ist blau gefärbt und
zeigt ein breites, verwaschenes, zwischen C und F liegendes
Band — Kurve 7 (Fig. 31).
Sehr geeignet für blaue Kollodium -Trockenfilter ist
das Viktoriablau wegen seiner leichten Löslichkeit in
Alkoholäther. Die Absorptionsbänder der blauen Teer-
farbstoffe beginnen nicht im äussersten Kot, sondern
lassen zwischen A und G stets eine Lücke offen, dagegen
zeigen die Lösungen von Kupfersalzen, wie Kupfervitriol
oder Kupferoxydammoniak, dann die Lösung von Berliner-
blau in Oxalsäure vollkommene Endabsorption.
Die konzentrierte Kupferoxydammoniak- Lösung, wie
man sie beim Versetzen einer Kupfervitriol-Lösung mit
Ammoniak erhält, absorbiert alle Strahlen vom roten
Ende des Spektrums bis über F, lässt die blauen
ungehindert durch und absorbiert die sichtbaren violetten
grösstenteils und die ultravioletten vollständig.
5. Grünfilter. Die verdünnten Lösungen grüner
Teerfarbstoffe zeigen bei der spektroskopischen Betrach-
tung nur ein schmales Band in der Nähe der Linie C\
die spektrographische Prüfung lehrt jedoch, dass diese
Pigmente nicht nur das Ultraviolett, sondern auch einen
Teil des sichtbaren Violett und Blau absorbieren und in
dieser Beziehung ähnlich einem Pikrisäurefilter wirken.
Mit zunehmender Konzentration wird diese Endabsorption
auch im Spektroskop sichtbar, und sehr dichte Schichten
decken das ganze Spektrum mit Ausnahme einer im Grün
oder Blaugrün liegenden schmalen Zone.
Das Absorptionsspektrum 8 entspricht einer Lösung
von Säuregrün; wie man sieht, gestattet die konzentrierte
135
Flüssigkeit lediglich den zwischen b und F gelegenen
Strahlen den Durchgang.
Durch Mischung dieses Farbstoffes mit Pikrinsäure
oder einer Lösung von chromsaurem Kalium lassen sich
Filter hersteilen, deren Öffnung einer bestimmten Gattung
grüner Strahlen entspricht. So liefert z. B. eine Mischung
von 20 ccm einer gesättigten Lösung von einfach chrom-
saurem Kalium mit 5 ccm Säuregrün 1 : 1000 eine Filter-
flüssigkeit, die in 1 cm dicker Schicht nur die grünen
Strahlen zwischen E und b passieren lässt. Dem Säure-
grün kommt keine vollständige Endabsorption im Bot
za; diese Lücke kann durch Zusatz von Kupfervitriol-
Lösung geschlossen werden.
Die als Strahlenfilter dienenden gefärbten Schichten
werden vor oder hinter dem Objektiv oder auch knapp
vor der empfindlichen Platte angebracht. Damit die
Schärfe des photographischen Bildes durch das Ein-
schalten des Filters nicht leidet, müssen, namentlich,
wenn es in der Nähe des Objektives angebracht ist, seine
Begrenzungsflächen thunlichst parallel gestaltet sein. Doch
spielt in dieser Beziehung die Brennweite des Objektivs
eine grosse Rolle. Während bei Instrumenten, bis etwa
24 cm Brennweite, das Yorsch alten einer gewöhnlichen
Spiegelglasplatte oder eines Kollodiumhäutchens kaum
eine wahrnehmbare Veränderung der Bildschärfe zur
Folge hat, fordern langbrennweitige Objektive sehr sorg-
fältig geschliffene Platten, und selbst bei diesen macht
sich oft ein Abnehmen der Schärfe bemerkbar.
Früher hat man sich häufig mit Glasplatten begnügt,
die mit gefärbtem Kollodium oder Lack überzogen waren,
kam aber bald zur Überzeugung, dass solche Schichten
stets von ungünstigem Einfluss auf die Schärfe des Bildes
sind. Gegenwärtig sind fast ausschliesslich mit gefärbter
Gelatine überzogene Platten im Gebrauche, die man
136
überdies nicht am Objektiv, sondern knapp an der photo-
graphischen Platte an ordnet.
Die Verwendung vollkommen planparalleler Gläser
ist dann nicht erforderlich, und gewöhnliche Glasplatten,
besserer Sorte, reichen für die meisten Zwecke aus. Man
kann sich solche Trockenfilter leicht selbst herstellen,
indem man dünne Glasplatten mit Gelatine überzieht
und dann in passenden Farbstofflösungen badet.
Man wählt zu diesem Zwecke thunlichst fehlerfreie
Platten aus Spiegelglas und legt sie auf eine dicke
Glasplatte, die man mit Hilfe einer Wasserwage horizontal
gestellt und in passender Weise angewärmt hat. Dann
giesst man eine gut filtrierte, vollkommen klare, etwa
fünfprozentige Gelatinelösung auf, verteilt die Flüssigkeit
mit einem Glasstab, lässt erstarren und trocknet schliess-
lich die Platten an einem vollständig staubfreien Ort.
Oft genügt auch eine gewöhnliche Bromsilbergelatine-
Platte, die man mit Fixiernatron behandelt und dann
gut auswässert und trocknet.
Solche mit Gelatine überzogene Glasplatten lassen
sich in Farbstofflösungen vollkommen gleichmässig und
beliebig satt färben. Zum Schutze gegen mechanische
Verletzungen kann auf die gefärbte Schicht eine zweite
dünne Spiegelglasplatte mit Hilfe von Canadabalsam auf-
gekittet werden1).
Das Färben der Platten erfolgt stets in wässerigen
Bädern und, nm das Anfallen des Farbstoffes zu erleich-
tern, macht man die Flüssigkeit mit Essigsäure oder
Borax schwach sauer, resp. alkalisch.
Besonders geeignet für das Färben solcher Filter
sind nachstehende Farbstoffe:
i) Das Überziehen der Glasplatten mit Gelatine, sowie das
Verkitten derselben hat Dr. A. Miethe in der Zeitschrift für
Reproduktionstechnik 1901, S. 163, ausführlich beschrieben.
137
Naphtholgelb S und Chinolingelb färben in schwach
saurer Lösung bei kurzer Einwirkung Gelb, ähnlich der
Farbe einer Pikrinsäurelösung; bei langer Dauer entsteht
ein sattes Reingelb.
Chrysophenin giebt bei schwacher Färbung reingelbe,,
bei starker Färbung rötlichgelbe Schichten.
Säuregrün mit etwas Essigsäure oder Malachitgrün
mit Borax färben Grün.
Echtgrün -bläulich erteilt der Gelatine eine blaugrüne
Farbe.
Diamin- und Methylenblau färben in einer dem
Berlinerblau ähnlichen Farbe.
Höchster Neublau färbt Reinblau und ■ Säure -Violett
liefert ein rotstichiges Blau.
Die genannten vier Farbstoffe sind gleichfalls in
saurer Lösung zu benutzen.
Methylviolett färbt in schwach alkalischen Bädern
blauviolett.
Die Farbstoffe der Eosingruppen, besonders Erythrosin
und Rose bengale, benutzt man in neutralen Bädern, sie
erteilen der Gelatine bläuliche Purpurtöne.
Biebricher Scharlach, Saff ranin und Xylidinponceau
geben in schwach sauren Bädern dem spektralen Rot
ähnliche Farben, während Benzopurpurin ein gelbstichiges
Rot liefert.
Methylorange giebt bei Gegenwart von etwas Essig-
säure ein reines Orange.
Durch Mischung von zwei oder mehreren dieser
Farbstoffe lassen sich Filter von allen denkbaren Farben
und den jeweilig gewünschten spektralen Eigentümlich-
keiten erhalten.
Um ein langsames und gleichmässiges Anfärben zu
erzielen, benutzt man ziemlich verdünnte Lösungen, die-
man überdies mit etwa 20 Prozent Alkohol versetzt.
Das Färbebad besteht daher aus:
Wasser 100 ccm,
Alkohol 20 „
wässerige Farbstofflösung 1 : 150 10 bis 20 ccm,
Essigsäure 5 Tropfen,
oder kalt gesättigte Boraxlösung ... 3 ccm.
Man bringt die zu färbende Platte in eine Tasse,
übergiesst sie mit der filtrierten Farbstofflösung und lässt
diese, unter häufigem Schwenken, so lange wirken, bis die
Färbung die gewünschte Intensität zeigt. Dann hebt
man die Platte aus der Flüssigkeit, lässt abtropfen, spült
sie in einem gleich zusammengesetzten Bade, das jedoch
keinen Farbstoff enthält, ab und lässt trocknen.
■
Wäre die Färbung zu satt ausgefallen, so kann die
Platte abgeschwächt werden, wenn man sie mit Wasser
wäscht, dem man, wenn nötig, bei saurer Färbung etwas
Borax, bei alkalischer Färbung einige Tropfen Essigsäure
zugesetzt hat.
C. Die Praxis des Dreifarbendruckes.
a) Die Herstellung der photographischen Negative.
Die Apparate. Für die Dreifarbenphotographie ist
rselbstverständlich jede Kamera geeignet, nur hat man
für genügende Stabilität derselben Sorge zu tragen, damit
bei Wechseln der Platten und Filter jede Verschiebung
'des Apparates ausgeschlossen ist. Eine scheinbar ganz
unbedeutende Verschiebung der Kamera würde die Di-
mensionen der Negative beeinflussen, und das gegenseitige
Passen der Teilbilder wäre ausgeschlossen.
Bis zu Formaten 21x26 cm sind Gelatine -Trocken-
filter sehr gut verwendbar, und sie werden entweder,
ohne aufgekittetes Schutzglas, direkt auf die photo-
graphische Platte in die Kassette gelegt, oder in der
Kamera ähnlich wie der Glasraster bei Autotypie -Auf-
nahmen befestigt. Im ersteren Falle wählt man Filter-
139
platten von gleicher Stärke und nach dem Einstellen
muss der Kassettenrahmen der Kamera um die Dicke
der Platten zurückgestellt werden, da man sonst unscharfe
Negative erhalten würde.
Die Filter müssen überhaupt, gleichgültig, wo man
sie anbringt, stets von gleicher Dicke sein, weil durch
das Einschalten einer planparallelen Platte in den
Strahlengang des Objektives die Grösse des Bildes auf
der Visierscheibe geändert wird.
Für grosse Formate
empfiehlt sich die Be-
nutzung von Ouvetten,
die in sehr zweck-
entsprechender Form von
der Optischen Anstalt
C. Zeiss in Jena her-
gestellt werden (Fig. 33).
Das Glasgefäss wird aus
zwei planparallelen
Platten und einem
zwischenliegenden Glas-
ring gebildet, von einer Messingfassung umschlossen und
lässt sich mit Hilfe derselben an den vorderen Ring des
Objektives anstecken.
Die Weite der Cuvette, welche durch den Glasring
bestimmt wird, beträgt bei allen Grössen 5 mm, daher
stets Flüssigkeitsschichten von dieser Dicke zur Wirksam-
keit gelangen. Die unten folgenden Vorschriften für
Filterlösungen beziehen sich stets auf eine solche Flüssigkeits-
schicht, müssen daher für Cuvetten von anderer Weite
entsprechend verändert werden. Soll z. B. eine Cuvette
von 1 cm Weite benutzt werden, so ist die angegebene
Farbstofflösung mit der gleichen Menge Wassers zu ver-
dünnen. Verwendet man eine Cuvette, so muss sie bei
jeder der drei Aufnahmen eingeschaltet werden, und
140
wäre bei einer derselben ein Farbenfilter nicht erforder-
lich, so wird sie mit Wasser gefüllt, benutzt.
Um bei Aufnahmen von Landschaften, Personen
u. s. w. ein thunlichst rasches Wechseln der Platten und
Filter zu ermöglichen, hat man Schiebekassetten (Dr.
Seile, A. Hofmann und Dr. Hesekiel) konstruiert,
welche die von den Filtern bedeckten Platten — neben-
einander liegend — aufnehmen . und sich schlittenartig
an der Kamera verschieben lassen.
Überdies wurden auch Apparate gebaut, welche die
gleichzeitige Aufnahme der Negative gestatten, indem
das vom Objektiv entworfene Bild durch Spiegel nach
drei Dichtungen reflektiert wird und die drei licht-
empfindlichen, durch Filter geschützten Platten gleich-
zeitig trifft1).
Die Dreifarbenphotographie fordert lichtstarke Objek-
tive, da man bei ungenügender Lichtintensität mit den
stets nur wenig rotempfindlichen Platten keine kräftigen
Negative zu erzielen vermag. Weiter soll das Objektiv
derart beschaffen sein, dass die drei, mit einer Einstellung
hergestellten Negative genau gleiche Grösse besitzen.
Bei den gewöhnlichen Objektiven vereinigen sich
die gelben und blauen Strahlen in derselben Bildebene,
während das Bild der roten Strahlen hinter derselben
liegt; auf das Bild der gelben Strahlen wird eingestellt,
da es hell und deutlich sichtbar ist, während die blauen
Strahlen photographisch wirken. Man erhält daher ein
der Einstellung entsprechendes photographisches Negativ,
wobei das Bild der roten Strahlen gar nicht in Betracht
kommt.
Anders liegen die Verhältnisse bei der Dreifarben-
photographie, bei der auch die roten Strahlen zur Bild-
i) A. Hof mann, Aufnahme- Apparate für Farbenphoto-
graphie. Photogr. Centralblatt 1901.
141
erzeugung benutzt werden. Das gewöhnliche, nur für
Gelb und Blau korrigierte Objektiv zeigt bei der Auf-
nahme mit dem roten Strahlenfilter die als „Fokus-
differenz“ bekannte Eigentümlichkeit: dem Negativ fehlt
die Schärfe, und seine Dimensionen entsprechen nicht
der Einstellung.
Bei Objektiven mit kleiner Brennweite und bei
geringer Ausnutzung des Bildwinkels ist dieser Fehler
allerdings kaum wahrnehmbar, bei grösseren Reproduktions-
objektiven ist er aber sehr störend.
Zu seiner Beseitigung wurden von C. Zeiss in Jena
Apochromat- Planare und von Yoigtländer & Sohn in
Braunschweig Apochromat -Kollineare hergestellt, welche
bei einer Einstellung unabhängig von der Farbe des
Filters stets gleich scharfe und gleich grosse Bilder liefern.
Der photographische Prozess.
Nachdem das nasse Yerfahren mit Jodbromkollodium
eine Sensibilisierung durch Farbstoffe nur ausnahms-
weise gestattet, so ist man bei der Ausführung des
Dreifarbendruckes auf die beiden Emulsionsverfahren
angewiesen.
Ob man sich für die Yerwendung der Kollodium-
emulsion entscheiden oder der Gelatineplatte den Yorzug
einräumen soll, wird durch die eben vorhandenen Yer-
hältnisse bestimmt. Mit Kollodiumemulsion lassen sich
sehr leicht jene breiten, durch keine Schirmwirkung
gestörten Sensibilisierungszonen erzielen, wie sie der
photographische Prozess des Dreifarbendruckes fordert,
und wenn auf eine Platte nur eine bestimmte Gruppe
der weniger brechbaren Strahlen wirken soll, so kann
die farbenempfindliche Kollodiumplatte gegenüber der
Gelatineplatte, bezüglich der Expositionsdauer sogar über-
legen sein. Auch ist der Arbeitsmodus bei Yerwendung
der Kollodiumemulsion, besonders wenn es sich um
142
grössere Formate handelt, wesentlich einfacher und
bequemer, als jener bei Benutzung von Gelatineplatten.
Im Momente des Gebrauches können Platten jeder Grösse
hergestellt werden, und das Entwickeln, Fixieren und
Waschen geschieht ohne Zuhilfenahme von Tassen. Ander-
seits bietet wieder die trockene, unverletzliche Schicht
der Gelatineplatte, ihre meist ungleich höhere Empfindlich-
keit, sowie die Möglichkeit, sie fertig zu beziehen, endlich
ihre allgemein bekannte Behandlungsweise so bedeutende
Vorzüge, dass sie überall dort zu empfehlen ist, wo der
Kollodiumprozess nicht in Ausübung steht und der
Dreifarbendruck versucht werden soll.
Gegenwärtig sind ausgezeichnete Kollodiumemulsionen
(Albert und Brend’amour) im Handel, und auch die
Selbstherstellung derselben ist nach den publizierten
Vorschriften1) ohne besondere Schwierigkeiten möglich.
Die Emulsionen werden entweder mit silberhaltigen
Farbstoffen gefärbt, die gleichfalls käuflich sind, oder
man versetzt sie, nach dem Vorschläge des Verfassers,
mit einem silberfreien Farbstoff und badet sie vor dem
Gebrauche in einer 1j2 prozentigen Silberlösung. Bei
Farbstoffen, die bei Gegenwart von Silber nicht ver-
wendbar sind, benutzt man, um die Platte längere Zeit
feucht zu erhalten, ein Boraxbad, eventuell mit Glycerin-
zusatz.
Die mit Silber-Farbstoffen sensibilisierten Emulsionen
fordern eine sehr reinliche, vorsichtige Behandlung,
zeichnen sich aber durch hohe Empfindlichkeit aus,
während der Badeprozess weniger Sorgfalt erfordert,
überhaupt leichter auszuführen ist.
Zieht man Gelatineplatten vor, so kann man ent-
weder käufliche, farbenempfindliche Platten benutzen
oder die Sensibilisierung auch selbst besorgen.
i) Dr. J. M. Eder: Handbuch der Photographie.
A. Freiherr von Hü bl: Die Kollodiumemulsion.
143
In manchen Fällen dürfte sich die Verwendung von*
in Farbstofflösungen gebadeten Gelatineplatten in noch
feuchtem Zustande empfehlen.
Der solchen Platten oft gemachte Vorwurf, dass sie
unscharfe Bilder liefern, ist nur teilweise berechtigt.
Die Gelatineplatte giebt auch trocken exponiert nicht
jene geschnittene Schärfe, die der nassen Kollodiumplatte
-eigen ist; in nassem Zustande exponiert, erscheint zwar
die Matrize noch etwas weicher, doch ist bei Halbton-
zeichnungen der Unterschied nur wenig bemerkbar. Für
die Zwecke des Dreifarbendruckes lassen sich daher nasse
Gelatineplatten recht gut verwenden und gewährt den
grossen Vorteil, dass man die Platte unmittelbar vor dem
Gebrauche, dem jeweiligen Bedürfnis entsprechend, prä-
parieren kann.
Bei der nass exponierten Gelatineplatte kommt jede
Sensibilisierung leicht und kräftig zur Geltung, und man
erzielt mit Leichtigkeit reine, fehlerfreie, klare Negative.
Die gegenwärtig im Handel befindlichen sogen, ortho-
chromatischen, mit Erythrosin sensibilisierten Platten sind
zwar für die Herstellung des Rotbildes nicht ganz ge-
eignet, geben aber bei Benutzung passender Filter doch
ganz zufriedenstellende Resultate.
Die rotempfindlichen Platten des Handels liefern
dagegen tadellose Negative zur Erzeugung des blauen
Bildes.
Die als „panchromatisch“ bezeichneten Platten sind
rot- und grünempfindlich, eignen sich daher für alle
drei Aufnahmen und gewähren den Vorteil, dass man
allerdings nur bei kleinen Formaten, mit Hilfe einer
Schiebekassette, die drei Bilder nebeneinander auf einer
Platte herstellen und gleichzeitig entwickeln kann.
Die Schwierigkeiten, welche man bei der Herstellung
der Dreifarben druck -Negative zu überwinden hat, liegen
nicht nur in der notwendigen Regelung der Farben-
144
empfindlichkeit, sondern auch in der unbedingt erforder-
lichen Charaktergleichheit der drei Negative. Thunlichst
Originaltreue Farben sind nur bei bestimmten Mischungs-
verhältnissen der drei Grundfarben zu erzielen, und da
diese von der Abschattierung der Negative abhangen, so
muss eine Gleichartigkeit ihrer Gradation gefordert werden.
Es ist daher keineswegs zu empfehlen, für ein Negativ
eine nasse Badeplatte, für das zweite eine Kollodium-
emulsions- und für das dritte vielleicht eine Gelatine-
platte zu benutzen, da jedes dieser Verfahren Negative
von anderer Gradation liefert; man hat vielmehr die
ganze Serie von Aufnahmen mit demselben Prozess, unter
denselben Beleuchtungsverhältnissen durchzuführen und
denselben Vorgang bei der Entwicklung einzuhalten, um
Negative zu erzielen, welche dieselbe Klarheit der Schatten,
dieselbe Deckung in den Lichtern, die gleiche Abstufung
der Halbschatten aufweisen.
Aus diesem Grunde bietet die Verwendung der
gleichen Plattensorte (welche für Bot und Grün sensi-
bilisiert sein muss) für alle drei Aufnahmen gewisse
Vorteile.
Um die Beurteilung der Negative bezüglich ihrer
Gleichartigkeit zu erleichtern, empfiehlt es sich, neben
dem Original kleine Streifen neutralgrauer Papiere von
verschiedener Helligkeit anzubringen. Da das Grau alle
Strahlen des weissen Lichtes gleichmässig reflektiert, so
hängt die photographische Wiedergabe grauer Töne gar
nicht von der Earbenempfindlichkeit der Platten oder
dem etwa verwendeten Filter ab, sondern wird lediglich
durch die, der photographischen Schicht eigentümliche
Gradation bedingt.
Recht passend für diesen Zweck sind Platinkopieen,
die man durch Belichten unter einer terrassenförmig
hergestellten Skala aus Schreibpapier erhalten hat. Eine
Skala mit vier bis fünf Abstufungen ist vollkommen
145
ausreichend. Die drei Negative sind derart zu exponieren
und zu entwickeln, dass diese Grauskala richtig und
gleich wiedergegeben erscheint.
Solche Grauskalen wird man auch benutzen, uni die
notwendige Expositionsdauer für die drei Aufnahmen im
vornherein zu ermitteln, was unbedingt notwendig ist
wenn man die drei Bilder nebeneinander auf einer Platte
— mittels der Schiebekassette — herstellt. Man photo-
graphiert die Skala mit der von den Filtern bedeckten
Platte, entwickelt und korrigiert dann die Expositions-
zeiten entsprechend dem Aussehen der drei Bilder so
lange, bis eine gleiche Wiedergabe der Skala erzielt ist.
Allerdings gelten die so ermittelten Expositionszeiten
eigentlich nur für die beim Versuch gewählten Be-
leuchtungsverhältnisse, da sie von der Farbe und In-
tensität des Lichtes etwas abhängig sind.
Wenn in dem zu reproduzierenden Bild eine Farbe
in grösserer Ausdehnung vertreten ist, so wird das in
dieser Farbe zu druckende Negativ meist den Eindruck
einer zu kurz exponierten Platte hervorrufen. Man darf
sich durch diese, meist beim Gelbdrucknegativ auf-
tretende Erscheinung nicht beirren lassen; das Negativ
ist immer richtig exponiert, wenn die Grauskala dieser
Bedingung entspricht.
Bezüglich der richtigen Farbentrennung liefert das
Aussehen der Negative meist keinerlei Anhaltspunkte;
sie unterscheiden sich oft so wenig voneinander, dass
man sie fast verwechseln könnte, und machen stets den
Eindruck, dass die auszuschaltenden Farben nicht voll-
kommen unterdrückt wurden.
Auch ein erfahrener Chrom olithograph ist nicht im
stände, die Negative oder Kopieen derselben bezüglich
ihrer Farbenrichtigkeit zu beurteilen, denn die Resultate
der Mischung von drei so heterogenen Farben sind ihm
ebenso fremd, wie die eigentümlichen Erscheinungen,
von Hübl, Dreifarbenphotographie. 2. Aufl. IO
— 146
die bei der Vereinigung schmalbandiger Pigmente auf-
treten. Dass Schwarz, Grau und alle Nuancen des Braun
aus Gelb, Blau und Rot zu bilden sind, dass die Farbe
des Ultramarins aus Purpurrot und Grünlichblau, dass-
Zinnober aus Purpur und Schwefelgelb entstehen soll,
sind Forderungen, die ein im sonstigen Farbendruck
geübter Kolorist kaum für erfüllbar hält.
Man kann nur für eine zweckentsprechende Farben-
empfindlichkeit der Platten und für passende Strahlen-
filter sorgen, und um sich von dem Vorhandensein dieser
Bedingungen während der Aufnahme zu überzeugen,
bringt man neben dem Original eine aus verschiedenen
Farben gebildete Probetafel an, deren Abbildung im
Negativ für die Beurteilung der angestrebten Farben-
trennung massgebend ist. Die Probetafel soll möglichst
differente Farbentöne umfassen, im übrigen ist aber ihre
Auswahl ziemlich gleichgültig.
Die einem bestimmten Grundfarbensystem ent-
sprechenden Teilbilder dieser Probetafel werden unter
Benutzung theoretisch richtig sensibilisierter Platten, für
welche auf spektrographiscliem Wege die notwendigen
Korrektionsfilter bestimmt wurden, dann unter Zuhilfe-
nahme der auf Seite 101 erwähnten theoretisch aus-
gemittelten Kontrollfarben ein für allemal festgestellt
Von der gelungenen Farben Spaltung überzeugt man sich
durch einen Zusammendruck oder besser durch die
Bildung eines transparenten Diapositivs. Hat man in
dieser Weise richtige Teilbilder der Probetafel gewonnen,
so hat man bei jeder für den Dreifarbendruck bestimmten
Serie von Aufnahmen das gleiche Aussehen der neben
dem Original angebrachten Probetafel anzustreben.
Beilage I zeigt eine solche für diesen Zweck brauch-
bare Zusammenstellung von Farben, und Beilage IV zeigt
die für die beiden Grundfarbensysteme ausgemittelten
Teilbilder derselben.
147
Die Tafel besteht aus neun verschiedenen Farben-
tönen und ist mit thunlichst lichtechten Farben gedruckt,
damit sie längere Zeit als Kontrollobjekt bei den Auf-
nahmen verwendet werden kann.
Mit Ausnahme von Gelb und allenfalls Ultramarin
zeigen alle Felder ein mehr oder weniger unreines Aus-
sehen, wie dies bei halbwegs lichtechten Farben stets der
Fall ist. Insbesondere gilt das von dem aus Pariserblau
und Chromgelb bestehenden Seidengrün, das schon
wiederholt besprochen wurde, sich jedoch von der in
der Farbentafel eingetragenen Mischung durch einen
höheren Blaugehalt unterscheidet. Zinnober und Chrom-
orange entsprechen annähernd den Seite 101 erörterten
Eontrollfarben.
Die verschiedenen, teils reinen, teils weisslichen
und schwärzlichen Farben der Probetafel ermöglichen
es, den Spaltungs- und V ereinigungsprozess an charakte-
ristischen Beispielen zu verfolgen, bei einiger Übung ge-
statten sie, aus dem Aussehen ihrer Negative auf das
voraussichtliche Resultat Schlussfolgerungen zu ziehen
und lassen endlich auch erkennen, bei welchen Teilen des
Bildes eine Farbenkorrektur durch Retouche erforderlich
sein wird.
Treten bei einem Verfahren Misserfolge auf, so sucht
man ihre Ursachen meist in jenem Prozess, den man am
wenigsten zu beherrschen im stände ist und dessen
Einfluss auf das Schlussresultat man nicht zu durch-
schauen vermag. So wird ein Misserfolg im Dreifarben-
druck fast immer in der Färbung der Filter gesucht,
denn die Verwendung farbiger Gläser ist für den Prak-
tiker die scheinbar wichtigste Operation bei der Her-
stellung der Negative. Dominiert dann im Zusammen-
druck das Rot oder Blau, so wird auf eine nicht genügende
Trennung der Farben geschlossen, und die Filter werden
für den Misserfolg verantwortlich gemacht.
io*
148
Am häufigsten wird über die Unvollkommenheit der
roten Platte geklagt; das Rot drängt sich überall vor,
die grünen Töne werden durch Rot verdorben, statt
Blau erhält man Violett, über dem ganzen Bilde liegt
ein roter Ton. Wer die Theorie des Dreifarbendruckes
nicht vollständig beherrscht, muss die Ursache dieser
„Rotsucht“ in der Unvollkommenheit der roten Druck-
platte suchen, und, da ein Abschwächen des Rotdruckes
nicht zum Ziele führt, versucht man das Negativ thun-
lichst hart zu machen, und da auch dieses Mittel erfolglos
ist, wird das Grünfilter thunlichst dunkel gewählt. Da
ein erneuerter Zusammendruck durchaus nicht das ge-
wünschte Resultat liefert, bleibt nurmehr ein Ausweg
— die Retouche des Negativs — , man deckt eben alles
Rot aus den grünen und blauen Teilen des Bildes ab.
Die Ursache dieses Misserfolges liegt aber vielleicht
gar nicht im Negativ. Wenn das Grün durch den Rot-
druck verdorben wird, so ist das aus dem Gelb und
Blau gemischte Grün schon so schmutzig, dass es keinen
Rotzusatz mehr verträgt. Wählt man statt des sogen,
„reinen“ Blau ein entsprechendes Blaugrün, dann ist die
im Negativ vorgezeichnete Menge Rot nicht nur unschäd-
lich, sie ist unbedingt nötig, um jene Grünnuancen zu
erzielen, die uns das Original vorschreibt.
Bei Basierung auf die theoretisch richtigen Druck-
farben spaltet die Photographie z. B. das Seidengrün in
die Komponenten: 2 Teile Blaugrün -\- 2 Teile Gelb -f-
1 Teil Purpur (Seite 94), und wenn wir Farbstoffe von
richtigem Ton und genügender Reinheit wählen, so wird
die Mischung auch dasselbe Grün wiedergeben. Wenn
wir aber beim Zusammendruck Pariserblau und Chromgelb
benutzen, so ist die rote Komponente äusserst störend,
denn sie verwandelt das Grün in ein schmutziges Oliv.
Dann muss eben eine ausgiebige Retouche mit in
den Kauf genommen werden.
149
Übrigens ist eine solche beim Dreifarbendruck fast
nie za entbehren, wegen der unvermeidlichen Ab-
schattierungsfehler der Druckformen.
Man muss sich die im Prinzip des Pressendruckes
liegenden Mängel stets vor Augen halten und darf die
Ursache von Misserfolgen nicht immer im Wesen des
Dreifarbenprozesses suchen.
Im schwarzen Druck stören uns die Abschattierungs-
fehler verhältnismässig wenig; die Konturen treue bleibt
stets erhalten, und ob die Abschattierung einmal etwas
weicher, ein anderes Mal etwas härter ausfallt, ob
ein allgemeiner Ton das ganze Bild bedeckt oder die
Lichter etwas breit geraten, ob die Schattendetails mehr
oder weniger deutlich ausgebildet sind, schadet wenig
dem Gesamteindruck der Reproduktion.
Im Dreifarbendruck aber ist die Abschattierung für
die Richtigkeit der Farben massgebend, und wir
empfinden es sehr störend, wenn z. B. das Firmament
grün erscheint und die braunen Baumstämme violette
Schatten zeigen.
Für die Zusammensetzung der Filter ist es kaum
möglich, bestimmte Yorschriften aufzustellen, da ihre Be-
schaffenheit wesentlich von den Eigentümlichkeiten der
Platten abhängt und diese, selbst bei derselben Sorte,
Schwankungen unterworfen sind.
Auch ist die Bereitung der Filterflüssigkeiten —
meist enorm verdünnte Lösungen von Teerfarbstoffen —
mit Schwierigkeiten verbunden, denn die färbende Kraft
dieser Farbstoffe ist nicht immer die gleiche, und ausser-
dem fordert sie Einrichtungen, die dem Praktiker nur
selten zu Gebote stehen.
Die beiliegende Probetafel bietet jedoch ein bequemes
Mittel, um zu einer bestimmten Platte jederzeit das erforder-
liche Filter zu ermitteln.
150
Die transparenten Dreifarbenbilder lehren uns, dass
die photographische Farbenspaltung gar keine so difficile
Operation ist, als man anfänglich geglaubt hat. Bei
diesem Yerf ähren erzielt man nämlich ohne jede Retouche
zufriedenstellende Resultate, wenn auch die Sensibilisierung
der Platten, die Beschaffenheit der Filter und selbst die
Farben der Teilbilder nur annähernd den theoretischen
Forderungen entsprechen.
Man darf daher bei der Ausführung des photographischen
Prozesses nicht allzu ängstlich sein und keineswegs
glauben, dass kleine Unterschiede in der Farbe der Filter
oder Art der Sensibilisierung von wesentlichem Einfluss
auf das schliessliclie Resultat sind.
Plattensensibilisierungen und Strahlenfilter für
das Grundfarbensystem: Gelb, Purpur, Blaugrün.
I. Das Negativ für den Gelbdruck.
Die Empfindlichkeit dieser Platte soll zwischen F
und G liegen und einerseits gegen j£, anderseits gegen
Rot verlaufen. Dieser Forderung entspricht die gewöhn-
liche Gelatineplatte, da die ihr eigentlich fehlende Rot-
empfindlichkeit durch ihre Empfindlichkeit für das spek-
trale Violett teilweise ersetzt wird. Thatsächlich werden
auch die roten Pigmente infolge ihres Seite 39 besprochenen
spektralen Verhaltens von der gewöhnlichen Bromsilber-
platte relativ hell wiedergegeben, während gelbe ganz
unwirksam sind. Die Aufnahme für den Gelbdruck kann
daher mit einer gewöhnlichen Gelatineplatte erfolgen, eine
weitere Sensibilisierung derselben oder die Anwendung
eines Strahlenfilters ist nicht nötig.
Fordert jedoch das Original eine lange Exposition,
so könnte sich die sonst kaum wahrnehmbare Grün-
empfindlichkeit der Platte bemerkbar machen (Seite 110)
und gelbe Pigmente würden nicht mehr ganz wirkungs-
los sein.
151
In diesem Falle ist es empfehlenswert, ein Blaufilter
vorzuschalten, und da dieses in keinem Falle stört, so
kann es bei jeder Aufnahme benutzt werden. Unbedingt
notwendig ist dieses Filter, wenn die drei Aufnahmen
auf einer Platte ausgeführt werden sollen, wenn also
z. B. panchromatische Lumiere-, eine Spektrum- oder
Perchromo- Platte zur Verwendung kommt.
Man schaltet daher ohne Rücksicht auf die Platten-
sorte eine 5 mm weite Cuvette, die mit einer Lösung
von Höchster Neublau 1 : 5000 gefüllt ist, vor das
Objektiv, oder benutzt vor der Platte ein Trockenfilter,
das man durch Baden einer mit Gelatine überzogenen
Glasplatte in einer Lösung des gleichen Farbstoffes in
der Seite 136 angegebenen Weise hergestellt hat Die
Intensität des Filters soll derartig sein, dass es, gegen
weisses Papier betrachtet, ebenso satt erscheint, wie das
in der Probetafel dargestellte Ultramarinblau.
Etwas anders verhält sich die Kollodiumemulsions-
Platte, die fast nur für die violetten Strahlen empfind-
lich ist. Trotzdem ist sie aber ebenso wie die nasse
Jodsilber- Badeplatte für die Erzeugung des Gelbdruck-
Negativs recht gut zu brauchen, denn die Aufnahme
eines farbigen Objektes mit einer solchen Platte ist von
einer mit theoretisch richtiger Sensibilisierung kaum zu
unterscheiden.
Übrigens kann man der Kollodiumemulsion die
fehlende Blaugrün - Empfindlichkeit leicht durch einen
Acridinzusatz erteilen, der auch empfehlenswert ist, weil
er die Klarheit und Brillanz der Platte wesentlich fördert.
Man verwendet eine Chlor -Bromemulsion1), der man
auf 100 ccm 5 bis 10 ccm Acridin NO- Lösung 1 : 150
zufügt.
i) Man kann die käuflichen Präparate benutzen, oder die
Emulsion nach den Angaben des Verfassers selbst hersteilen.
152
Die gefärbte Emulsion ist vollkommen haltbar. Bei
voraussichtlich langer Exposition wird die Platte nach
dem Erstarren der Schicht in Boraxlösung — 1 Teil kalt
gesättigte Lösung mit 3 Teilen Wasser verdünnt —
gebadet und nass mit vorgeschaltetem Blaufilter exponiert.
Etir die entsprechende Beschaffenheit der Platte gelten
nachstehende Anhaltspunkte: Das Chromgelb der Probe-
tafel soll unwirksam im Schwarz sein, das Ultramarin
soll ebenso gedeckt wie Weiss erscheinen und die roten
Eelder, besonders „Geranium“, müssen im Halbton wieder-
gegeben werden.
Die Intensität des Eilters regelt die Grünempfind-
lichkeit. Erscheinen daher die grünen Pigmente zu hell,
so verstärkt man das Filter, ist ihre Wirkung zu gering,
so verdünnt man die Flüssigkeit.
Ein von der Probetafel, Beilage I, für den Gelbdruck
hergestelltes Negativ giebt die aus Beilage IY ersichtliche
Kopie.
Wollte man der Platte die theoretisch geforderten
Empfindlichkeitsverhältnisse erteilen, so müsste man einen
Sensibilisator für das äusserste Rot, z. B. Chlorophyll,
benutzen und die violetten Strahlen durch ein blaugrünes
Filter abschneiden. Das Yerfahren wird dann kompliziert
und unsicher, ohne dass es bessere Resultate liefern würde.
2. Das Negativ für den Rotdruck.
Das Seite 97 angegebene Diagramm verlangt für
diese Aufnahme eine Platte, die von D bis F 1j2 G sensi-
bilisiert ist und ihre Maximalempfindlichkeit im gelblichen
Grün des Prismenspektrums besitzt.
Dieser Forderung entspricht sehr gut die mit Eosin-
silber sensibilisierte Kollodiumemulsion, wenn man ihre
Blauempfindlichkeit durch ein Gelbfilter ausschaltet und
ihr spektroskopisches Sensibilisierungsband eventuell durch
Zusatz eines bläulich -roten Farbstoffes bis D verlängert.
153
Doch kann letztere Massnahme in der Praxis auch ent-
fallen. Weniger richtige Resultate liefert die ortho-
chromatische — mit Erythrosin sensibilisierte — Gelatine-
platte, die zwischen E und F ein tiefes Minimum zeigt.
Sehr günstig verhält sich die nach Dr. Miethe mit
Äthylrot1) sensibilisierte Platte, deren breites Sensi-
bilisierungsband durch ein passendes Filter leicht nach
Belieben umgeformt werden kann.
Zur Erzeugung des Negativs für den Rotdruck kann
man daher einen der folgenden Wege einschlagen:
1. Eosinsilber-Badeplatte. — 100 ccm Emulsion
werden mit 2 ccm der nachstehenden Farbstoffmischung
versetzt und die gegossene Platte vor der Exposition in
einer A/^prozentigen Silbernitratlösung gebadet:
Eosingelbstich 1 : 150 30 ccm,
Rose bengale 1:150 10 „
Als Filter dient eine wässerige Lösung von Pikrin-
säure 1:500 in einer 5 mm weiten Cuvette oder eine
mit Naphtholgelb S gefärbte Gelatineplatte von gleicher
Sättigung (Seite 137).
2. Kollodium-Emulsion mit Eosinsilberzusatz.
Die Emulsion wird mit einer neutralen Lösung von Eosin-
silber in Ammoniak, z. B. dem käuflichen Farbstoff von
Dr. Albert, versetzt und die Platte feucht exponiert.
Die käuflichen Eosinsilberlösungen enthalten zwar einen
gelben Farbstoff, der als Strahlenfilter wirkt, doch unter-
drückt er gewöhnlich die blauen Strahlen nicht in aus-
reichendem Masse. Man benutzt daher auch bei Yerwendung
dieser Sensibilisatoren die oben angegebenen Gelbfilter.
3. Sollen die Aufnahmen auf Gelatineplatten her-
gestellt werden, so können sogen, orthochromatische oder
panchromatische Platten zur Yerwendung kommen. Zur
i) Die Verwendung dieses Seite 122 erwähnten Farbstoffes
ist zum Patent an gemeldet.
154
Korrektion der Sensibilisierung dient in beiden Fällen ein
Grünfilter, das nicht nur die Blau- und die eventuelle
Botempfindlichkeit der Platte eliminiert, sondern auch die
zu hohe Empfindlichkeit im grünlichen Gelb dämpfen soll.
Man gebraucht zu diesem Zwecke eine 5 mm dicke
Schicht einer Lösung von:
Säuregrün 1:150 5 ccm,
Kaliumdichromat 1:75 .... 150
oder ein Trockenfilter, das man durch Baden einer gelati-
nierten Glasplatte in nachstehender Farbstofflösung her-
gestellt hat (Seite 136):
Echtgrün, bläulich 1 : 200 . . .
15
ccm,
Naphtholgelb S. L. 1 : 200 . . .
25
55
Methylorange 1 : 400
30
55
Wasser
100
y>
Alkohol
20
n
Essigsäure
5
Tropfe]
Das Abstimmen des Filters wird wesentlich erleich-
tert, wenn man es aus zwei Glasplatten bildet, von welchen
eine mit Echtgrün, die zweite mit Naphtholgelb und Orange
gefärbt wird.
4. Zuweilen wird es zweckmässig sein, die Gelatine-
platte nach der Sensibilisierung im Farbstoffbade in noch
nassem Zustande zu exponieren und es ist dieser Yorgang
bei grossen Formaten zu empfehlen. Man badet die Platte
etwa 5 Minuten in folgender Lösung:
Wasser
. . . 1000 ccm
Uraninlösung 1 : 150 . .
... 25 „
Erythrosinlösung 1 : 150 .
... 6 „
Ammoniak ......
... 10 „
Silbernitratlösung 1 : 10 .
... 2 „
spült mit Wasser ab und exponiert durch eine Pikrinsäure-
lösung 1 : 500. Derartige Platten zeichnen sich durch
hohe Grünempfindlichkeit aus und liefern sehr klare,
tadellos abschattierte Negative.
155
In jedem Falle hat man sich durch eine photo-
graphische Aufnahme der Probetafel von der passenden
Beschaffenheit des Filters zu überzeugen. Das Chrom-
gelb soll fast ganz, Ultramarin und Zinnober halb gedeckt
erscheinen, Grün soll thunlichste Deckung zeigen und
Kobalt soll sich von Krapp mit Kobalt deutlich unter-
scheiden.
Die Kopie eines solchen Negatives ist aus Beilage IY
ersichtlich.
Wird Zinnober zu hell oder zu dunkel wiedergegeben,
so verstärkt oder schwächt man den grünen Bestandteil des
Filters; ist das Blau zu kräftig gedeckt, so vermehrt man
das Gelb, fehlt dem Blau die notwendige Deckung, so
schwächt man das Gelb im Filter.
3. Das Negativ für den Blaudruck.
Als Sensibilisator für diese Platte ist das Cyanin
vollkommen geeignet. Das Sensibilisierungsband soll zwar
von C langsam nach D und dann ziemlich steil gegen E
abfallen, während das photographische Wirkungsband dieses
Farbstoffes erst in der Nähe von C beginnt. Doch ist
dieser Umstand von geringer Bedeutung, weil es für die
Wiedergabe eines Farbstoffes ziemlich gleichgültig ist, ob
und inwiefern eine Absorption im äussersten Spektralrot
berücksichtigt wird. Es genügt, wenn man den Raum in
der Nähe von C überhaupt abtastet, wenn auch die Platte
das theoretisch richtige Sensibilisierungsband nicht besitzt
(Seite 42).
Im übrigen entspricht die Kurve der mit Cyanin
sensibilisierten Kollodium -Emulsion sehr gut den theo-
retischen Forderungen, und man hat lediglich die Wirkung
der blauvioletten Stellen zu unterdrücken und die Gelb-
grünempfindlichkeit etwas abzuschwächen. Beides erzielt
man leicht durch ein Strahlenfilter, bestehend aus einer
5 mm dicken Schicht von
156
Kaliumplatinchlorür 1:8 oder
Aurantia 1 : 1000.
Als Trockenfilter dient eine mit Gelatine überzogene
Glasplatte, die man mit Methylorange (Seite 138) derart
anfärbt, dass sie, gegen weisses Papier besehen, ebenso
satt wie das Orange der Probetafel erscheint.
Die gegenwärtig käuflichen, rotempfindlichen und
panchromatischen Gelatineplatten sind gleichfalls sehr gut
brauchbar, nur müssen sie hinter einem dunkleren Strahlen-
filter exponiert werden.
Als Flüssigkeitsfilter entspricht eine kaltgesättigte
Lösung von Kaliumplatinchlorür oder eine Mischung,
bestehend aus:
Biebricher Scharlach 1 : 1000 . . 6 ccm,
Aurantia 1 : 1000 10 „
Das Filter soll, gegen weisses Papier betrachtet, etwa
dem Zinnober der Probetafel entsprechen.
Zum Färben der Trockenfilter dient nachstehende
Farbstofflösung:
Biebricher Scharlach 1 : 200
Naphtholgelb S. L. 1:200
Methylorange 1:400 . .
Wasser .......
Alkohol
Essigsäure
Man lässt die Platte so lange in der Flüssigkeit, bis sie in-
tensiv rot — analog dem Flüssigkeitsfilter — gefärbterscheint.
Will man die Platten selbst sensibilisieren, so be-
nutzt man die Seite 121 von Dr. Miethe angegebene
Vorschrift, oder man badet die Platte in einer Lösung von:
Wasser 1000 ccm,
Alkohol 300 „
Cyaninlösung 1:500 5 „
der man etwas Ammoniak oder kaltgesättigte Boraxlösung
zufügt. — Sie gelangen am besten noch nass zur Expo-
40 ccm,
10 „
10 „
200 „
40 „
10 Tropfen.
157
sition. Sollen die Platten trocken verwendet werden, so
ersetzt man das Wasser durch eine zelmprozentige Dextrin-
lösung1). Die Platten bleiben zwar nur etwa acht Tage
brauchbar, übertreffen aber bezüglich ihrer Rotempfindlich-
keit fast alle Platten des Handels.
Zur Kontrolle der photographischen Aufnahme für
den Blaudruck dient das Verhalten der Probetafel, welche
bei richtiger Farbenspaltung in der aus Beilage IV ersicht-
lichen Form abgebildet wird. Chromgelb und Zinnober
müssen daher wie wreiss wirken, Ultramarin fast wie
Schwarz, und die grünen Felder sollen im Halbton
erscheinen.
Fehlt dem Zinnober die Deckung, so verstärkt man
das Filter, erschienen die grünen Felder zu dunkel, so
verringert man seine Intensität. Dabei trachtet man, das
Filter thunlichst licht zu wühlen, um eine zwecklose Ver-
längerung der Exposition zu vermeiden.
Plattensensibilisierungen und Strahlenfilter für
das Grundfarbensystem: Gelb, Krapplack und
Pariserblau.
I. Das Negativ für den Gelbdruck.
Entsprechend der Seite 99 aufgestellten Sensibili-
sierungskurve ist für diese Aufnahme eine Kollodium-
Emulsionsplatte oder eine nasse Jodsilberplatte ohne
Strahlenfilter vollkommen geeignet. Die Cuvette wird
daher mit Wasser gefüllt und bei Verwendung von
Trockenfiltern eine farblose Glasplatte vorgeschaltet
(Seite 139).
Die der Platte mangelnde Rotempfindlichkeit wird
durch ihre Violettempfindlichkeit ersetzt. Die Sensibili-
sierung mit Chlorophyll u. s. w., sowie das Vorschalten
i) Atelier des Photographen 1899, S. 5.
158
eines Violettfilters ist nicht zu empfehlen, es macht den
Prozess kompliziert und bringt keinerlei Nutzen.
Bei Verwendung von Gelatineplatten ist dagegen
das Vorschalten eines Violettfilters zweckmässig, da es
die Blaugrünempfindlichkeit dämpft und das Empfindlich-
keitsmaximum gegen Violett verschiebt. Man benutzt
daher eine Methylviolettlösung 1 : 10000 oder eine mit
diesem Earbstoff gefärbte Gelatine -Glasplatte (Seite 137).
Das Filter soll, gegen weisses Papier betrachtet, etwa
die Sättigung des im Farbenkreis, Beilage II, eingetragenen
Violetts zeigen.
Den praktischen Bedürfnissen entspricht aber die
gewöhnliche Platte (Gelatine-, Kollodium- oder nasse Jod-
silberplatte) ohne jeden Filter vollkommen, und es liegt
kein Grund vor, diesen einfachen Vorgang zu kom-
plizieren, weil bei dem prinzipiell unrichtigen Farben-
system kleine Fehler in der Farbentrennung gar nicht
zur Geltung kommen. Man kann daher auch ein auto-
typisches Negativ direkt nach dem Original in den
allgemein üblichen Weise mit nassem Kollodium her-
steilen.
Benutzt man aber eine orthochromatische oder pan-
chromatische Platte, dann muss selbstverständlich das
Violettfilter vorgeschaltet werden, um die Wirkung aller
Strahlen ausser Blau und Violett zu eliminieren.
Das gleiche Filter entspricht auch, wenn man die
Aufnahme mit einer Eosinsilber - Kollodium - Emulsion
durchführt. Dieser Vorgang ist zweckmässig, weil er im
Vergleiche mit der nicht sensibilisierten Emulsion eine
Abkürzung der Expositionszeit gestattet.
2. Das Negativ für den Rotdruck.
Die Herstellung dieses Negatives verlangt eine Platte
mit einem breiten Sensibilisierungsbande, das von D x/2 F
bis F fast gleiche Intensität besitzt.
159
a) Dieser Forderung entspricht am besten eine Kollo-
dium-Emulsions- Badeplatte mit Eosin -Uranin -Sensibili-
sierung. 100 ccm Emulsion werden mit 3 ccm einer
Mischung von:
Eosin gelbstich 1:150 10 ccm,
Uranin 1 : 150 80 „
versetzt, und die gegossene Platte vor der Exposition in
einer x/2 prozentigen Silbernitratlösung gebadet.
Strahlenfilter: Pikrinsäure 1 : 10000, oder eine analog
mit Naphtholgelb S gefärbte gelatinierte Glasplatte.
b) Vollkommen brauchbare Resultate geben auch die
mit den käuflichen aminoniakalischen Eosinsilberlösungen
gefärbten Emulsionen1) bei Verwendung des gleichen
Strahlenfilters.
c) Die gewöhnlichen orthochromatischen Gelatine-
platten zeigen gerade an der Stelle zwischen b und F
statt der verlangten Maximalempfindlichkeit ein aus-
geprägtes Minimum und entsprechen daher nur wenig
der theoretischen Forderung.
Die gleiche Eigentümlichkeit besitzen auch die ver-
schiedenen panchromatischen Platten des Handels.
Alle diese Platten sind aber in der Praxis recht gut
brauchbar, wenn man sie hinter einem, genügend satten
Grünfilter exponiert, wodurch allerdings die erford erlich e-
Belichtungsdauer sehr bedeutend verlängert wird.
Als Filterflüssigkeit benutzt man die nachstehende
Mischung :
Säuregrün 1:150 2 ccm,
Pikrinsäure 1 : 100 40 ,,
Die Flüssigkeit wird in 5 mm dicker Schicht vor-
geschaltet. Trockenfilter von passender Färbung erhält
i) Emulsion von Dr. Albert mit Farbstoff P und für direkte
Rasteraufnahmen Farbstoff A, und die Emulsion von Brend’-
amour mit Farbstoff Alpha.
160
man durch Baden einer mit Gelatine überzogenen Glas-
platte (Seite 136) in folgender Farbstoff lösung:
Echtgrün, bläulich 1:200 . . . 30 ccm,
Naphtholgelb S. L. 1 : 200 ... 45 „
Alkohol . 40 „
Wasser . . . 200 „
Essigsäure •. . . . 10 Tropfen.
Es ist jedoch unbedingt empfehlenswert, das Filter
durch Yersuche mit der Probetafel für die Plattenempfind-
lichkeit abzustimmen.
Eine Kopie des Negatives soll das aus Beilage IY
ersichtliche Resultat geben.
Chromgelb muss fast wie Weiss wirken, dabei soll
aber Ultramarin ziemlich hell erscheinen, und die grünen
Felder sollen im Negativ thunlichst gedeckt sein.
Eine Erhöhung des Gelbgehaltes im Filter verstärkt
die Wirkung der gelben und orange Farbstoffe, schwächt
aber jene der blauen, und eine Yeränderung des grünen
Filteranteils beeinflusst die Deckung des Orange und Rot.
Erscheint das blaue Feld zu wenig gedeckt, so ent-
hält das Filter zu viel Gelb, fehlt es aber im Chromgelb
an Deckung, so ist der Gelbgehalt zu gering. Der Gelb-
gehalt des Filters ist somit derart zu wählen, dass im Feld
„Chromgelb“ eben noch genügende Deckung erzielt wird.
Man korrigiert dementsprechend die Farbstoff lösung, oder
hilft sich durch Auswaschen oder Nachfärben der Filter-
platte. Eine Yeränderung der Grünfärbung dürfte kaum
notwendig sein, nur wenn Zinnober zu hell erscheint,
muss der Grüngehalt vermehrt werden.
Das Abstimmen des Trockenfilters wird wesentlich
erleichtert, wenn man es aus zwei übereinander gelegten
Glasplatten bildet, von welchen eine in der oben an-
gegebenen Weise, aber nur mit Echtgrün, und die zweite
mit Naphtholgelb gefärbt wird.
161
Die Yollstandige Deckung des Feldes „Seidengrün“
kann in keiner Weise erzwungen werden, denn dieses
Grün besteht ja aus etwa 1 Teil Reingrün und 3 Teilen
Schwarz (Seite 71).
Ungleich besser als die erwähnten Platten ist für
die Erzeugung des Rotdruck -Negatives die mit Äthylrot
sensibilisierte Platte geeignet, was aus ihrem Sensibili-
sierungsband ohne weiteres ersichtlich ist. Auch bei vor-
geschaltetem Grünfilter — das relativ hell, aber etwas
blaustichiger gewählt werden muss — fordert sie eine
nur kurze Exposition und übertrifft in dieser Beziehung
jede der bisher bekannten Plattensorten.
Sehr gute Resultate liefert auch die mit Uranin
sensibilisierte, feucht zu exponierende Gelatineplatte
(Seite 154) hinter einem hellen Pikrinsäure -Säuregrün-
filter, dessen Färbung und Sättigung in der oben an-
gegebenen Weise leicht zu ermitteln ist.
Auch bei der Erzeugung dieses Negativs empfiehlt
sich die Wahl eines thunlichst einfachen Verfahrens und
das Beiseitelassen aller Künsteleien, denn eine auf kom-
pliziertem Wege vielleicht erzielte etwas bessere Farben-
zerlegung kommt bei dem wiederholt schon besprochenen
Mangel der Farben und Druckplatten doch nicht zur Geltung.
Schliesslich soll nochmals betont werden, dass die
Klagen über den störenden Rotdruck nur zum geringsten
Teile in mangelhaften Filtern und Platten zu suchen sind,
dass sie auch nicht in der Beschaffenheit der roten Druck-
farbe liegen, sondern fast ausschliesslich durch die Unvoll-
kommenheit des Blaudruckes — Mangel an Reinheit und
ungenügendem Grünstich — bedingt werden.
3. Das Negativ für den Blaudruck.
Das Diagramm Seite 99 fordert eine Sensibilisierungs-
kurve mit dem Maximum im Gelborange und langsamem
Abfall zum Blaugrün. Die mit Cyanin sensibilisierte
von Hübl, Dreifarbenphotographie. 2. Aufl. II
162
Kollodium-Emulsion entspricht dieser Bedingung, wenn
man die Seite 155 gemachten Erwägungen bezüglich der
Sensibilisierung für den Kaum C bis D gelten lässt. Man
wird nur ein heller gefärbtes Orangefilter verwenden, um
den Verlauf der Sensibilisierungskurve im Grün nicht
zu stören.
Das Cyanin, das man in der Praxis gern vermeidet,
kann auch durch Bengairosa *), Cyklamin, Rhodamin 3 B
u, s. w. ersetzt werden. Diese Sensibilisatoren haben aber
ein relativ dunkles Filter notwendig (10 ccm Aurantia
1:1000 und 10 ccm Biebricher Scharlach 1:1000), um
das Rot genügend hell wiederzugeben, wodurch die
Empfindlichkeit der Platte für Grün herabgesetzt wird,
und solche Pigmente erscheinen daher in der Reproduktion
leicht zu blaustichig.
Sehr gut brauchbar sind die mit Cyanin nach den
Vorschriften Seite 121 und 156 sensibilisierten Gelatine-
platten, dann aber auch alle rotempfindlichen und pan-
chromatischen Platten des Handels.
Hat man sich für einen Vorgang entschieden, so
macht man mit dem Seite 156 angegebenen Rotfilter
(Biebricher Scharlach und Aurantia, Kaliumplatinchlorür
oder Trockenfilter) eine Aufnahme der Probetafel, in der
Zinnober fast ebenso wie Weiss, Ultramarin wie Schwarz,
und das mit Seidengrün beschriebene Feld thunlichst
gedeckt erscheinen soll.
Ob die letztere Forderung zutrifft, ist aus der Auf-
nahme nicht erkennbar, und kann nur auf dem Wege
des Versuches ermittelt werden.
Da das Verstärken des Filters, resp. eine Vermehrung
des Scharlachzusatzes die Deckung des roten, das Ab-
schwächen jene der grünen Felder vermehrt, so lässt
sich durch einige Probeaufnahmen leicht jene Filter-
i) Farbstoff R von Dr. Albert.
163
intensität ermitteln, die den drei Bedingungen gleichmässig
Bechnung trägt.
Die Flüssigkeitsschichten können selbstverständlich
durch Trockenfilter von gleicher Sättigung ersetzt werden,
wobei man den Seite 156 angegebenen Weg einschlägt.
Es muss auch hier empfohlen werden, den jeweilig
einfachsten, bequemsten und sichersten Weg einzuschlagen
und ein gut moduliertes, tadellos abschattiertes Negativ
anzustreben, das im grossen und ganzen eine korrekte
Farbenspaltung aufweist, wenn es auch in dieser Beziehung
gewisse Feinheiten vermissen lässt.
b) Die Herstellung und Vereinigung der Teilbilder.
1. Transparente Dreifarben bilder.
Aus transparenten Folien hergestellte Photochromieen
haben zwar für die Praxis einen nur untergeordneten
Wert, da ihre Herstellungsweise eine sehr zeitraubende
ist, immerhin verdienen sie aber als Projektionsdiaposi-
tive eine gewisse Beachtung, und wertvoll sind sie für
das Studium des Dreifarbendruckes, da sie von allen
durch das Prinzip des Farbendruckes bedingten Fehlern
frei sind.
Bei dem Übereinanderlegen transparenter Bilder
kommt jedes derselben voll zur Geltung, und in dieser
Beziehung gewährt das Verfahren entschieden eine bessere
Garantie für die richtige Wiedergabe der Originalfarben,
als der Dreifarbendruck. Die Schwierigkeiten, welche
sich aber auch bei diesem Prozess der Entstehung eines
neutralen Grau entgegenstellen, kann man erst beurteilen,
wenn man Gelatinefolien mit drei im Farbenkreis etwa
gleich weit voneinander abstehenden Pigmenten derart
zu färben trachtet, dass sie, übereinander gelegt und in
der Durchsicht betrachtet, farblos erscheinen. Erst
nach längeren Versuchen wird man zu einem halbwegs
n
164
zufriedenstellenden Eesultat gelangen; der geringste Über-
schuss einer Farbe wird schon sehr deutlich empfunden,
und die erzielte Mischung kann in der Regel nur als
grau gelten, wenn sie von lebhaften Farben umgeben ist.
Solche Kombinationen erscheinen auch nur bei einer
ganz bestimmten Beleuchtung wirklich grau, und schon
geringe Unterschiede in der Farbe des Lichtes machen
sich in hohem Masse bemerkbar. Wurden die Färbungen
z. B. für Sonnenlicht abgestimmt, so entspricht die Kom-
bination nicht mehr, wenn man sie bei trübem Wetter
oder Abendbeleuchtung betrachtet; ein in der Nähe be-
findliches gelbliches Gebäude stört schon das Gleichgewicht
der Farben, und bei künstlicher Beleuchtung zeigt sie nur
ein gelbliches oder rötliches Braun (Seite 62).
Die allgemeine Bewunderung, welche transparente
Dreifarbenbilder erregen, ist auch weniger durch ihre
Originaltreue, als vielmehr durch das Wohlgefallen an
den farbenprächtigen Bildern bedingt, die so bestechend
wirken, dass man gern geneigt ist, gewisse ihnen an-
haftende Mängel mit in den Kauf zu nehmen. In dieser
Beziehung mag an die Glasmalerei erinnert werden. Trotz
der falschen Farbengebung, der harten Konturen, der
fehlenden Übergangstöne kommt ihnen eine blendende
Gesamtwirkung zu, und sie erregen unser Gefallen viel-
leicht in höherem Masse, als das von diesen Fehlern
durchaus freie Gemälde. Das vielleicht fehlende Grau
und das falsche Braun entschuldigt man im transparenten
Bild, die leuchtenden Farben lassen jede Kritik verstummen,
während im Dreifarbendruck gerade auf die Wiedergabe
solcher Töne ein wesentliches Gewicht gelegt werden muss,
denn sie vereinen die Farben zu einem homogenen Ganzen
und bestimmen hauptsächlich den Charakter und die
Stimmung des Bildes.
Yon diesem Standpunkte ist der Wert der trans-
parenten Bilder zu beurteilen; auch wenn sie bezüglich
165
der Originaltreue nur sehr mässigen Ansprüchen genügen
würden, ihre Farbenpracht sichert ihnen stets den all-
gemeinen Beifall.
Bei der Herstellung solcher Bilder handelt es sich
zunächst um die Wahl eines passenden Trägers für die
drei gefärbten Teilbilder. Sehr gut entsprechen diesem
Zwecke dünne Glimmer- oder Celluloidfolien. Erstere
sind wohl wesentlich teuerer, besitzen aber den Yorteil,
dass sie stets vollkommen eben bleiben, und weder durch
heisses Wasser, noch durch trockene Wärme irgend eine
Veränderung erleiden. Celluloidblätter müssen, wenn sie
sich nicht verziehen sollen, mindestens 0,2 mm dick sein,
während bei Glimmerblättchen eine Stärke von 0,05 mm
ausreichend ist. Da bei dem in Rede stehenden Ver-
fahren durch die transparente Unterlage kopiert werden
muss, so erzielt man auf Glimmer viel schärfere Bilder
als auf Celluloid.
Die Bilder werden auf diesen Folien mittels licht-
empfindlicher Chromgelatine hergestellt und dann mit
Lösungen von Teerfarbstoffen gefärbt.
Die farblosen Gelatinebilder.
Die Celluloid - oder Glimmerfolien werden mit Gelatine
überzogen, im Chrombade sensibilisiert, nach dem Trocknen
verkehrt unter dem Negativ belichtet und die Kopie mit
warmem Wasser entwickelt.
Um einerseits den Entwicklungsprozess kontrollieren
zu können und um anderseits die Entstehung eines zu
hohen Reliefs zu vermeiden, verwendet man Gelatine-
schichten, die einen Zusatz von Bromsilber erhalten haben.
Man benutzt eine in der üblichen Weise hergestellte
Bromsilber-Emulsion, bei deren Bereitung auf je 30 g
Gelatine 10 bis 12 g Silbernitrat verwendet wurden,
wäscht sie nach dem Erstarren mit kaltem Wasser und
verwendet sie zum Überziehen der Folien.
166
Da das Bromsilber Mer nicht die Bolle einer licht-
empfindlichen Substanz, sondern lediglich die eines
Pigmentes spielt, so kann die Bereitung der Emulsion,
sowie das Überziehen des Papieres bei vollem Tageslicht
vorgenommen werden.
Gegenwärtig werden solche mit Bromsilbergelatine
überzogene Folien in den Handel gebracht1).
Die Sensibilisierung der Folien erfolgt in einer
Lösung von Ammoniumbichromat 1 : 50. Sie sind in
die Flüssigkeit ganz einzutauchen, etwa x/4 Stunde darin
zu belassen und werden dann zum Trocknen aufgehängt.
Dabei ist es empfehlenswert, die Folien nach dem Bade
zwischen reines, gut abgewischtes Saugpapier von dem
Überschuss an Flüssigkeit zu befreien.
Das Trocknen muss in einigen Stunden beendet sein,
und die sensibilisierten Folien bleiben nur 1 bis 2 Tage
brauchbar.
Vor dem Kopieren reinigt man ihre Rückseite mit
Hilfe eins feuchten Tuches, um etwa vorhandene Beste
der Sensibilisierung zu entfernen.
Das Kopieren erfolgt, wie schon erwähnt, durch die
Folien, daher diese nicht mit der Schicht-, sondern mit
der Rückseite auf das Negativ zu legen sind. Man
kopiert im Schatten, und nur bei sehr harten Negativen
benutzt man direktes Sonnenlicht.
Nach dem Kopieren werden die Bilder in warmem
Wasser entwickelt, was langsam und bei Celluloidfolien
bei thunlichst niederer Temperatur erfolgen muss, um
eine Deformation zu verhindern. Nach beendeter Ent-
wicklung bringt man die Folien in eine Lösung von
Fixiernatron, der man etwas rotes Blutlaugensalz zugefügt
i) Die Glimmerwareiifabrik M. Raphael in Breslau liefert
Bromsilber- Glimmerfolien , und bei Dr. A. Hesekiel in Berlin
sind für diesen Zweck geeignete Celluloidfilms erhältlich.
167
hat, uni die etwa vorhandene geringe Menge metallischen
Silbers, die dem Gelatinebild eine bräunliche Farbe
erteilen würde, zu entfernen.. Das weisse Bromsilberbild
verschwindet in der Eixiernatronlösung, und es resultiert
ein vollkommen farbloses Gelatinebild. Man wäscht es
mit Wasser und bringt es entweder in noch nassem
Zustande, oder nach dem Trocknen in die Farbstoff-
lösungen.
Statt mit Bromsilbergelatine überzogene Folien zu
benutzen, kann man auch die Negative auf Bromsilber-
gelatine- Papier kopieren und das Bild in gleicher Weise
wie beim Pigmentprozess auf eine transparente Unter-
lage übertragen. Dieser Vorgang ist empfehlenswert,
wenn man eines der drei Bilder auf Glas herzustellen
wünscht.
Das käufliche Bromsilberpapier ist für diesen Zweck
nicht geeignet, da die Gelatineschicht zu dünn ist, doch
unterliegt es gar keinen Schwierigkeiten, ein Papier mit
dickerem Aufguss — etwa 20 g Gelatine auf einen
Bogen 50 X 70 cm — herzustellen. Die Bereitung der
Emulsion, die reichlich Bromsilber enthalten muss, sowie
das Überziehen und Trocknen des Papieres kann bei
Tageslicht erfolgen.
Das Sensibilisieren des Papieres, sowie das Kopieren
und Entwickeln der Bilder wird wie beim Pigment-
verfahren durchgeführt, nur darf man, um eine Aus-
dehnung der Kopieen beim Übertragen zu vermeiden,
dieselben nicht, wie sonst üblich, in kaltem Wasser
wreichen, sondern sie nur auf der Gelatineseite (mit Hilfe
eines breiten Pinsels) feuchten und rasch auf die schon
vorbereitete Glasplatte auf quetschen.
Nach dem Entwickeln mit warmem Wasser wird in
der oben angegebenen Weise das Bromsilber entfernt
und dann mit Wasser gewaschen, worauf die Bilder
gefärbt werden können.
168
Nach einem von der Firma A. & L. Lumiere1)
angegebenen Verfahren kopiert man gleichfalls auf
chromiertem Gelatinepapier, das jedoch mit einer
Schellacklösung imprägniert wurde, um heim "Übertragen
des Bildes eine Verzerrung desselben zu vermeiden.
Das Übertragen erfolgt dann auf eine mit Kollodium
überzogene Glasplatte, die als provisorischer Träger dient.
Die Gelatineschicht erhält einen Zusatz von Cochenille-
rot, wodurch die Bildung eines zu hohen Reliefs ver-
mieden wird. Der Farbstoff, der das vom Verfasser be-
nutzte Bromsilber ersetzt, geht beim Entwickeln des
Bildes vollkommen in Lösung, so dass man ein farbloses
Gelatinebild erhält.
Die auf der Kollodiumschicht der Glasplatte liegende
Gelatinebilder werden gefärbt, nach dem Trocknen auf
gummiertes Papier übereinander übertragen und schliess-
lich werden die vereinten Bilder auf eine Glasplatte,
welche nun die definitive Unterlage bildet, abgezogen.
Der Vorgang ist wegen der notwendigen mehrfachen
Übertragung etwas kompliziert, fordert eine gewisse
Geschicklichkeit und kann kaum als leicht ausführbar
bezeichnet werden2).
Das Färben der Gelatinebilder.
Der Färbeprozess besteht nicht in einem mecha-
nischen Ansaugen der Farbstofflösung, sondern es handelt
sich dabei um eine Art chemischer Verbindung, welche
die Gelatine mit den Farbstoffen eingeht. Allerdings ist
diese Verbindung nur eine sehr lose, da längeres Waschen
die Gelatine wieder entfärbt.
Für die Annahme eines chemischen Prozesses sprechen
folgende Erscheinungen:
1) Atelier des Photographen 1902, S. 35.
2) H. Hinterberger: Über das Lumieresche Verfahren
der Parbenphotographie. Photogr. Mitteilungen 1902, S. 53.
1. bringen selbst sehr verdünnte Farbstofflösungen
bei längerer Einwirkung eine sehr intensive Färbung
der Gelatine hervor, und
2. kommt den Teerfarbstoffen ein sehr verschiedenes,
durch ihren chemischen Charakter bedingtes Verhalten
gegen Gelatine zu. Viele derselben bewirken nämlich
in verdünnter Lösung gar keine Färbung, andere färben
nur bei Gegenwart einer Säure und wieder andere nur
dann, wenn ihre Lösung alkalisch reagiert, Die Gelatine
spielt also bald die Rolle einer Säure, bald die einer
Base, und oft vermag sie den salzartigen Farbstoff nicht
zu zerlegen und verbindet sich mit der Farbbase oder
Farbsäure nur dann, wenn man diese durch eine Säure,
resp. ein Alkali in Freiheit setzt.
Im allgemeinen gelingt jedoch das Färben mit einem
sauren Farbstoff ungleich besser und sicherer als mit
einem basischen, daher man die Verwendung der ersteren
anzustreben hat. Besonders brauchbar für den gedachten
Zweck sind die Farbstoff -Sulfosäuren.
Die Eosine und Rhodamine sind auch in neutraler
Lösung verwendbar.
Aus einer grossen Zahl von Farbstoffen wurden die
nachstehenden als passend im Tone und geeignet für die
Färbung der Gelatinebilder ausgewählt:
Für das rote Bild: Erythrosin in neutraler Lösung,
5? 55 gelbe i
Je lg dieser Farbstoffe wird in 200 ccm Wasser
gelöst und als konzentrierte Lösung in Vorrat gehalten.
Die Farbstoffbäder besitzen folgende Zusammensetzung:
1) Bezogen von der Aktiengesellschaft für chemische
Industrie in Basel.
2) Von der Farbenfabrik vorm. F. Bayer & Co. in Elberfeld
55
blaue
170
Bot: Wasser
Erythrosinlösung 1:200
Alkohol
Blau: Wasser
Echtgrün I : 200 . .
Alkohol
100 ccm,
5 „
10 „
100 ccm,
20
10
55
55
Eisessig
Gelb: Wasser
Naphtholgelb S.L. 1 : 200
Alkohol
10 Tropfen.
100 ccm,
10
10
55
55
Eisessig 10 Tropfen,
gesättigte Chrom alaunlösung . . 5 ccm.
Will man dem gelben Bild eine tiefere Färbung
erteilen, so fügt man der Lösung noch 5 bis 10 ccm
Methylorange 1 : 200 zu.
Die zu färbenden Bilder werden in einer Tasse mit
der Earbstofflösung übergossen und bis zur satten Eärbung
darin belassen, wozu einige Stunden erforderlich sind.
Je konzentrierter die Earbstofflösung verwendet wird,
desto rascher Avirkt sie, desto flacher wird aber das Bild;
sehr verdünnte Lösung muss man zwar mehrere Stunden
wirken lassen, sie liefert aber dann sehr brillante und
in den Tiefen reich detaillierte Bilder. Behandelt man
das gefärbte Bild mit Wasser oder besser mit einer
verdünnten Boraxlösung, so wird der Earbstoff wieder
der Gelatine entzogen, und zwar bleichen zuerst die am
wenigsten gefärbten Stellen. Gestützt auf diese That-
sachen hat man es daher vollkommen in der Hand, den
Bildern jeden beliebigen Charakter zu erteilen und sie so
lange zu verändern, bis sie, versuchsweise übereinander
gehalten, den gewünschten Effekt zeigen.
Dabei lässt man sich hauptsächlich von dem Aus-
sehen der Grauskala leiten, nur hat man zu beachten,
dass sich die Eärbung der Gelatine beim Trocknen
wesentlich ändert, das blaue Bild wird grünstichiger, das
171
rote nimmt einen etwas bläulicheren Ton an, nur das
gelbe bleibt fast unverändert. Es ist daher empfehlens-
wert, in folgender Weise vorzugehen: Zuerst färbt man
das blaue und rote Bild derart, dass nach dem Trocknen
die Grauskala in allen Stufen eine einheitliche blaue Farbe
zeigt, die zu jener des gewählten Gelb komplementär ist;
es ist dies die Farbe einer alkoholischen, mässig verdünnten
Cyaninlösung (Seite 101). Dann wird das dritte Bild derart
gelb gefärbt, dass es die blaue Skala zu Grau ergänzt.
Nach beendetem Färbeprozess hebt man die Bilder
aus der Lösung, lässt gut abtropfen und bringt sie in
nachstehende Flüssigkeit:
Wasser 1000 ccm,
Alkohol 100 „
Eisessig 10 „
Diese Flüssigkeit entfernt allen von der Gelatine
nicht gebundenen Farbstoff, ohne die Färbung der Bilder
abzuschwächen. Bei Verwendung von Glimmerfolien
fügt man obiger Lösung noch 50 ccm Glycerin zu, um
ein Abspringen der Gelatineschicht beim Beschneiden der
Folien zu verhindern.
Lumiere giebt nachstehende Vorschriften für die
Zusammensetzung der Bäder1):
Bot: Wasser 1000 ccm,
Erythrosinlösung 3 : 100 . . . 25 „
Blau: Wasser 1000 ccm,
Diaminblau 8:100 50 „
Gummiarabikumlösung 15:100. 70 „
Gelb: Wasser 1000 ccm,
Chrysophenin G 4 g,
Alkohol 200 ccm.
i) Sämtliche Farbstoffe, sowie alle für die Ausführung
dieses Verfahrens notwendigen Materialien sind bei der Firma
A. & L. Lumiere in Lyon erhältlich.
172
Um eine etwa zu satt ausgefallene Färbung ab-
zuschwächen, wäscht man clas gelbe Bild mit Wasser,
das rote mit Wasser, dem etwas Ammoniak zugefügt
wurde, und das blaue mit einer 1/2 bis einprozentigen
Gummiarabikum - oder Gelatinelösung.
Das Zusammensetzen der Glimmer- oder Celluloid-
bilder erfolgt ohne Zwischenmittel durch einfaches Über-
einanderlegen und Fixieren mit gummierten Papierstreifen,
doch kann man die Bilder auch mit, durch Petroleum-
benzin verdünntem Canadabalsam gegenseitig verbinden,
wodurch die Farben etwas lebhafter werden.
Was die Haltbarkeit der Bilder anbelangt, so ist zu
berücksichtigen, dass das gelbe und blaue Teilbild der
Einwirkung des Lichtes recht gut widerstehen, das rote
Bild aber rasch ausbleicht. Es wäre daher wünschens-
wert, das Erythrosin durch einen lichtechten Farbstoff
zu ersetzen. Man kann jedoch die Haltbarkeit dieses
Bildes sehr bedeutend erhöhen, wenn man es nach be-
endeter Färbung in einer fünf- bis zehnprozentigen
Kupfervitriollösung badet und dann mit Wasser abspült.
Befolgt man diese Vorsichtsmassregel, so dürfte das
Dreifarbenbild, selbst bei jahrelanger Einwirkung von
zerstreutem Tageslicht, kaum eine Veränderung erfahren.
Dr. A. Hesekiel1) hat das eben besprochene Ver-
fahren dadurch modifiziert, dass an Stelle der blauen
Folie ein mit Blutlaugensalz und Eisenchlorid blau ge-
färbtes Chlorsilberdiapositiv benutzt wird. Man kopiert
zu diesem Zwecke das betreffende Negativ auf eine ge-
wöhnliche Chlorsilbergelatine -Platte (mit Entwicklung),
badet dann das Positiv in einer Lösung von rotem Blut-
laugensalz 1 : 10, bis das Bild vollständig ausgebleicht
i) Dr. A. Hesekiel in Berlin bringt sämtliche Apparate
und Materialien für die Erzeugung transparenter Dreifarbenbilder
in den Handel.
173
ist, wäscht reichlich mit Wasser und behandelt mit einer
Lösung von Eisenchlorid.
Das Bild nimmt dabei eine blaue Farbe an, erscheint •
aber wegen des noch vorhandenen Chlorsilbers schmutzig
und trüb. Man legt es daher nach oberflächlichem Ab-
spülen in eine Lösung von Fixiernatron, worin man es
1 bis 2 Minuten belässt. Eine etwa vorhandene gelbliche
Färbung beseitigt man durch kurzes Baden in verdünnter
Schwefelsäure 1:50.
Obwohl das zu wenig grlinstichige Blau solcher
Bilder den theoretischen Forderungen nicht entspricht,
und sich aus diesem Grunde in der Kombination oft ein
Mangel von reinem Grün bemerkbar macht, so sind die
Resultate doch recht zufriedenstellend, und da überdies
der Vorgang bequem ist und das Diapositiv sich durch
besondere Schärfe auszeichnet, so ist das Verfahren in
vielen Fällen sehr empfehlenswert.
Das Verfahren von Dr. Seile1) wurde nur teil-
weise veröffentlicht. Eine mit Kollodium überzogene
Glasplatte wird mit chromierter Gelatinelösung übergossen
und nach dem Trocknen unter dem Negativ kopiert.
Dann wäscht man mit kaltem Wasser und bringt die
Platte in die Lösung eines Farbstoffes, der nur an jenen
Stellen anfallen soll, die durch den Einfluss des Lichtes
verändert wurden.
Das daselbst vorhandene Chromoxyd soll nämlich
als Beize wirken und den Farbstoff festhalt en.
Nach dem Trocknen werden die das farbige Bild
tragenden Kollodiumhäutchen von der Glasplatte abgezogen
und durch ein Klebemittel miteinander verbunden.
Das Verfahren würde sich durch besondere Einfach-
heit auszeichnen und sichert das Entstehen vollkommen
gleich dimensionierter, daher sich scharf deckender Bilder.
i) Phot. Rundschau 1899, S. 92.
174
Es scheint jedoch, dass auf diesem Wege satt ge-
färbte Kopieen mit reinen Lichtern kaum zu erzielen
sind, weil das Verhalten der belichteten und der un-
veränderten Chromatgelatine gegen Farbstoffe zu wenig
verschieden ist.
Die Möglichkeit des Seil eschen Prozesses dürfte
überhaupt nicht in der beizenden Wirkung des Chrom-
oxydes zu suchen sein, sondern lediglich durch den
Unterschied in der Quellbarkeit von belichteter und un-
belichteter Gelatine bedingt sein1).
Albert Hofmann2) benutzt zur Herstellung der
drei monochromen Positive rote, gelbe und blaue Pigment-
papiere. Man sensibilisiert sie im Chrombad, kopiert
unter den Negativen und entwickelt auf Glasplatten, die
als provisorische Bild träger dienen. Nachdem man sich
durch Überein and erlegen der Bilder von der richtigen
Farbenwirkung überzeugt hat, zieht man sie mit einem
passenden Übertragungspapier ab und vereint sie auf
einer Glasplatte. Der Übertragungsprozess ist dem von
Lumiere angegebenen ähnlich und stellt an die Ge-
schicklichkeit des Operateurs einige Anforderungen.
Die Verwendung farbiger Pigmentpapiere für den
Dreifarbenprozess ist naheliegend und keineswegs neu,
da sie schon von Ducos du Hauron zu gleichen Zwecken
benutzt wurden. Man ist bei diesem Vorgang in der
Farbenwahl ziemlich beschränkt und auf die Verwendung
pulveriger Pigmente, wie Carmin, Pariserblau, Chrom-
gelb u. s. w., angewiesen. Wasserlösliche Teerfarbstoffe
werden bei der Entwicklung des Bildes aus der Gelatine
ausgelaugt, oder aber machen sie die Gelatine unlöslich
und sind aus diesem Grunde nicht verwendbar.
1) Phot. Rundschau 1899, S. 239.
2) Albert Hofmann, Die Praxis der Farbenphotographie.
Otto Nemnich 1900.
175
2. Der Dreifarbendruck.
Die Druckfarben. Sollen die Teilbilder durch
Pressendruck auf Papier vereint werden, so müssen die
der Drucktechnik entsprechenden sogen, fetten Farben,
das sind mit Leinölfirnis verriebene Pigmente, zur Ver-
wendung kommen.
Die Teerfarbstoffe können nicht direkt benutzt
werden, denn teils sind sie wasserlöslich, was beim
Stein- und Lichtdruck ganz unzulässig wäre, teils zeigen
sie auch nach sorgfältigem Verreiben nur eine schmutzig-
schwärzliche Färbung, da die einzelnen Teilchen vom
Firnis nicht durchdrungen, also nicht transparent werden,,
und endlich muss jedes Pigment auch einen seinem
Färbe vermögen entsprechenden Körper besitzen, damit
der Firnis in einer, der Verwendungsweise der Farbe
entsprechenden Weise verdickt wird. Man führt daher
die Teerfarbstoffe in wasserunlösliche und in Firnis leicht
verteilbare Verbindungen über, indem man sie mit rein
weissen, festen, pulverigen Substanzen, wie z. B. Kaolin,.
Grips, Zinkweiss, Stärke u. s. w., vereint. Man bezeichnet,
solche für die Drucktechnik brauchbare Verbindungen
als Lackfarben. In vielen Fällen ziehen die genannten
Substanzen, die man Farbstoff träger nennt, mit Begierde
den Farbstoff aus seinen Lösungen an sich; so kann
man z. B. Bhodamin- oder Methylviolett- Lacke hersteilen,
indem man einfach das Kaolin in die entsprechenden
Farbstofflösungen einträgt. Viel besser ist es aber, die'
Lösung mit einem Thonerdesalz zu mischen und dann
durch einen geeigneten Zusatz Thonerdehydrat aus-
zuscheiden, das sich im Entstehungszustande mit dem
Farbstoff vereint. Man mischt z. B. den Farbstoff mit
einer Lösung von Thonerde - Natron und trägt dann
schwefelsaure Thonerde ein.
Um Lackfarben von hohem Färbevermögen her-
zustellen, wird die Farbstofflösung mit dem Träger ge-
176
mischt und dann eine Substanz zugefügt, welche den
Farbstoff in fester Form ausscheidet. Bei sauren Farb-
stoffen, z. B. den Eosinen, benutzt man Bleizuckerlösung,
wodurch unlösliches Eosinblei auf das vorhandene Kaolin,
den Gips u. s. w. ausgeschieden wird. Azofarbstoffe fällt
man mit Alaun oder Barytsalzen, die Farbstoffe der
Triphenylmethan- Reihe mit Tannin u. s. w.
Hazura und Hruza1) haben über die Herstellung
von Lackfarben für die Zwecke des Dreifarbendruckes
eingehende Versuche gemacht; sie empfehlen als Träger,
um thunlichst lasierende Farben zu erzielen, Kaolin oder
Gips, und fällen die Farbstoffe aus ihren mit Brech-
weinstein versetzten Lösungen durch Tannin.
Allen Farbstofflacken fehlt, sobald sie in Firnis ver-
teilt und auf Papier aufgetragen werden, jenes Feuer,
das die Farbstofflösungen zeigen. Einerseits sind sie an
doch nicht völlig durchsichtige Teilchen gebunden, wo-
durch die Schicht schwärzlich getrübt wird, dann ist der
Firnis niemals ganz farblos, sondern etwas gelblich gefärbt,
was die Reinheit, besonders der blauen und violetten
Farben, beeinträchtigt, und endlich wird durch die fette
Beschaffenheit der Druckfarbe ein Teil der Papierfasern
transparent gemacht, daher die Papieroberfläche die rein
weisse Färbung verliert. Überzieht man das Papier mit
einer gefärbten Kollodium- oder Gelatineschicht, so erhält
man ungleich reinere und brillantere Färbungen als jene,
die der Aufdruck mit Firnisfarbe liefert, und auf Papieren,
die mit einer Gelatine -Kreideschicht überzogen wurden,
erscheinen die Druckfarben viel brillanter als auf gewöhn-
lichen, den Firnis ansaugenden Papiersorten.
Gegenwärtig werden für den Druck brauchbare, aus
Teerfarbstoffen hergestellte Lacke von jedem beliebigen
Farbenton in den Handel gebracht, und sobald man
i) Photographische Korrespondenz 1893, S. 375.
177
auf ihre Lichtechtheit kein Gewicht legt, ist es leicht,
eine für den Dreifarbendruck passende Auswahl zu
treffen.
Lichtechte Druckfarben von der gewünschten Reinheit
existieren vorläufig nicht, und insbesondere giebt es kein
reines lichtechtes Blaugrün.
Es hat auch keinen Wert, auf die Lichtechtheit eines
oder des anderen Farbstoffes ein besonderes Gewicht zu
legen. Es liegt im Wesen des Dreifarbendruckes, dass
das Verblassen auch nur einer Farbe das Aussehen des
ganzen Bildes in hohem Grade schädigt, weil fast alle
Farbentöne aus den drei Grundfarben bestehen. Wenn
in einer Chromolithographie eine Farbe durch die Wirkung
des Lichtes geschädigt wird, so leidet nur ein kleiner
Teil des Bildes, im Dreifarbendruck aber verschieben sich
alle Töne. Diese Veränderung wird sich am wenigsten
bemerkbar machen, wenn die drei Farben gleichmässig
an Intensität verlieren, daher man hauptsächlich eine
gleiche Lichtechtheit derselben anzustreben hat.
Bei der Auswahl der Druckfarben hat man ihren
Farben ton, ihre Reinheit und ihr Verhalten bei Mischungen
zu berücksichtigen.
Für die Beurteilung des Farbentones und der Rein-
heit benutzt man als Vergleichsobjekte gefärbte trockene
Gelatinefolien; man hält diese über ein Blatt weisses
Papier und vergleicht ihre Färbung mit jener der neben-
liegenden, als Firnisdruck aufgetragenen Farbenprobe.
Für die Auswahl von theoretisch richtigen Grundfarben
sind Gelatinefolien zu benutzen, die mit Erythrosin, Echt-
grün und Naphtholgelb gefärbt wurden.
Wenn auch, wie schon wiederholt erwähnt, lichtechte
Pigmente von dieser Färbung und Reinheit vorläufig nicht
vorhanden sind, so sollte man doch aus den uns zur Ver-
fügung stehenden Druckfarben jene auswählen, welche
diesen Forderungen thunlichst entsprechen.
von Hübl, Dreifarbenphotographie. 2. Aufl.
12
Viele der eigens für diesen Zweck hergest eilten und
in der Praxis verwendeten Druckfarben zeigen jedoch
dass der richtigen Farbenwahl noch immer nicht das volle
Verständnis entgegen gebracht wird.
Insbesondere ist das, fast dem Ultramarin ähnliche
Blau und das rotstichige Gelb, das sich seit den Anfängen
des Dreifarbendruckes eingebürgert hat, noch immer nicht
verschwunden. Kein Chromolithograph wird aus solchen
Farben ein brauchbares Grün mischen wollen, und im
Dreifarbendruck soll sich das Wunder vollziehen.
Man wähle daher aus den zahlreich bestehenden
Farben für den Dreifarbendruck ein Gelb ohne jeden
Rotstich, ein thunlichst grünstichiges Blau, ein dem Karmin
ähnliches Purpur, und lasse sich durch ein mit anderen
Farben vielleicht erzieltes, ausnehmend gutes Resultat
nicht irre leiten. Es war dem zufällig günstigen Kolorit
des Originals, oder einer besonders gut gelungenen photo-
graphischen Farbenzerlegung oder der vielleicht sehr
günstigen Beschaffenheit der Druckform zuzuschreiben.
Jedenfalls müssen die gewählten Farben auf ihr Verhalten
bei der gegenseitigen Mischung geprüft werden. Man
mischt ungefähr gleiche Mengen der in Firnis verriebenen
Farbstoffe, trägt eine Probe auf Papier auf und beurteilt
die Reinheit der Mischung. Aus Blau und Gelb muss
ein lebhaftes Grün, aus Blau und Purpur ein genügend
reines Violett und aus Gelb und Purpur ein dem Zinnober
ähnliches Rot entstehen.
Selbstverständlich müssen endlich die Farben auch
bezüglich ihrer Konsistenz und färbenden Kraft den all-
gemeinen Forderungen und der speziell benutzten Druck-
methode entsprechen. So kann z. B. ein weissliches Blau
oder Rot nicht entsprechen, wenn es auch im Farbenton
richtig wäre, weil beim Druck das satte Kolorit nicht zu
erzielen wäre. Auch dieser Umstand kann leicht zu
falschen Schlussfolgerungen verleiten und eine Druckfarbe
179
brauchbarer erscheinen lassen als eine andere, deren Farben--
ton zwar richtig, deren färbende Kraft aber ungenügend ist
Nachstehende Farben sind für den Dreifarbendruck
zu empfehlen:
Gelb: Kadmiumgelb, Zinkgelb oder Chinesischgelb,
alle vollkommen lichtecht. Chromgelb kann nicht als licht-
echt bezeichnet werden, da es bei mehrstündiger Ein-
wirkung des Sonnenlichtes eine bräunliche Färbung annimmt.
Blau: Pariser -(Milori-) Blau, vollkommen lichtecht,
jedoch schwärzlich und zu wenig grünstichig. Es ist das
gegenwärtig fast ausschliesslich verwendete Dreifarben-
druck-Blau. Pfaublau Nr. 1305 von A. B. Fleming
und Pfaublau 00 von Käst & Ehinger; brillante, im
Tone fast richtige Farben, aber von sehr geringer Licht-
beständigkeit.
Rot: Krapplack Nr. 1231 von A. B. Fleming,
vollkommen lichtecht, aber viel zu wenig blaustichig.
Das lichtechte Farbensystem Beilage I zeigt die Eigen-
tümlichkeiten dieses Farbstoffes. Rot Nr. 1611 von Käst
& Ehinger. Dieses für den Dreifarbendruck erzeugte,
ziemlich blaustichige und reine Rot ist aus der Probe-
tafel— wo es die falsche Bezeichnung „Geranium u trägt
— ersichtlich. Es ist ziemlich lichtecht, d. h. es zeigt
bei der Exposition im Sonnenlichte erst nach einigen
Stunden eine Veränderung und ist das beste Rot, das
gegenwärtig dem Praktiker zur Verfügung steht.
Nachtrosa von Käst & Ehinger entspricht bezüglich
Reinheit und Farbenton vollkommen, ist aber wegen sehr
geringer Lichtbeständigkeit in der Praxis nicht zu ver-
wenden.
Die Ausführung des Zusammendruckes. Wenn
es auch gelingt, vollkommen farbenrichtige Negative her-
zustellen, und wenn man der Theorie entsprechende Druck-
farben wählt, also auf ihre Lichtechtheit Verzicht leistet,
wird doch das schliessliche Resultat durch die im Prinzipe
12
180
des Farben -Übereinanderdruckes liegende Unvollkommen-
heit in so hohem Masse geschädigt, dass es hochgestellten
Anforderungen bezüglich der Originaltreue kaum zu ge-
nügen vermag. Wie auf Seite 57 erörtert wurde, drängt
sich die oben liegende Farbenschicht stets auf Kosten der
unten liegenden vor, man ist gezwungen, die ersten zwei
Drucke viel gesättigter, farbenreicher auszuführen, als es
das Mischungsgesetz verlangt, wodurch man zwar einzelne
Teile des Bildes richtig erhält, in anderen aber das not-
wendige Gleichgewicht der Grundfarben stört. Diese, als
Überdeckungsfehler bezeichnete Unvollkommenheit des
Dreifarbendruckes macht sich besonders bei der Wieder-
gabe der gebrochenen Farbentöne fühlbar. Die reinen
Farben stellen uns zufrieden, sobald sie nur annähernd
richtig sind. Es stört den Gesamteindruck des Bildes wenige
wenn das entstehende Rot, Blau, Grün, Yiolett u. s. w.
vom Original ziemlich abweicht, eine falsche Wiedergabe
der schwärzlichen Nuancen, besonders der Mangel eines
neutralen Grau wird aber als schwerer Fehler empfunden.
Eine weitere, sehr bedeutende Störung im Gleich-
gewichte der Farben ist durch die Unvollkommenheit des
Pressendruckes bedingt, da kein Verfahren eine Serie
vollkommen gleichartiger Drucke liefert. Die Intensität
der auf das Papier übertragenen Farbstoff schiebt variiert
fortwährend, weil die Farbstoffmenge, die auf die Druck-
form aufgetragen wird, nur innerhalb gewisser Grenzen
regulierbar ist. Aus diesem Grunde ist die Handpresse,
bei der alles von der Empfindung des Druckers abhängt,
für den Dreifarbendruck nur wenig geeignet.
Diese, durch das Wesen des Pressendruckes bedingte
Ungleichmässigkeit in der Intensität der einzelnen Teil-
bilder, ebenso wie der Überdeckungsfehler, machen sich
bei der Chromolithographie fast gar nicht fühlbar. Bei
diesem Verfahren kommen die einzelnen Farben un-
gemischt zur Geltung, höchstens liegen zwei Farbschichten
181
übereinander, und schwärzlich nuancierte Töne, wie Olive,
Braun, Grau u.s. w., für welche drei reine Farben gemischt
werden müssten, werden stets mit eigenen Platten hervor-
gebracht. Man benutzt 10 bis 30 Farbsteine, daher kommen
Fehler in der Intensität, im Farbenton und in der Nuance
fast gar nicht zur Geltung.
Ganz anders liegen die Verhältnisse beim Dreifarben-
druck, hier wird fast jede Stelle des Bildes durch Mischung
aus den drei Grundfarben gebildet, und wenn eines der
drei Teilbilder nicht von passender Kraft ist, wird der
Charakter des ganzen Bildes verdorben. Alle Farben werden
unwahr, statt Grau entsteht vielleicht Braun oder Violett,
der Zusammendruck ist unbrauchbar. Dazu kommt noch
die, fast bei jedem Dreifarbendruck zu beobachtende Er-
scheinung, dass graue Flächen von etwas grösserer Aus-
dehnung nicht gleichmässig erscheinen, sondern wegen
Unvollkommenheiten der Negative, der Druckformen und
wegen der unvollkommenen Übertragung der Farbstoff-
schicht auf das Papier stellenweise farbig erscheinen. Ein
grauer Hintergrund, ein graues Gebäude zeigt an einzelnen
Teilen vielleicht einen rötlichen, an anderen einen grün-
lichen Stich, es entsteht eine Unruhe in den Farben, die
einen geradezu widerwärtigen Eindruck hervorbringt.
Die gegenwärtig uns zu Gebote stehenden Mittel
dürften nicht geeignet sein, breite, neutralgrau schattierte
Flächen im Dreifarbendruck wiederzugeben, und wenn bei
der Reproduktion eines Bildes das Grau unentbehrlich
ist, weil es eine für die Stimmung charakteristische Rolle
spielt, dann wird es sich empfehlen, das Bild durch eine
vierte, neutralgraue Platte zu vervollständigen. Man wird
dann in den drei Farben -Negativen alle Stellen, welche
dem reinen Grau entsprechen, abdecken und nach einem
vierten, passend retouchierten Negativ eine grau zu
druckende Platte hersteilen. Für die Aufnahme dieses
vierten Negatives, welches alle reinen Farben gedeckt
182
enthalten soll, benutzt man am besten eine isochromatische,
also mit Cyanin und Eosin sensibilisierte Platte, wobei
man ein passendes Strahlenfilter vorschaltet. Bei der
Retouclie lässt man die dem Grau und Schwarz ent-
sprechenden Teile unberührt, deckt etwa zurückgebliebene
Reste der reinen Farben vollständig und schwächt die
gebrochenen Schattentöne bedeutend ab. Die Druckplatte
ersetzt dann das fehlende Grau, wirkt als Kraftplatte für
die Schatten und übt durch ihren ruhigen verbindenden
Ton einen äusserst wohlthätigen Einfluss auf das Gesamt-
aussehen des Bildes.
Der Yorgang erfordert aber viel Verständnis und
Geschicklichkeit des Retoucheurs, denn geschieht das
Eliminieren der Schatten unvollständig, so über wiegt
stellenweise das Schwarz, und das Bild macht einen
schweren, nissigen Eindruck.
Dr. E. Albert1) bewirkt das Eliminieren der schwarzen
und grauen Bildelemente auf mechanischem Wege und
erzielt so eine vollständige, sehr gut modulierte Schwarz-
platte als formgebenden Faktor des Bildes, während der
Aufdruck der drei Farben eigentlich nur das Kolorit besorgt.
Das durch ein Patent geschützte Verfahren wird in
folgender Weise ausgeführt: Man verfertigt ausser den
drei Aufnahmen für den Rot-, Blau- und Gelbdruck noch
eine vierte mit isochromatischer Platte, die, wie schon
oben erwähnt, lediglich den Anteil an Schwarz enthält.
Nach diesem Negativ werden drei Diapositive hergestellt,
die man mit den drei Farben -Negativen zur scharfen
Deckung bringt. Mit den dergestalt zusammengesetzten,
aus einem Negativ und einem Positiv bestehenden Matrizen
werden dann die drei Kolorit -Druckplatten erzeugt.
Die Diapositive dienen gleichsam als Filter oder Sieb,
welches die Ausscheidung oder Trennung der schwarzen
l) Photographische Korrespondenz 1899, S. 309.
183
und grauen Bildteile von den farbigen Tönen ermöglicht,
indem es die ersteren beim Durchkopieren zurückhält.
Das gleiche Kesultat wird erhalten, wenn positive,
photographische oder Pressen -Abdrücke nach den drei
Farben -Negativen mit dem Positiv der Schwarzplatte aber
in lichter Farbe bedruckt und danach neue Aufnahmen
gemacht werden, die nunmehr die für die Koloritplatten
erforderliche Trennung der Farben von den schwarzen
und grauen Bildelementen aufweisen.
Ein anderes Mittel, um die Bildung eines reinen
Grau zu erleichtern, besteht darin, dass man eine oder
auch zwei der Farben mit Grau geschmutzt verwendet.
Man benutzt z. B. eine mit etwas Schwarz gemischte blaue
Druckfarbe, muss aber dann selbstverständlich auf ein
reines Grün verzichten; ist aber dieses nötig, dagegen
ein reines Rot entbehrlich, so kann die rote Druckfarbe
durch einen Zusatz von Schwarz gebrochen werden.
Je unreiner die Farben, desto leichter sind graue
Töne zu erzielen, und in dieser Beziehung sind daher die
lichtechten Farbstoffe mit breiten Absorptionsbändern den
feurigen Lackfarben überlegen.
Für die Ausführung des Dreifarbendruckes kann der
Hoch-, Flach- oder Lichtdruck benutzt werden; der Tief-
druck, als Photogravüre, kann teils wegen der Schwierig-
keit eines genauen Passens und wegen geringer Transparenz
der Kupferdruckfarben, teils wegen der Kostspieligkeit des
Verfahrens kaum in Frage kommen. Beim Vierfarbendruck
lassen sich jedoch durch Benutzung einer Photogravüre-
Platte für den Schwarzaufdruck sehr effektvolle Resultate
erzielen.
i. Der Hoch- oder Clichedruck.
Die Anfertigung von Cliches nach Halbtonbildern
hat durch Einführung tadelloser Glasraster und des Kupfer-
Email Verfahrens eine hohe Stufe der Vollendung erreicht.
Die Autotypie, welche vor mehreren Jahren nur als
184
billiger und schlechter Illustrationsbehelf verwendbar war,
ist für Kunstreproduktionen brauchbar geworden, und der
Hochdruck macht gegenwärtig dem Druck von der Licht-
druckpresse ernstlich Konkurrenz. Man hat daher auch
bei der Ausführung des Dreifarbendruckes den früher fast
ausschliesslich benutzten Lichtdruck verlassen und sich
dem autotypischen Clichedruck zugewendet. Es ist dies
um so begreiflicher, als dieses Verfahren, abgesehen von
seiner Eignung für billige Massenauflagen, auch noch aus
anderen Gründen gerade für den Dreifarbendruck be-
sonders brauchbar ist. Bei dem Zusammendruck von Linien-
oder Punkttönen wird der Überdeckungsfehler bedeutend
verringert (Seite 56), die Farben verschmelzen ineinander,
und das Prinzip des Buchdruckes liefert die relativ beste
Gewähr für den gleichen Charakter einer ganzen Auflage.
Schliesslich gewährt der Hochdruck noch den Yorteil,
dass die Druckfarben nicht mit Wasser in Berührung
kommen, daher rein erhalten werden und das Druckpapier
trocken bleibt, also Dimensionsänderungen desselben, die
das Passen der Farben erschweren, ausgeschlossen sind.
Anderseits unterliegt es aber keinem Zweifel, dass gerade
das Autotypie -Cliche am wenigsten für die richtige
Wiedergabe der Abschattierung eines Originals geeignet
ist. Entweder fehlt den Schatten die notwendige Trans-
parenz oder es mangeln den Lichtern die Details, die
Gradation ist unwahr und beschränkt, und überdies liegt
über dem ganzen Bilde ein Punktton, der die Reinheit
des Kolorits aller hellen Töne vernichtet.
Bei einer Schwarzautotypie stört dieser allgemeine
Ton gar nicht, denn er vermittelt die Verbindung der
Schatten und verleiht dem Bilde ein weiches, geschlossenes
Aussehen. Die Dreifarben -Autotypie fordert daher nicht
nur eine ausgiebige Überarbeitung der Negative und
Positive, sondern auch ein mehrmaliges Decken und Nach-
ätzen der Cliches, und das schliessliche Resultat hängt
185
mehr von der Geschicklichkeit des Retoucheurs und Ätzers,
als von der Richtigkeit der photographischen Aufnahmen ab.
Gewöhnlich werden von dem Original zunächst Halb-
ton-Negative hergestellt, dann Positive erzeugt und diese
erst für die autotypische Aufnahme verwendet. Man benutzt
zu diesem Zwecke am besten transparente Glaspositive,
die sich nicht nur durch treue Wiedergabe der Gradationen
des Negatives auszeichnen und vollkommen richtige
Dimensionen auf weisen, sondern auch den grossen Yorteil
gewähren, dass bei ihrer Verwendung das sonst notwendige
Umkehren des Rasternegatives entfällt. Auch die auto-
typische Aufnahme ist nach Glaspositiven ungleich leichter
auszuführen als nach Papierkopieen, und liefert besser
abschattierte Cliches. Solche Glaspositive erhält man sehr
leicht mit gewöhnlichen Gelatineplatten, die man im
Kontakt bei dem Lichte einer Kerze kopiert und mit
Glycin entwickelt.
Die Herstellung der Rasternegative nach diesen Posi-
tiven erfolgt am besten in einer Diapositiv -Kamera, und
zur Abkürzung der Expositionszeit wird man sich, wenn
möglich, des elektrischen Lichtes bedienen1).
Werden zwei aus parallelen Linien gebildete Raster-
flächen derart übereinander gedruckt, dass sich die Strich-
lagen unter sehr spitzem Winkel schneiden, so entstehen
moireartige Zeichnungen, die den gleichmässigen Ton der
Fläche störend beeinträchtigen. Um diese Erscheinung
bei dem Zusammendruck autotypischer Cliches zu ver-
meiden, benutzt Dr. E. Albert nach einem Patente vom
Jahre 1891 bei der photographischen Aufnahme nur ein
einfaches Liniennetz in solcher Stellung, dass sich die
Linien der drei Negative unter einem Winkel von 60 Grad
schneiden. Man hat also der Rasterplatte bei jeder der
drei Aufnahmen eine andere Stellung zu geben, oder aber
i) Zeitschrift für Reproduktionstechnik 1902, S. 1.
186
man lässt die Rasterplatte unverändert und ändert die
Stellung der auf zunehmenden Positive.
Sehr bequem in dieser Beziehung sind Rasterplatten
von kreisrunder Form, die in neuerer Zeit bei mehreren
Firmen, z. B. J. C. Haas in Frankfurt a. M., erhältlich
sind. Die Rasterplatte wird drehbar in ein Brett montiert,
das sich in die Kamera einsetzen lässt und mit Hilfe einer
Triebschraube der empfindlichen Platte nach Bedarf
genähert werden kann. Eine am Einsatzbrett angebrachte
Gradeinteilung ermöglicht das Einstellen der Rasterplatte
auf den für die gewählte Linienkreuzung entsprechenden
Winkel 1).
An Stelle des Linienrasters kann auch der allgemein
übliche Kreuzraster benutzt werden, wenn man mit Hilfe
einer Schlitzblende2) die eine Linienlage von der Mit-
wirkung an der Bilderzeugung ausschliesst. Die Schlitz-
blende muss selbstverständlich genau parallel zu den
wirkenden Rasterlinien angeordnet werden, daher man
für jede Rasterstellung eine entsprechend geschnittene
Blende in das Objektiv einzusetzen hat. Man kann
jedoch auch für alle drei Aufnahmen eine Blende be-
nutzen, wenn das Objektiv mit dem von Dr. A. Miethe3)
angegebenen Drehring ausgestattet ist, welcher die Drehung
des Objektives um einen, an einer Teilung abzulesenden
Winkel gestattet. Stellt man das Objektiv und den Dreh-
raster auf den gleichen Teilungsstrich, so besitzt die
Schlitzblende stets eine den Rasterlinien entsprechende Lage.
Bei den Rasteraufnahmen ist man keineswegs an
eine Kreuzung der Rasterlinien unter einem Winkel von
60 Grad gebunden, denn die von Dr. A. Miethe angestellten
Versuche haben gezeigt, dass auch dann von keinerlei
Störung der Farbenharmonie durch Dessinbildung die
1) Zeitschrift für Reproduktionstechnik 1901, S. 92.
2) Dr. J. M. Eder, Handbuch II, 2. Auflage, S. 335.
3) Zeitschrift für Reproduktionstechnik 1902, S. 18.
187
Bede sein kann, wenn die Winkelung zwischen den drei
Linien eine verschiedene ist. Empfehlenswert ist es nur,
die Winkelung zwischen der Liniatur des Kotdruck- und
des Blaudrucknegatives, also derjenigen Negative, die dem
Bilde vorwiegend Zeichnung verleihen, möglichst gross zu
wählen. Es unterliegt auch keinem Anstande, zwei Auf-
nahmen mit der Schlitzblende, die dritte aber mit irgend
einer andern Blendenform, z. B. Doppelkreis- oder Runzel-
korn u. s. w., auszuführen. Man findet dann mit einem
gewöhnlichen, nicht drehbaren Raster das Auslangen,
benutzt für den Rot- und Blaudruck unter 90 Grad
gekreuzte Schlitzblenden und für das Gelbdrucknegativ
eine Blende mit zwei Kreisöffnungen, deren Verbindungs-
linie die Rasterlinien unter 45 Grad schneidet.
Gegenwärtig werden übrigens nur selten Cliches mit
einfachen Linienlagen verwendet, sondern meist gewöhn-
liche Autotypie- Aufnahmen mit runder, resp. quadratischer
Blende hergestellt, wobei der Raster nach jeder Aufnahme
um etwa 30 Grad gedreht wird.
Man hat auch eigene „Dreifarbenraster“ hergestellt,
die man mit dem gewöhnlichen Raster kombiniert, wo-
durch die Drehung der Rasterplatte entbehrlich wird.
Beim gewöhnlichen Raster sind die Linien diagonal ge-
zogen, beim Dreifarbenraster dagegen unter einem Winkel
von 30, resp. 60 Grad gegen die Diagonalen der quadra-
tischen Rasterplatte.
Zwei Aufnahmen macht man mit dem Dreifarben-
raster, wobei man bei der zweiten den Raster um
180 Grad gewendet hat, und die dritte mit dem normalen
Diagonalraster, wodurch man drei Negative mit einer
Winkelung von 30 Grad erzielt.
Die Dreifarbendrucke mit Kreuzraster- Auto typieen
sind zwar frei von den störenden Moireen, zeigen aber
doch ein sternförmiges und ringelartiges Muster, das die
Ruhe und Schönheit der Resultate beeinträchtigt, während
188
die Zusammendrucke von Linien - Cliches von diesem
Fehler durchaus frei sind.
Auch die Autotypie mit Kornplatte wurde für den
Dreifarbendruck empfohlen, wobei sie entweder aus-
schliesslich oder in Kombination mit dem Linienraster
benutzt werden sollen1).
Obwohl neuester Zeit wesentliche Fortschritte auf
dem Gebiete der Kornautotypie erzielt wurden, so fehlt
den Drucken doch noch immer die Ruhe der Strich-
autotypie, sie erscheinen rauh und lassen bezüglich ihrer
Abschattierung manches zu wünschen übrig.
Seit einiger Zeit trachtet man, die Anfertigung der
Positive zu umgehen und die Negative direkt nach dem
Original autotypisch herzustellen. Allerdings hat dieser
Vorgang bisher noch wenig Anhänger gefunden, weil
autotypische Aufnahmen mit Kollodiumemulsion oder
Gelatineplatten, nur ausnahmsweise höher gestellten An-
forderungen zu entsprechen vermögen.
Die Kollodiumemulsion von Dr. E. Albert mit Farb-
stoff A und die Emulsion von Brend’amour mit Farb-
stoff Alpha sind zwar für Aufnahmen mit vorgeschaltetem
Raster vorzüglich geeignet, und es unterliegt daher gar
keinen Schwierigkeiten, das Negativ für den Rotdruck
und bei Benutzung eines Violettfilters auch jenes für
die gelbe Druckplatte direkt herzustellen, für das dritte
Negativ fehlt aber ein Sensibilisator, der genügende Rot-
empfindlichkeit mit der Ausbildung eines scharfen, kräf-
tigen Punktbildes vereinen würde.
Die gewöhnlichen Gelatineplatten sind bekanntlich für
solche Aufnahmen gar nicht brauchbar, und die neuerer
Zeit eigens für Reproduktionszwecke hergestellten Trocken-
i) Die Kornautotypie, Zeitschrift für Reproduktionstechnik
1902, S. 20.
Dr. J. M. Eder, Jahrbuch für Photographie *1900, S. 440.
189
platten sind zwar verwendbar und lassen sich auch
passend sensibilisieren, fordern aber einen sehr geschickten,
erfahrenen Operateur, und ihre Nachbehandlung — das
"Verstärken und Klären des Bildes — - ist zeitraubend und
keineswegs leicht durchführbar.
Dazu kommt noch, dass sich die immer notwendige
Ketouche auf den Halbton-Negativen mit grösster Leichtig-
keit vornehmen lässt, während bei Kasternegativen eine
manuelle Korrektur kaum anzubringen ist.
2. Der Flachdruck oder photolithographische
Steindruck.
Der Steindruck nach photographischen Halbton-
Negativen wird gegenwärtig selten ausgeübt, und es fehlt
vorläufig auch eine vollkommen brauchbare Methode für
die Ausführung dieses Verfahrens. Die relativ besten
Besultate erhält man bei der Benutzung autotypischer
Negative, da die verschiedenen auf der Verwendung
gekörnter Steine basierenden photomechanischen Halbton-
prozesse für den gedachten Zweck viel zu unvoll-
kommen sind.
Soll das autotypische Negativ für den gewöhnlichen
photolithographischen Prozess benutzt, also auf Chromat-
Gelatinepapier kopiert und das fette Bild auf den Stein
übertragen werden, so muss es wesentlich andere Eigen-
schaften besitzen, als seine Verwendung bei der Hoch-
ätzung fordert. Während nämlich bei diesem Prozess
eine allgemeine Verfeinerung der Zeichnung eintritt, die
sich naturgemäss bei den zartesten Punkten und Linien
am meisten bemerkbar macht und dadurch die Kontraste
im Bilde in hohem Masse gefördert werden, tritt bei der
Photolithographie infolge der Tendenz zur allgemeinen
Strichverbreiterung die gerade entgegengesetzte Erschei-
nung auf. Das autotypische Negativ muss daher in den
Lichtern thunlichst geschlossen sein, und relativ grosse,
190
freistehende Punkte müssen die Schatten offen erhalten,
wenn nicht ein flaues, durchaus toniges Bild resultieren
soll. Doch gelingt es kaum, auf diesem Wege brauch-
bare Halbtonbilder zu erzielen; die zarten Töne werden
meist rauh, die Schatten werden derb, und dadurch geht
die Ruhe und der geschlossene, dem Rasterbild eigen-
tümliche Charakter verloren.
Bessere Resultate werden beim direkten Kopieren
des Negatives auf einer lichtempfindlich gemachten Stein-
oder Aluminiumplatte erzielt. Man kann hierbei ent-
weder das Asphaltverfahren benutzen oder den von
Gr. Fritz angegebenen, dem amerikanischen Kupferätz-
verfahren nachgebildeten Weg einschlagen.
Aber auch in dieser Weise lassen sich tadellose
Resultate nicht erzielen, da ihnen stets die Unvoll-
kommenheiten des autotypischen Negatives anhaften.
Wenn es jedoch gelingen sollte, die Übertragung
direkt nach dem Halbton -Negativ auszuführen und wenn
sich dabei richtig abschattierte Druckformen erzielen
Hessen, würde der Dreifarben -Flachdruck berufen sein,
eine bedeutende Rolle in der Kunstreproduktion zu
spielen.
Wenn er auch vielleicht nicht im stände wäre, die
Chromolithographie zu ersetzen, so könnte er sie doch
in hervorragender Weise unterstützen. Wir verfügen über
kein zweites Y er vielfältigungs verfahren, das, besonders bei
grossen Formaten, so rasch und wohlfeil ausführbar wäre,
wie der Flachdruck.
3. Der Lichtdruck.
Während bei der Ausführung der eben besprochenen
Verfahren die Zerlegung des Bildes in ein druckbares
Linien- oder Punktnetz notwendig ist, liefert der Licht-
druck glatte, geschlossene, fast kornlose Halbtöne. Diese
Eigentümlichkeit würde das Verfahren für die Ausübung
191
des Dreifarbendruckes besonders geeignet machen, leider
wird aber seine Verwendbarkeit durch die relativ
schwierige Behandlung der Druckplatte, dann durch die
kaum zu beseitigende Ungleichmässigkeit der Abdrucke
bedeutend eingeschränkt. Aus diesem Grunde wird der
Dreifarben -Lichtdruck immer einen sehr bedeutenden
Ausschuss ergeben, und überdies wird die Richtigkeit der
gebildeten Farbentöne durch den Überdeckungsfehler in
höherem Masse alteriert, als bei dem Übereinanderdruck
von Rasterbildern.
Man wird dieses Verfahren nur für kleine Auflagen,
besonders dann zur Anwendung bringen, wenn thunlichst
zarte und glatte Halbtöne gefordert werden und das
Kolorit des Bildes aus hellen, leichten Farbentönen ge-
bildet wird.
Die für die Ausführung des Lichtdruckes not-
wendigen verkehrten Negative können entweder unter
Zuhilfenahme eines Prismas hergestellt werden, oder man
legt die photographische Platte verkehrt in die Kassette
und exponiert durch die Glasschicht. Das letztere Ver-
fahren ist bei Verwendung von Kollodiumemulsionen
anstandslos durchführbar, fordert aber eigens für diesen
Zweck eingerichtete Kassetten. Das sonst im Lichtdruck
meist angewendete Umkehren durch Abziehen der Schicht
ist weniger zu empfehlen, da bei diesem Vorgänge leicht
eine Verzerrung des Bildes eintritt, wodurch das scharfe
Auf einanderpressen der Drucke in Frage gestellt wird.
Der Dreifarben - Lichtdruck kann auch mit dem
Aufdruck einer heliographischen Schwarzplatte kombiniert
werden. Das Verfahren wurde in der k. k. Graphischen
Lehr- und Versuchsanstalt in Wien1) ausgearbeitet und
ermöglicht, die weichen Farbentöne und satten Tiefen von
Ölgemälden mit ausgezeichneter Treue wiederzugeben.
i) Dr. J. M. Eder, Jahrbuch der Photographie 1901, S. 722.
192
Wegen der Schwierigkeiten, die sich der Erzeugung
einer Photogravüreplatte von ganz bestimmten Dimensionen
entgegenstellen, die dann auf die feucht gemachten Licht-
drucke aufgedruckt werden muss, ist das Verfahren
ziemlich langwierig und nicht leicht durchführbar, wegen
der Schönheit seiner Resultate aber für Kunstreproduktionen
äusserst lohnend.
Die Farbenfolge. Bezüglich der Farbenfolge bei
der Ausführung des Druckes kann es keinem Zweifel
unterliegen, dass das Blau als Schlussfarbe zu benutzen
ist. Die oberste Farbenlage kommt, besonders in den
tiefen Schatten, wo fast Volltöne übereinander liegen,
hervorragend zur Geltung, und es schadet dem Gesamt-
charakter des Bildes am wenigsten, wenn an diesen
Stellen etwas Blau vorherrscht. Ob Gelb oder Rot als
erste Farbe zu wählen ist, hängt zum Teil von der Be-
schaffenheit der Pigmente ab, da man im allgemeinen
mit der weniger transparenten Farbe den Druck beginnen
muss. Wenn daher das stark deckende Chromgelb
benutzt wird, so muss Gelb die erste Farbe bilden. Ver-
wendet man aber eine ziemlich transparente gelbe Druck-
farbe, etwa einen gelben Lack, dann dürfte es zweck-
mässiger sein, mit dem Rotdruck zu beginnen. Das gelbe
Bild erscheint nämlich so wenig deutlich, dass man seine
Brauchbarkeit kaum zu beurteilen vermag, die zarten
Halbtöne sind fast nicht sichtbar, und in den Schatten
erkennt man kaum ein Detail. Aus der schlechten
Sichtbarkeit dieses Bildes darf man aber nicht schliessen,
dass seine Modulation von untergeordnetem Werte -ist,
diese kommt vielmehr erst bei den folgenden Farben zur
Geltung.
Aus diesem Grunde ist es zweckmässig, mit dem
gut sichtbaren Rotdruck zu beginnen.
Bei Verwendung der lichtechten Grundfarben muss
überdies das Rot von relativ geringer Intensität sein, da
193
man sonst kein Gran zu erhalten vermag, es erscheint
also auch geboten, die Wirkung dieser Farbe ab-
zuschwächen, sie also unter das Gelb zu legen.
Der Aufdruck von Gelb und Blau wird durch die
neben dem Bilde angebrachte Grauskala kontrolliert;
Gelb druckt man über das Rot derart, dass diese Skala
in allen Teilen den Ton der Kontrollfarbe zeigt, und
durch den Blaudruck soll ihre Färbung in ein thunlichst
neutrales Grau übergeführt werden.
Arbeitet man daher mit den, dem theoretisch rich-
tigen Farbensystem entsprechenden Druckfarben Gelb,
Purpur und Blaugrün, so muss die Skala nach dem
Gelbdruck ein gleichmässig abgestuftes Zinnoberrot zeigen,
benutzt man die lichtechten Druckfarben Gelb, Krapplack
und Pariserblau, so ist das Gelb derart zu drucken, dass
die Skala gleichmässig orange abschattiert erscheint.
von Hübl, Dreifarbenphotographie.
Aufl.
13
Schlusswort.
Aus der eben gegebenen Darstellung jener Verfahren
welche die photographische Wiedergabe der Naturfarben
auf indirektem Wege anstreben, dürfte hervorgehen, dass
sich der Möglichkeit, solche Bilder von hoher Voll-
kommenheit herzustellen, keine Hindernisse theoretischer
Natur entgegenstellen. Dem Photochrom oskop und den
Dreifarbenbildern, mögen diese aus transparenten Folien
oder durch Pressendruck entstanden sein, liegt ein Prinzip
zu Grunde, alle drei Wege sind theoretisch gleich be-
rechtigt und gleich vollkommen.
Die Schwierigkeiten, welche man bei der praktischen
Ausgestaltung dieses Prinzipes zu überwinden hat, sind
aber verschieden und unstreitig am bedeutendsten bei
jener Form, die man als Dreifarbendruck bezeichnet.
Sie sind, wie wiederholt betont wurde, hauptsächlich
durch die Unvollkommenheit aller Halbton druck -Verfahren
bedingt, daher jede Vervollkommnung derselben auch
einen Fortschritt auf dem Gebiete des Dreifarbendruckes
bedeutet.
Unbedingt richtige Farbenwiedergabe ist bei diesen
Verfahren aber ebensowenig zu erzielen, wie in der
gewöhnlichen schwarzen Photographie volle Originaltreue.
Die photographische Reproduktion eines Stiches oder einer
monochromen Halbtonzeichnung lässt immer viel zu
wünschen übrig, man kann auch hier nur ein dem
Original ähnliches Resultat fordern.
195
Man darf daher auch beim Dreifarbendruck keine
volle Farbenwahrheit erzwingen wollen, und wenn er uns
ein Bild schafft, dessen charakteristischer Gesamtausdruck
dem Original nahe kommt, so hat er die ihm zufallende
Aufgabe gelöst. Dieses Resultat muss aber bei ent-
sprechender theoretischer Basierung des Verfahrens ohne
Retouche zu erreichen sein, dann erst ist, um eine
weitere Annäherung an das Original zu erzielen, die
manuelle Verbesserung der Negative gerechtfertigt.
mmm
Beilage I.
100 7S 50 25% Schwarz
II
Entstehung und Zerlegung von Seidengrün
I! Hübl, Dreifarbendruck
Mischung von Ultramarin + Zinnober
Beilage
- Bleiverbindung
- Lackfarbe
- Käufliche Druckfarbe
■H, Dreifarbendruck
Beilage III.
Acridin-Collodium
Uranin-Collodium
Uranin-Gelatine
a nass, b trocken
Fosin-Collodium
Erythrosin-Collodium
Erythrosin-Gelatine
a schwach, b stark gefärbt
Alpenrosa-Collodium
Khodamin-Collodium
a schwach, b stark gefärbt
Rhodamin-3 B-Collodium
Cyanin-Collodium
Cyanin-Gelatine
Chlorophyll-Collodium
Eosin-Cyanin-Collodium
Cyanin-Cliinolinroth-
Glycinroth-Gelatine
Aethylrotli-Gelatine
(nach Dr. Miethe)
Hübl, Dreifarbendruck.
Monochrome TeilbilcH
Gelbes Teilbild.
Druckfarbe: Cadmium- oder Chromgelb.
Färbung für Transparentbilder: Naphtholgelb S.
Blaues Teilbild .
Druckfarbe : Pfaublau -Viridinlack.
Färbung für Transparentbilder: Echtgrün bläulich.
Hübl, Dreifarbenphotographie. 2. Aufl.
Beilage IV
der Probetafel Beilage I.
Rotes Teilbild.
Druckfarbe: Nachtrosa.
Färbung für Transparentbilder: Erythrosin.
Rotes Teilbild.
Druckfarbe: Krapplack bläulich.
Sprung in den Tiber, Rom.
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tekturen, Interieurs,
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